Ökologische Auswirkungen Künstlicher Intelligenz begrenzen
Berlin: (hib/HAU) Eine nachhaltige Künstliche Intelligenz (KI) braucht politische Rahmenbedingungen. Das machte Kilian Vieth-Ditlmann, stellvertretender Leiter des Policy- & Advocacy-Teams bei der AW AlgorithmWatch gGmbH, am Mittwochabend während eines öffentlichen Fachgespräches im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung deutlich. Als ersten Schritt bewertete er die im EU-Parlament verabschiedete KI-Verordnung. Darin sei ein standardisiertes Dokumentationsverfahren für Energie- und Ressourcennutzung von Hochrisiko-KI-Systemen vorgesehen. Zudem sollen generative AI Modelle (GPAI) ihren Energieverbrauch messen und dokumentieren. Noch immer, so Vieth-Ditlmann, würden der Energie- und Wasserverbrauch der KI-Systeme verharmlost. „Wir brauchen aber zügig konkrete Maßnahmen, um die ökologischen Auswirkungen von KI zu begrenzen“, sagte er.
Eine Suche mit ChatGPT, so erläuterte der Experte, brauche vier- bis fünfmal mehr Energie als eine konventionelle Websuche. Große KI-Systeme könnten in wenigen Jahren so viel Energie benötigen „wie ganze Länder“. Dieses Problem dürfe nicht ignoriert werden. „Wir können angesichts dieser Energieproblematik nicht auf Freiwilligkeit setzen“, machte Vieth-Ditlmann deutlich.
Während die KI-Verordnung stark auf den Energieverbrauch fokussiere, plädiere er für einen Lebenszyklus-Ansatz. Alle Phasen der KI-Produktion müssten betrachten werden - ebenso wie alle relevanten Kriterien beim Thema ökologische Nachhaltigkeit, wie auch der Wasserverbrauch, der Einsatz von Mineralien, von seltenen Erden und Edelmetallen.
Eine nachhaltige Gestaltung aller KI-Systeme entlang des Lebenszyklus forderte auch die Soziologin Friederike Rohde vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung. Es brauche Nachhaltigkeitskriterien für alle KI-Systeme, auch im Finanzsektor, beim Marketing, im Handel und der Industrie, zur Minimierung der sozialen, ökologischen und ökonomischen Risiken, die mit Technikentwicklung und Technikeinsatz verbunden sind, sagte sie.
Soziale und ökologische Nachhaltigkeit seien gleichermaßen wichtig, betonte Rohde. Die Maxime aller KI-Entwicklung müsse also die Verantwortung für die Gesellschaft und auch für die Einhaltung der planetaren Grenzen sein. Wie Vieth-Ditlmann verwies auch Rohde auf den immensen Energie- und Wasserverbrauch durch KI-Systeme. Nur wenige von ihnen seien Anwendungen in Bereichen, die die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) unterstützen könnten.
Mit Blick auf die KI-Verordnung forderte sie, über das Messen des Energieverbrauches hinauszugehen. Wichtig sei es, Verbesserungspotenziale abzuleiten. Die Daten würden benötigt, sagte sie. Am Ende gehe es aber darum, wie der Energieverbrauch reduziert werden kann. „Ich denke, dass es ein Leichtes wäre, diesen Aspekt noch hineinzubringen“, befand Rohde.
Aus ihrer Sicht muss sich im Bereich KI die Art und Weise, wie sich Technik entwickelt, verändern. Systeme in die Welt zu schicken, „ohne das klar ist, welche Gruppen damit diskriminiert werden können“, und erst später zu reagieren, sei falsch. „Wir müssen am Anfang der Entwicklung ansetzen“, forderte sie. Es brauche eine partizipative Entwicklung, bei der verschiedene Stakeholder eingebunden werden müssten. Das sei ein stückweit ein Paradigmenwechsel in der Entwicklung dieser Modelle, der ihrer Ansicht nach aber „durchaus vereinbar mit dem Verständnis von Technikentwicklung ist“.