Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung

Deutsch-Franzö­sisches Parlaments­abkommen in Paris unterzeichnet

Ein Mann sitzt an einem Tagungstisch und blickt nach links.
Zwei Männer unterschreiben sitzend Dokumente, flankiert von zwei stehenden Saaldienern. Links außen sitzt ein Mann, rechts außen eine Frau, die beim Unterzeichnen zusehen.
Eine Frau sitzt an einem Tagungstisch und blickt nach rechts.
Zwei gruppen sitzen sich an einem Tisch mit blauer Tischdecke gegenüber
Sieben Männer und drei Frauen stehen nebeneinander und blicken in die Kamera.
Ein Mann im Rollstuhl und ein aufrecht gehender Mann nebeneinander auf dem Weg in den Sitzungssaal, begleitet von weiteren Personen.
Blick von oben in einen runden, gefüllten Sitzungssaal.
Blick in einen vollen, runden Sitzungssaal mit einem Kameramann in der Mitte

Bild 1 von 8

Andreas Jung, deutsche Vorsitzender der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung (© DBT/Sylvia Bohn)

Bild 2 von 8

Wolfgang Schäuble und Richard Ferrand unterzeichnen das Parlamentsabkommen, flankiert von den künftigen Vorsitzenden der Versammlung, Andreas Jung (links) und Sabine Thillaye (rechts) (© DBT/Sylvia Bohn)

Bild 3 von 8

Sabine Thillaye, französische Vorsitzende der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung (© DBT/Sylvia Bohn)

Bild 4 von 8

Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble und sein französischer Amtskollege Richard Ferrand sitzen in einem Konferenzraum in Paris zu einem Gespräch zusammen. (© Assemblée nationale/Olivier Ravenel)

Bild 5 von 8

Der Vorstand der Parlamentarischen Versammlung: von links Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen), Norbert Kleinwächter (AfD), Angelika Glöckner (SPD), Andreas Jung (CDU/CSU), Sabine Thillaye (La République en Marche), Michael Georg Link (FDP), Antoine Herth (UDI, Air et Indépendants), Sylvain Waserman (Mouvement Démocrate et apparentés), Patrick Hetzel (Les Républicains), Cécile Untermaier (Socialistes et apparentés); es fehlen Reinhard Brandl (CDU/CSU), Thomas Oppermann (SPD), Fabio De Masi (Die Linke), Danièle Obono (La France insoumise), André Chassaigne (Gauche démocrate et républica), Jean-Michel Clément (Libertés et Territoires). (© Assemblée nationale/Olivier Ravenel)

Bild 6 von 8

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble mit dem Präsidenten der französischen Nationalversammlung, Richard Ferrand, auf dem Weg in den Salle Lamartine der Nationalversammlung (© Assemblée nationale/Olivier Ravenel)

Bild 7 von 8

Blick in den Salle Lamartine während der konstituierenden Sitzung der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung (© Assemblée nationale/Olivier Ravenel)

Bild 8 von 8

Blick in den Salle Lamartine der französischen Nationalversammlung zu Beginn der konstituierenden Sitzung der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung (© DBT/Sylvia Bohn)

Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble und sein französischer Amtskollege Richard Ferrand haben am Montag, 25. März 2019, in Paris das Deutsch-Französische Parlamentsabkommen unterzeichnet. Im Anschluss konstituierte sich die Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung, die sich aus 50 Abgeordneten des Deutschen Bundestages und 50 Abgeordneten der französischen Nationalversammlung (Assemblée nationale) zusammensetzt und zweimal jährlich tagen soll. Per Akklamation wählte die Versammlung den CDU-Abgeordneten Andreas Jung und die französische Abgeordnete Sabine Thillaye (La République en Marche) zu Vorsitzenden.

Dem Vorstand der Versammlung gehören darüber hinaus auf deutscher Seite Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU), Thomas Oppermann (SPD), Angelika Glöckner (SPD), Norbert Kleinwächter (AfD), Michael Georg Link (FDP), Fabio De Masi (Die Linke) und Dr. Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen) und auf französischer Seite Patrick Hetzel (Les Républicains), Sylvain Waserman (Mouvement Démocrate et apparentés), Cécile Untermaier (Socialistes et apparentés), Antoine Herth (UDI, Agir et Indépendants), Danièle Obono (La France Insoumise) André Chassaigne (Gauche démocrate et républicaine) und Jean-Michel Clément (Libertés et Territoires) an.

Schäuble: Kooperation in einen europäischen Kontext stellen

Bundestagspräsident Schäuble sagte vor der Unterzeichnung, das Deutsch-Französische Parlamentsabkommen unterstreiche „unseren Willen, die bilaterale Kooperation in einen europäischen Kontext zu stellen“. Deutschland und Frankreich hätten eine besondere Verantwortung für Europa. Mit dem Deutsch-Französischen Freundschaftsvertrag, den Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Emmanuel Macron am 22. Januar 2019 unterzeichnet haben, werde „dieses ganz besondere Bedürfnis auf eine neue Stufe gehoben“.

Die „gute Kooperation unserer beiden Regierungen“ müsse auf der engen Zusammenarbeit der gewählten Abgeordneten in der Assemblée nationale und im Deutschen Bundestag beruhen: „Hier schlägt das Herz der Deutsch-Französischen Freundschaft“, sagte Schäuble. Skeptikern hielt der Bundestagspräsident entgegen, dass die neue Versammlung die Souveränität beider Staaten weder beeinträchtigen noch abschaffen werde. „Alle Beschlüsse der Versammlung sind ,politische Denkanstöße‘ – Gesetzeskraft erhalten sie ausschließlich über die Assemblée nationale und den Deutschen Bundestag.“

„Das wechselseitige Vertrauen stärken“

Deutschland und Frankreich verpflichteten sich im Vertrag von Aachen, die Integration ihre Volkswirtschaften hin zu einem deutsch-französischen Wirtschaftsraum mit gemeinsamen Regeln zu vertiefen. Dem gemeinsamen Binnenmarkt fehle eine einheitliche Gesetzgebung im Wirtschaftsrecht. Investitionsfreudige Unternehmen brauchten Planungs- und Rechtssicherheit, gerade kleine und mittlere Unternehmen stießen an Hindernisse: „Die Versammlung sollte die vollständige Integration des deutsch-französischen Wirtschaftsraumes auf der Basis gemeinsamer Regeln diskutieren, um diese Hindernisse zu beseitigen“, betonte der Bundestagspräsident.

In Aachen hätten sich beide Länder auch zum Aufbau einer Europäischen Verteidigungsunion im Rahmen des vernetzten Ansatzes bekannt. Erforderlich seien eine gemeinsame Risiko- und Bedrohungsanalyse, gemeinsame Ziele sowie die Konsolidierung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. Schäuble hob hervor, dass die Fortentwicklung der beschleunigten Integration der nationalen Armeen dazu beitragen werde, das wechselseitige Vertrauen zu stärken.

Ferrand: Neuer Schritt auf dem Weg der Freundschaft

Sein französischer Amtskollege Richard Ferrand hatte zuvor betont, dass beispielsweise die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion, die europäischen Verteidigung oder die Achtung der Rechtsstaatlichkeit in Europa schneller vorankämen, wenn Deutschland und Frankreich mit einer Stimme sprechen.

Die Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung könne als „normatives Labor“ dienen, als ein Ort des Nachdenkens über Instrumente, die allen unseren Partnern in der Europäischen Union vorgeschlagen werden könnten, schlug der französische Parlamentspräsident vor. Ferrand würdigte die Unterzeichnung der Vereinbarung als einen neuen entscheidenden Schritt auf dem Weg der Freundschaft zwischen den beiden Parlamenten und darüber hinaus zwischen beiden Völkern.

„Klare Absage an Nationalstaaterei“

Der deutsche Vorsitzende der Versammlung, Andreas Jung, sagte die deutsch-französische Partnerschaft sei mehr als nur ein Regierungsvertrag: „Heute ist das die Freundschaft unserer beiden Völker.“ Die Parlamente hätten den Anspruch, Motor zu sein und Kompromisse vorzuprägen, eine „klare Absage“ an Nationalstaaterei und Eigenbrötlerei„.

Große Aufgaben wie Digitalisierung, Globalisierung und Klimawandel seien nur gemeinsam zu lösen. Es gehe auch darum, wie die Deutsch-Französische Brigade zum Kern einer deutsch-französischen Armee entwickelt werden. Jung kündigte einen gemeinsamen Entschließungsantrag an, um Impulse zur Umsetzung des Aachener Vertrages zu geben.

“Einen Schritt nach vorne gehen„

Für die SPD-Fraktion sagte Angelika Glöckner, es sei wichtig, jetzt einen Schritt nach vorne zu gehen. “Wir werden Themen aufgreifen, wenn es unterschiedliche Positionen gibt„. Paradebeispiel sei der Klimaschutz, “bei dem wir über die Grenzen hinweg vorankommen müssen„. Das gehe nicht ohne den Rückhalt der übrigen EU-Mitgliedstaaten.

Dass den Grenzregionen im Parlamentsabkommen ein eigenes Kapitel gewidmet ist, bezeichnete sie als “enormen Zugewinn„. Deutschlands Frankreich-Politik sei immer auch Europapolitik.

“Nicht alles muss europäisch gelöst werden„

Für die AfD stellte Norbert Kleinwächter fest, dass die EU nicht mehr richtig funktioniere und es deshalb zu Konflikten zwischen den Mitgliedstaaten komme. “Wir nehmen gerne an dieser Versammlung teil, lassen Sie uns Probleme analysieren, lassen Sie uns diskutieren, was unsere Bürger brauchen, lassen Sie uns klären, auf welcher Ebene das zu lösen ist.

Nicht alles müsse auf europäischer, internationaler Ebene gelöst werden, es reiche manchmal auch national oder sogar kommunal.

„Auf eine Kultur des Vertrauens setzen“

Michael Georg Link (FDP) plädierte dafür, statt auf eine Kultur des nationalen Misstrauens auf eine Kultur des Vertrauens zu setzen. Das sei die Chance, den Aachener Vertrag und den Élysée-Vertrag mit Leben zu erfüllen. Mit Blick auf den zeitgleich stattfindenden Besuch des chinesischen Staatspräsidenten in Frankreich sagte Link, die Kräfte, die versuchten, Europa zu spalten, würden stärker. „Wir wollen mit China zusammenarbeiten, aber gemeinsam.“

In Paris werde zu Recht ungeduldig auf eine Antwort aus Berlin gewartet. Es werde darum gehen, wie am besten die Eurozone gestärkt werden kann: „Lassen Sie uns kreativ darangehen.“ 

„Handel mit Regeln und hohe soziale Standards“

Fabio de Masi sagte, Die Linke sehe die Ausrichtung der europäischen Integration kritisch. Die große Mehrheit wolle einen Binnenmarkt, der nicht im Interesse der großen Unternehmen ist. „Wir wollen Handel mit Regeln, mit hohen sozialen Standards. Wir brauchen mehr öffentliche Investitionen, wir brauchen eine gemeinsame, strategische Industriepolitik.

De Masi schlug ein gemeinsames Vorgehen für eine EU-Finanztransaktionsteuer vor. Kritisch zu sehen seien die Rüstungskooperation und eine europäische Armee. Es wäre für ihn nach eigenen Worten ein Erfolg, wenn der Streit nicht zwischen Deutschen und Franzosen, sondern entlang der politischen Ideen stattfinden würde.

“Wir müssen jetzt handeln„

“Wir können uns chinesisch digitalisieren lassen oder amerikanisch„, sagte Dr. Franziska Brantner für Bündnis 90/Die Grünen. “Wir müssen jetzt handeln, sonst fliegen uns unsere nationalen Demokratien auseinander„. Der Rechenschieber der schwäbischen Hausfrau sei makroökonomisch nicht immer der richtige. Konkret nannte sie die Wirtschaft- und Währungsunion, Rüstungsexporte oder Fragen der Künstlichen Intelligenz.

Zur Künstlichen Intelligenz arbeite Deutschland noch an einer nationalen Strategie, doch eigentlich müsste es eine europäische Strategie sein, sagte Brantner, die auch kritisch auf die “grenzüberschreitende Bürokratie„ hinwies.  

Erste Sitzung der Parlamentsversammlung

Am Nachmittag stellten sich in der ersten institutionellen Sitzung der Parlamentsversammlung die französische Beauftragte für die deutsch-französische Zusammenarbeit, Nathalie Loiseau (La République en Marche), und der deutsche Staatsminister für Europaangelegenheiten, Michael Roth (SPD), den Fragen der Abgeordneten in einer Anhörung.

Aufgabe der Parlamentarischen Versammlung ist es unter anderem, über die Einhaltung der Bestimmungen des Élysée-Vertrags (Vertrag über die deutsch-französische Zusammenarbeit vom 22. Januar 1963) und des Aachener Vertrags (Vertrag über die deutsch-französische Zusammenarbeit und Integration vom 22. Januar 2019) zu wachen. Darüber hinaus soll sie die Arbeit des Deutsch-Französischen Verteidigungs- und Sicherheitsrats begleiten und generell Vorschläge zu allen Fragen erarbeiten, die die deutsch-französischen Beziehungen betreffen. (haa/vom/25.03.2019)

Marginalspalte