10.04.2024 Sport — Ausschuss — hib 230/2024

BMI: Olympia-Boykott trotz russischer Sportler keine Option

Berlin: (hib/HAU) Ein Boykott der kommenden Olympischen und Paralympischen Spiele ist für Deutschland trotz der vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) unter Einschränkungen ermöglichten Teilnahme russischer und belarussischer Sportler keine Option. Das machte der für Sport zuständige Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI), Mahmut Özdemir (SPD), am Mittwoch vor dem Sportausschuss deutlich. Die Leidtragenden eines solchen Boykotts wären laut einem von Özdemir vorgelegtem Sachstandsbericht des BMI in erster Linie die deutschen Athletinnen und Athleten, „die sich lange und intensiv auf diesen Höhepunkt ihrer sportlichen Karriere vorbereiten und die die politischen Rahmenbedingungen nicht beeinflussen können“.

Unter Neutralitätsauflagen hatte der IOC-Exekutivrat am 8. Dezember 2023 die Starterlaubnis für die Sommerspiele 2024 für russische und belarussische Sportler erteilt, sofern sie die Qualifikationsbedingungen erfüllen. Sie sollen als neutrale Athleten starten dürfen, wenn sie nicht Angehörige der Streitkräfte und sonstiger Sicherheitskräfte sowie keine Unterstützer des Krieges sind. Nicht teilnehmen dürfen Vertreter der russischen und belarussischen Sportverbände. Es dürfen keine Flaggen, Hymnen und Symbole gezeigt werden. Zudem ist eine Teilnahme an Teamwettbewerben für Russland und Belarus nicht möglich.

Zur Bewertung der Teilnahmeberechtigung dieser Athleten mit russischem oder belarussischem Pass, die einen Qualifikationsplatz für die Olympischen Spiele Paris 2024 erhalten oder erhalten könnten, sowie deren Betreuer hat die IOC Exekutive zudem eine individuelle neutrale Prüfungskommission für die Teilnahmeberechtigung von Athleten (Individual Neutral Athlete Eligibility Review Panel - AINERP) eingerichtet.

Man wolle weder staatsnahe russische oder belarussische Athleten noch Flaggen, Hoheitszeichen und Propaganda bei den Spielen, sagte BMI-Staatssekretär Özdemir. Allerdings, so Özdemir, sei ohnehin nur von einer geringen Anzahl an Athleten aus den beiden Ländern zu rechnen. Einige Weltverbände hätten schon deutlich gemacht, dass sie sich nicht in der Lage sähen, die Vorgaben des IOC zur Zulassung der Athleten einzuhalten.

Beim BMI habe man aber auch Vertrauen in die französischen Gastgeber, dass die vorgegebenen Kriterien eingehalten werden. Positiv bewertete der Staatssekretär, dass die olympische Eröffnungsfeier „frei von russischen und belarussischen Athletinnen und Athleten gehalten wird“.

Sabine Poschmann (SPD) machte deutlich, dass Sorge dafür getragen werden müsse, dass während der Spiele keine russische Propaganda zugelassen wird. Zudem müssten ukrainische Athleten unter einen besonderen Schutz gestellt werden.

Stephan Mayer (CSU) erklärte, seine Fraktion sei nach wie vor der Meinung, dass russische und belarussische Athleten nicht teilnehmen sollten. Auf seine Nachfrage, wie staatsnahe Athleten definiert würden und wie die Dopingkontrollen russischer und belarussischer Athleten stattfänden, verwies Staatssekretär Özdemir zum einen auf die Prüfungskommission AINERP und zum anderen auf die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada, mit der man in enger Abstimmung sei.

Philip Krämer (Bündnis 90/Die Grünen) betonte die Herausforderung des Schutzes ukrainischer Sportler. Mit ihnen müsse Solidarität geübt werden, verlangte er.

Jörn König (AfD) sprach sich gegen einen Ausschluss russischer und belarussischer Athleten aus. Auch diese könnten die politischen Rahmenbedingungen nicht beeinflussen. Wer an olympischen Wettkämpfen teilnimmt sollte nicht durch die Politik entschieden werden, sagte König.

Andre Hahn (Gruppe Die Linke) ging auf den BMI-Sachstandsbericht ein, laut dem ein deutscher Boykott auch deshalb keine Option sei, weil es im Gastgeberland Frankreich keine kritische Menschenrechtslage gebe. Es stelle sich für ihn die Frage, ob dieses Kriterium auch bei anderen Sportgroßveranstaltungen gelte, in Länder, in denen es eine solche kritische Menschenrechtslage gibt.

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