UN-Entwicklungsprogramme mahnen mehr Unterstützung an
Berlin: (hib/JOH) Die Leiter des UN-Weltentwicklungsprogramms UNDP und der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung UNIDO, Achim Steiner und Gerd Müller, haben am Mittwochmorgen im Entwicklungsausschuss mehr Unterstützung angemahnt. Das UNDP sei als wichtigste Organisation in der UN-Entwicklungszusammenarbeit chronisch unterfinanziert, betonte Steiner. Dabei generiere jeder dort investierte Euro weltweit weitere 55 Euro und multipliziere damit Möglichkeiten, Reichweiten und Kompetenzen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit um ein Vielfaches.
Auch der frühere Bundesentwicklungsminister Müller, seit Dezember 2021 Generaldirektor der UNIDO, appellierte mit Blick auf die aktuell laufenden Verhandlungen über den Bundeshaushalt 2024 an Bundesregierung und Bundestag, mehr in die Wirtschaftsentwicklung armer Länder zu investieren. Angesichts der geostrategischen Veränderungen in der Welt, dem starken Auftreten Chinas und des Klimawandels sei der Transfer von Wissen und Technologie in Entwicklungsländer auch für Deutschland von größter Bedeutung, erklärte er. So entscheide die Energiefrage in Afrika auch über das Klima in Europa. Müller verwies auf die Pläne afrikanischer Staaten, neue Kohlekraftwerke zu errichten, und betonte, durch Investitionen in erneuerbare Energien könnten dort CO2-Emissionen massiv eingespart werden. Bisher haben ihm zufolge 600 Millionen Menschen auf dem afrikanischen Kontinent keinen Zugang zu Elektrizität.
Müller kritisierte, die Industriestaaten hätten ihre Wirtschaft während der Corona-Pandemie mit Tausenden Milliarden unterstützt, doch in den Entwicklungsländern sei kaum Hilfen angekommen. Dabei seien dort im Zuge der Pandemie 300 Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen. UNIDO engagiere sich für wirtschaftliche Entwicklung, Ernährungssicherung, faire globale Handelsketten und innovative Energien und setze dabei auch auf die Kooperation mit der Privatwirtschaft. Durch die Arbeit von UNIDO hätten sich etwa die Weizenerträge in Äthiopien verdoppelt.
UNDP-Leiter Steiner wies im Ausschuss auch auf die „dramatische Verschuldungssituation“ in vielen Entwicklungsländern hin. 52 Staaten, in denen 40 Prozent der ärmsten Menschen der Welt lebten, stünden kurz davor, zahlungsunfähig zu werden. Diese Problematik müsse dringend, beispielsweise durch Umschuldungsmaßnahmen, gelöst werden, um schwere Verwerfungen in den betroffenen Staaten zu verhindern. Steiner mahnte, künftigen Krisen müsse mit vorbeugenden Maßnahmen, wie sie das UNDP durchführe, entgegengewirkt werden.
Ihm zufolge fördert das UNDP weltweit etwa 400 Projekte für den Klimaschutz. In Afrika beispielsweise sollen sie in den kommenden Jahren 265 Millionen Menschen den Zugang zu Strom aus erneuerbaren Energien ermöglichen.
Steiner und Müller hatten tags zuvor in Berlin ein gemeinsames Büro von UNDP und UNIDO eröffnet, mit dem die Zusammenarbeit beider Organisationen, aber auch der Austausch mit Organisationen vor Ort sowie der Bundesregierung intensiviert werden soll.
Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Bärbel Kofler, lobte im Ausschuss die stärkere Vernetzung und Präsenz der UN-Organisationen in Deutschland und verwies zudem auf den vierten Strategischen Dialog zwischen Bundesregierung und UNDP am 8. Mai im Entwicklungsministerium, bei dem es um die Zusammenarbeit in Krisen und mit fragilen Staaten im Bereich Klimaschutz, Digitalisierung und feministischer Entwicklungspolitik gegangen sei. Kofler nannte beide Organisationen wichtige Partner. Mit Hilfe ihres weltumspannenden Netzwerks könnten die Themen viel intensiver bearbeitet werden.
Die Bundesregierung ist der zweitgrößte bilaterale Geber des UNDP, das derzeit in 170 Ländern aktiv ist. Die UNIDO ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit 170 Mitgliedstaaten und die einzige multilaterale Organisation, die das nachhaltige Entwicklungsziel (SDG) 9 der Vereinten Nationen, die nachhaltige industrielle Entwicklung, Innovation und Infrastruktur, als ihre Kernaufgabe hat.