13. Dezember 2021 Presse

„Das ist keine nachhaltige Haushaltspolitik“: Unions-Fraktionschef Brinkhaus kritisiert geplanten Nachtragshaushalt der Ampel-Koalition

Meldung zu einem Interview in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung „Das Parlament“ (Erscheinungstag: 13. Dezember 2021)
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Der Vorsitzende der Unions-Fraktion im Bundestag, Ralph Brinkhaus, hat den von der Ampel-Koalition geplanten Nachtragshaushalt für dieses Jahr kritisiert. „Wir befürchten, dass Corona-Mittel zur Umsetzung der kostspieligen Ampelpläne umgeleitet werden sollen“, sagte Brinkhaus der Wochenzeitung „Das Parlament“ (Erscheinungstag: 13. Dezember). Das sei keine nachhaltige Haushaltspolitik. Die neue Bundesregierung will an diesem Montag den Nachtragshaushalt 2021 im Kabinett beschließen. Die erste Lesung des Entwurfs im Bundestag ist für Donnerstag vorgesehen.

Brinkhaus kündigte in dem Gespräch eine konstruktive Oppositionsarbeit an. „Wir werden diese Oppositionsrolle annehmen – und werden sie, wenn möglich, positiv und mit einer gewissen Fröhlichkeit ausfüllen“, sagte der Christdemokrat. Gute Opposition habe in der Demokratie schließlich eine entscheidende Funktion.

Das Interview im Wortlaut:

Herr Brinkhaus, normalerweise hat eine neue Bundesregierung eine gewisse Schonfrist. Die Ampel-Koalition startet aber direkt in die vierte Corona-Welle. Haben Bundeskanzler Olaf Scholz und die neue Bundesregierung aus Ihrer Sicht das Zeug dazu, das Land sicher durch diese Welle und aus der Pandemie zu führen?

Wir sind in einer sehr kritischen Phase der Pandemie in diesem Land. Deswegen kann es für die neue Bundesregierung tatsächlich keine Schonfrist bei der Pandemiebekämpfung geben, da muss jetzt sofort gehandelt werden. Wir haben als Union darauf gedrungen, dass das Infektionsschutzgesetz noch mal nachgebessert wird. Diese Reparatur wurde von der Ampel-Koalition nun vorgenommen. Das ist gut – jetzt muss umgesetzt werden. Bundeskanzler Olaf Scholz ist nun in der Verantwortung, mit den Ministerpräsidenten gemeinsame Bund-Länder-Lösungen zu finden.

Die neue Koalition will „Mehr Fortschritt wagen“. Die Union sieht das skeptisch. Was sind Ihre wesentlichen Kritikpunkte an den Plänen von SPD, Grünen und FDP?

„Mehr Fortschritt wagen“ ist zunächst einmal eine Überschrift, die mit Leben gefüllt werden müsste. Ich sehe aber nicht, dass im Koalitionsvertrag tatsächlich mehr Fortschritt gewagt wird. Kritisch sehe ich die Punkte Generationengerechtigkeit und generationengerechte Finanzen sowie das Thema Sicherheit und Migration. Zudem stellt sich die Frage, ob es der neuen Regierung tatsächlich gelingt, den Staat zu modernisieren.

Die Modernisierung des Staates hatte sich auch die Unions-geführte Bundesregierung vorgenommen. Was begründet Ihre Skepsis gegenüber den Ampel-Plänen?

Das Thema muss untermauert und auch mit Köpfen unterlegt werden, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Wenn ich mir den Zuschnitt der Ressorts anschaue, sehe ich momentan nicht, dass das Thema die höchste Priorität hat.

SPD, Grüne und FDP haben bei der Migrationspolitik unter anderem einen schnelleren Spurwechsel im Asyl- und Duldungsverfahren angekündigt. Was gefällt Ihnen daran nicht?

Das bereitet uns Sorgen. Eine sehr einladende Migrationspolitik könnte auch zu mehr illegaler Migration führen. Das wollen wir nicht.

Bundesfinanzminister Christian Linder will nach eigenem Bekunden zurück zur Schuldenbremse. Das müsste der Union eigentlich gefallen. Trauen Sie dem nicht?

Es geht aber schon direkt in die andere Richtung. Die Regierungskoalition will über einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr debattieren. Wir befürchten, dass Corona-Mittel zur Umsetzung der kostspieligen Ampelpläne umgeleitet werden sollen. Das ist keine nachhaltige Haushaltspolitik.

Dass die Opposition die Vorhaben der Regierung kritisch sieht, ist der Normalfall. Was hat Sie bei der Lektüre des Koalitionsvertrages positiv überrascht?

Das Vorhaben, dieses Land auf den klimaneutralen Weg zu führen, teilen wir natürlich. Wir hätten als Union dabei noch mehr auf Technologie und Innovation gesetzt. Die Modernisierung des Staatswesens ist wichtig. Ich hätte mir da nur mehr „Wumms“ in der weiteren Unterlegung durch Einzelmaßnahmen gewünscht.

Wird sich die Unions-Fraktion konservativer aufstellen müssen, um sich als Oppositionsfraktion Gehör zu verschaffen?

Nein, das ist eine Frage von richtig oder falsch und nicht von konservativ oder weniger konservativ. Im Übrigen sind wir Christdemokraten, das ist unser Maßstab. Unsere Leitfrage ist: Was ist gut für das Land und was ist nicht gut für das Land? Danach werden wir uns entscheiden. Wenn wir feststellen, dass etwas gut für das Land ist, werden wir selbstverständlich auch Regierungsvorhaben zustimmen.

„Opposition ist Mist“, sagte einst Sozialdemokrat Franz Müntefering. Ist ihre Fraktion schon motiviert, die Regierung mit Kleinen Anfragen zu überziehen und chancenlose Anträge und Gesetzentwürfe einzubringen – oder herrscht noch Katerstimmung nach dem Machtverlust?

Natürlich war der vergangene Mittwoch, als die neue Regierung vereidigt wurde, kein schöner Tag für uns, das ist überhaupt keine Frage. Aber wir sind sehr motiviert. Wir sind froh, dass diese Zwischenzeit jetzt vorbei ist, es eine neue Regierung gibt und wir nun arbeiten können. Wir werden diese Oppositionsrolle annehmen – und werden sie, wenn möglich, positiv und mit einer gewissen Fröhlichkeit ausfüllen. Gute Opposition hat in der Demokratie schließlich eine entscheidende Funktion.

Die Union kann weder mit der AfD noch mit der Linken viel anfangen. Können Sie sich irgendeine Form der Zusammenarbeit mit den beiden Oppositionsfraktionen vorstellen?

Nein, wir stehen für uns alleine. Aus unterschiedlichen Gründen arbeiten wir nicht mit der Linken und der AfD zusammen. Daran wird sich nichts ändern.

Die neue Koalition will ans Wahlrecht ran. Wie wollen Sie verhindern, dass man die Union bei dem Thema außen vorlässt?

Wir werden schon darauf achten, dass die Wahlkreise als Kern der parlamentarischen Demokratie nicht geschreddert werden.

Die Ampel-Koalition will auch das Wahlrecht ab 16 auf Bundesebene einführen. Dafür braucht es die Unterstützung der Union. Wie stehen Sie zu dem Thema?

Aus unserer Sicht gilt: Wer volljährig ist, hat auch die vollen Rechte. Wer eine Herabsetzung des Wahlalters will, muss dann auch erklären, warum ein 16-Jähriger nicht an anderer Stelle die gleichen Rechte und Pflichten hat wie ein Volljähriger.

Nicht nur die Fraktion stellt sich neu auf, auch Ihre Partei orientiert sich neu – die Mitglieder sollen zwischen drei Kandidaten für den Parteivorsitz wählen. Wie bewerten Sie diesen Prozess?

Es war der Wunsch, eine Mitgliederbefragung zu machen, die jetzt gemacht wird. Wir werden ein Ergebnis bekommen, das allgemein respektiert werden wird, egal, wie es ausgeht. Als Fraktionsvorsitzender werde ich mit jedem, der da gewählt wird, gut zusammenarbeiten.

Ihre Amtszeit als Fraktionsvorsitzender ist aktuell begrenzt. Wollen Sie die Fraktion über die gesamte Wahlperiode führen?

Das wird nicht vor mir entschieden, sondern von den Mitgliedern meiner Fraktion. Wenn die Fraktion das will, dann werde ich das sehr gerne machen.
 

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