05.07.2023 Menschenrechte — Ausschuss — hib 526/2023

Bundesregierung für weitere Sanktionen gegen Myanmar

Berlin: (hib/SAS) Die Bundesregierung setzt sich für weitere Sanktionen gegen Myanmars Militärjunta ein. Bereits jetzt seien restriktiven Maßnahmen der Europäischen Union gegen insgesamt 93 Personen und 18 Organisationen in Kraft, sagte ein Vertreter des Auswärtigen Amtes am Mittwoch im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe.

Zuletzt hatte die EU im Februar, zwei Jahre nach dem Militärputsch am 1. Februar 2021, angesichts der anhaltenden Eskalation der Gewalt und der schweren Menschenrechtsverletzungen die Sanktionen verschärft: In einer sechsten Sanktionsrunde verhängte sie restriktive Maßnahmen gegen neun Personen und sieben Organisationen - darunter hochrangige Offiziere, einen Minister sowie Geschäftsleute und Unternehmen, die dem Militär Kraftstoffe, Waffen und Finanzmittel bereitstellen.

Nun werde an einem siebten Paket gearbeitet, sagte der Außenamts-Vertreter. Man stimme sich dabei eng mit Partnern wie den USA, Kanada und Großbritannien ab. Gerade im Bereich Flugbenzin sehe die Bundesregierung Möglichkeiten, die Sanktionen effektiver zu gestalten. Ziel sei es, nicht nur Einzelpersonen, sondern den Sektor als Ganzes in den Blick zu nehmen.

Die Junta fliege in den vergangenen Monaten verstärkt Luftangriffe, um den Widerstand in der Bevölkerung zu brechen. Immer wieder würden gezielt Infrastruktur und einzelne Dörfer angegriffen, in denen das Militär Widerstandsgruppen vermute. Allein in den letzten Monaten habe man über 450 Luftangriffe gezählt, so der Außenamtsvertreter. Bei dem bislang verheerendsten Luftangriff seit dem Putsch seien im April 100 Menschen, darunter zahlreiche Kinder, in einem Dorf in der Zentralregion Myanmars zu Tode gekommen.

Der Außenamts-Vertreter sprach von einer Pattsituation zwischen Militär und Oppositionsgruppen, die immer blutiger werde. Trotz der enormen Brutalität, mit der die Junta gegen friedlichen Protest von kritischen Journalisten und zivilgesellschaftliche Gruppen vorgehe, sei es ihr aber bislang nicht gelungen, die vollständige Kontrolle zu gewinnen. Verschiedene Oppositionsgruppen setzten sich weiterhin gegen die Militärs zur Wehr.

Doch die menschenrechtliche und humanitäre Lage im Land verschlechtere sich zusehends, berichtete der Vertreter des Auswärtigen Amtes. Er verwies unter anderem auf die Hinrichtung von vier Oppositionellen im Juli 2022. Erstmalig seit über 30 Jahren sei wieder die Todesstrafe vollstreckt worden. Über 3.700 Zivilisten seien außerdem seit dem Putsch vor zweieinhalb Jahren von Sicherheitskräften getötet worden. Über 19.000 Menschen befänden sich derzeit aus politischen Gründen in Haft. Es mehrten sich glaubhafte Berichte über Folter, sexuelle Gewalt, Vergewaltigungen und Tötungen in Haft.

Als weiter Folge des Putsches nannte der Regierungsvertreter Vertreibungen: Mehr als 1,8 Millionen Menschen seien nach Angaben der Vereinten Nationen (VN) innerhalb Myanmars auf der Flucht. Ihre humanitäre Lage zusätzlich verschlechtert hätten Naturkatastrophen wie der Wirbelsturm Mocha, der im Mai im Norden und Westen des Landes schwere Schäden verursacht hatte. Sei vorher ein Drittel der Gesamtbevölkerung auf humanitäre Hilfe angewiesen gewesen, habe sich nun der Bedarf weiter erhöht. Die VN schätzten ihn für das laufende Jahr auf 764 Millionen US-Dollar, sagte eine weitere Mitarbeiterin des Auswärtigen Amtes.

Die Bundesregierung habe deshalb die humanitäre Hilfe für Myanmar erhöht. 2022 seien bereits 21,4 Millionen Euro geflossen, für das laufende Jahr rechne man mit einer Summe in gleicher Größenordnung.

In der Diskussion thematisierten die Abgeordneten unter anderem die Wirkung weiterer Sanktionen, die deutsche Unterstützung für den Völkermord-Prozess vor dem Internationalen Strafgerichtsgerichtshof gegen Myanmar, die Rolle Chinas und die Situation Aung San Suu Kyis. Die frühere Regierungschefin und Friedensnobelpreisträgerin, die seit dem Militärputsch in Gewahrsam ist, soll Berichten zufolge nach einer Verurteilung Ende 2022 zu insgesamt 33 Jahren Haft nun in Isolationshaft sitzen.

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