Besuch Ausstellung „Odyssee einer Urkunde. Die Paulskirchenverfassung vom 28. März 1849“

Deckblatt der Reichsverfassung von 1849 mit der Aufschrift Verfassung des Deutschen Reiches (Stiftung Deutsches Historisches Museum (DO 54/92) / picture alliance / akg-images)
Eine Ausstellung anlässlich des 175jährigen Jubiläums der Revolution von 1848/49 und der Frankfurter Paulskirche.
Vom 27. März 2023 bis 8. September 2023
Eine ausführliche ausstellungsbegleitende Broschüre kann unter www.btg-bestellservice.de bezogen werden. Ab Ausstellungsbeginn ist auch eine digitale englische Version abrufbar.
Vor 175 Jahren wagten auch Deutsche die Revolution. Am 18. Mai 1848 trat in der Frankfurter Paulskirche das erste gesamtdeutsche Parlament zusammen. Die Reichsverfassung vom 28. März 1849 ist trotz ihres Scheiterns ein Meilenstein des deutschen Parlamentarismus und unserer Demokratie.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas eröffnet dazu in Anwesenheit des Bundespräsidenten am 27. März 2023 in der Abgeordnetenlobby im Reichstagsgebäude die Ausstellung
„Odyssee einer Urkunde. Die Paulskirchenverfassung vom 28. März 1849 – Deutsche Geschichte(n) in einem Dokument“.
Es sprechen Prof. Dr. Raphael Gross, Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum, und der Historiker Prof. Dr. Theo Jung, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Im Rahmen der Ausstellung ist bis 3. April 2023 das fragile und wertvolle historische Unikat als Leihgabe der Stiftung Deutsches Historisches Museum zu sehen.
1848/49 – Parlament und Revolution
Die Pariser Februarrevolution 1848 elektrisiert Europa. Im Deutschen Bund kommt es zu Demonstrationen und Barrikadenkämpfen, die Landesfürsten setzen liberale Regierungen ein. Die Revolution weckt Hoffnungen – auf einen deutschen Nationalstaat. Und Ängste – vor dem Bürgerkrieg. Liberale und Demokraten streiten seit langem für mehr Rechte („Vormärz“). Schwarz-rot-gold sind ihre Farben. Eine zentrale Forderung: eine Verfassung für ganz Deutschland. Ein Vor-Parlament schafft die Grundlagen zur Wahl einer Nationalversammlung. Sie tritt am 18. Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche zusammen.
Die revolutionären Kräfte sind vielfach gespalten: Politisch, durch Herkunft, sozialen Stand und Konfession. Trotzdem gelingt es im März 1849, eine fortschrittliche Verfassung zu verabschieden – und drei Viertel der Einzelstaaten erkennen sie an. Aber die Revolution scheitert an den erstarkten alten Mächten. Der preußische König lehnt die Kaiserkrone ab. Liberale legen ihre Mandate nieder, ein „Rumpfparlament“ zieht nach Stuttgart, bis es dort militärisch aufgelöst wird. Ein freiheitliches und einiges Deutschland ist nicht zu verwirklichen. Die Paulskirchenverfassung und ihr Grundrechtekatalog nehmen jedoch vorweg, was später die Weimarer Reichsverfassung und das Bonner Grundgesetz umsetzen.
Drei Urkunden werden 1849 gedruckt, davon zwei Papierfassungen – eine ist verschollen, die andere liegt in Kassel. Im Zentrum dieser Ausstellung steht die wertvolle Originalausgabe: die Pergamenturkunde mit den Unterschriften von 405 Abgeordneten.
Auf Spurensuche nach der spannenden Objektbiografie dieses historischen Unikats entsteht eine ‚andere‘ Verfassungsgeschichte: Die Urkunde überdauert Monarchien, Diktaturen und Republiken, sie überquert Landesgrenzen und geht durch erstaunlich viele Hände. Ihre Geschichte ist ein Spiegel des wechselhaften Umgangs mit den parlamentarischen und demokratischen Traditionen. Ihrer Aneignung, ihrer Marginalisierung und ihrer Instrumentalisierung.
Die Ausstellung sowie eine ausführliche und reich bebilderte Broschüre schildern die schwere Geburt der Verfassung in der Revolution, sie folgen der Urkunde in ihr zwischenzeitliches Exil nach England, erzählen vom Diebstahl aus der Reichstagsbibliothek 1930 und ihrem Schicksal im Krieg, bis sie 1951 auf einem Schutthaufen in Potsdam wieder aufgefunden wird. Auch als Ausstellungsobjekt wird die Verfassungsurkunde über alle politischen Systemwechsel des 20. Jahrhunderts hinweg präsentiert – in immer anderer Zusammenstellung von Exponaten und so in immer anderen Sinnzusammenhängen. Mit ihrer bewegten Biografie verweist die Urkunde auf den wechselvollen Weg der Deutschen zu Freiheit und Einheit – und darauf, dass die Erinnerung an die Revolution von 1848/49 stets umstritten war. Aber sie blieb lebendig, und sie ist auch heute noch wertvoll.
Vom 28. März bis 8. September können interessierte externe Besucherinnen und Besucher im Rahmen von Führungen des Besucherdienstes mit dem Schwerpunkt Parlamentsgeschichte nach Möglichkeit Einblick in die Ausstellung erhalten.