Expertendebatte über sogenannte K.-o.-Tropfen
Berlin: (hib/PK) Mit der möglichen Regulierung chemischer Substanzen, die auch als sogenannte K.-o.-Tropfen missbraucht werden, haben sich Experten in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses befasst. Mehrere Sachverständige machten dabei deutlich, dass aus verschiedenen Gründen ein Verbot solcher Stoffe nicht in Betracht komme, sondern die Lösung des Problems eher in einer verbesserten Prävention zu suchen sei. Die Experten äußerten sich in der Anhörung am Mittwoch sowie in schriftlichen Stellungnahmen.
In der Expertenanhörung ging es konkret um einen Antrag der Unionsfraktion (20/8528) mit der Forderung nach einer strengen Regulierung für die Chemikalie Gamma-Butyrolacton (GBL), die missbräuchlich als K.-o.-Tropfen verwendet wird.
Nach Angaben des Toxikologen Rainer Dahlenburg handelt es sich bei GBL und dem ebenfalls zu berücksichtigenden Butandiol (BDO) um organische Stoffe, die in der Industrie eine breite Verwendung finden als Lösungs- und Reinigungsmittel, Weichmacher und Ausgangsstoff für die Herstellung zahlreicher Folgeprodukte. Der Pharmakologe hält eine eingeschränkte Unterstellung der beiden Stoffe GBL und BDO unter das BtMG mit einer Ausnahmeregelung für denkbar, um einerseits strafrechtliche Maßnahmen zu ermöglichen und andererseits die Chemikalien weiter in der Industrie und im Handel einsetzen zu können.
Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) warnte vor einer Überregulierung zulasten der Wirtschaft. Die Erfassung von GBL unter das BtMG würde die Verwendung der Chemikalien im Wesentlichen einschränken und hätte erhebliche Auswirkungen auf die Verwendung eines Grundbausteins in vielen Industrien. Um den Missbrauch zu verhindern, sei eine gesetzliche Beschränkung GBL-haltiger Endverbraucherprodukte unter dem Chemikalienrecht eine sinnvolle Ergänzung der freiwilligen Maßnahmen.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) verwies auf die nicht ausreichende Datenlage. Die Verwendung von K.o.-Tropfen werde in der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik (PKS) nicht abgebildet, weil die Fälle oft nicht eindeutig seien.
Der Verein „Kein Opfer“ (KO) begrüßte, dass der legale Zugang zu der Chemikalie GBL von der Politik infrage gestellt werde. Allerdings sei das Problem viel komplexer, denn der Sammelbegriff K.o.-Tropfen umfasse bis zu 100 Substanzen, darunter verschiedene Narkotika, Psychopharmaka und Flüssig-Nikotin aus E-Zigaretten. Sinnvoll wären eine verpflichtende Aufklärung für Veranstalter, Bar- und Clubbetreiber, verpflichtende Aushänge zu dem Thema sowie eine Schulung der Angestellten.
Eine junge Frau, die selbst betroffen war, schilderte in der Anhörung ihre Hilflosigkeit bei einem solchen Angriff mit K.o.-Tropfen. Sie habe einen Filmriss erlebt und es nur mit Hilfe von Freunden nach Hause geschafft. Sie forderte, ein Verbot der freien Verfügbarkeit solcher Stoffe zu prüfen.