Erklärung der Deutsch-Schweizerischen Parlamentariergruppe zu den Beziehungen beider Länder
Anlässlich ihres Besuchs vom 5. und 6. Dezember in Bern erklärt die Deutsch-Schweizerische Parlamentariergruppe gemeinsam mit der schweizerischen Delegation für die Beziehungen zum Deutschen Bundestag:
„Beide Parlamentariergruppen betonen, dass die Schweiz und Deutschland vielfältige und intensive Beziehungen pflegen und durch eine gemeinsame Sprache sowie durch einen regen wirtschaftlichen, kulturellen und zwischenmenschlichen Austausch eng miteinander verbunden sind.
Die grenzüberschreitende Verflechtung von Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft ist stark und leistet einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Dynamik und zum Wohlstand auf beiden Seiten der Grenze. Wir sind stolz, dass zwischen Bodensee und Rheinknie ein gemeinsamer Wirtschafts- und Lebensraum entstanden ist, der hinsichtlich der Vernetzung, der Wirtschaftskraft, der Innovation und Dynamik eine Spitzenposition in Europa einnimmt.
Grundstein für diese erfolgreiche Zusammenarbeit und den gegenseitigen Marktzugang sind die bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU). So kommt das Warenhandelsvolumen zwischen der Schweiz und der EU im Jahr 2021 auf rund 266 Milliarden Schweizer Franken. Dabei sind zwischen der Schweiz und EU fast 375’000 Grenzgängerinnen und Grenzgänger zu verzeichnen, wobei zwischen Deutschland und der Schweiz knapp 64 000 Grenzgängerinnen und Grenzgänger unterwegs sind. Dies bestärkt auch die wichtige Rolle weiterer, zukunftsweisender Themen wie Mobilität, Energieversorgung sowie eine nachhaltige Transformation. Als Mitglieder der Schweizer Bundesversammlung und des Deutschen Bundestages setzen wir uns für eine gegenseitige Einbindung bei großen Infrastrukturprojekten und Projekten mit grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen im deutsch-schweizerischen Grenzraum und eine enge Kooperation auf der regionalen und kommunalen Ebene ein.
Mit großer Sorge stellen wir aber auch fest, dass mit dem Abbruch der Verhandlungen über ein institutionelles Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union offene Fragen weiterhin ungeklärt bleiben. Die damit einhergehende Erosion des bilateralen Wegs belastet die Beziehungen zwischen unseren Ländern. Wir stellen fest, dass die Folgen des Verhandlungsabbruchs, insbesondere im deutsch-schweizerischen Grenzraum, bereits spürbar sind.
Mit großem Bedauern stellen wir fest, dass die offenen Fragen in den Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union die Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern zunehmend belasten und einen negativen Einfluss, insbesondere auf die grenzüberschreitende Kooperation in den Bereichen Wirtschaft und Forschung, haben. Die Herabstufung der Schweiz zu einem nicht-assoziierten Drittland im Rahmen des Forschungsprogramms 'Horizon Europe' hemmt die so wichtige Zusammenarbeit in diesem Bereich spürbar. Wir sind überzeugt, dass die Zusammenarbeit und Vernetzung auf gesamteuropäischer Ebene einer der Schlüssel für die Fähigkeit Europas ist, sich im globalen Wettbewerb als Forschungs- und Innovationsstandort zu behaupten. Eine Vollassoziierung der Schweiz an diesem Kooperationsprogramm wäre für die Menschen auf beiden Seiten der Grenze von großer Bedeutung. Die Zusammenarbeit und Vernetzung auf gesamteuropäischer Ebene ist für uns zweifelsfrei der Schlüssel für die Fähigkeit Europas, sich im globalen Wettbewerb als Forschungs- und Innovationsstandort zu behaupten.
Neben der bislang so erfolgreichen Kooperation zwischen der Schweiz und der Europäischen Union in den Bereichen Wirtschaft, Handel, Sicherheit, Energie und Forschung ist es auch das geteilte Wertesystem, das die beiden Partner in ihrer gegenseitigen Austauschbeziehung bestärkt. Angesichts des anhaltenden russischen Angriffskriegs in der Ukraine hat diese enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit in den vergangenen Monaten umso mehr an Bedeutung gewonnen. Ein geschlossenes Vorgehen Europas und die gemeinsame Bewältigung der Auswirkungen des russischen Angriffskriegs ist unsere erklärte Absicht.
Wir unterstützen die Bemühungen der Europäischen Kommission und der Schweizer Regierung, die laufenden Sondierungsgespräche fortzusetzen und zu intensivieren. Beide Seiten haben diese als konstruktiv und hilfreich für das gegenseitige Verständnis bewertet. Wir sind überzeugt, dass eine weitere Annäherung der Positionen dadurch erreicht werden kann. Die Verhandlungen über die offenen Fragen sollen rasch aufgenommen werden, so dass wir auf Grundlage robuster gemeinsamer Regeln gestärkt in die Zukunft schauen können. Als Mitglieder der Schweizer Bundesversammlung und des Deutschen Bundestages werden wir uns dafür einsetzen, diese Bemühungen nach Kräften zu unterstützen.“