Parlament

Sebastian Münzenmaier: Landflucht stoppen, damit Orte nicht veröden

Sebastian Münzenmaier in seinem Berliner Abgeordnetenbüro

Sebastian Münzenmaier in seinem Berliner Abgeordnetenbüro (DBT/Melde)

Anfang Juli ist er 30 Jahre alt geworden – Sebastian Münzenmaier von der AfD. Der gebürtige Pfälzer ist bereits seit der Gründung der Partei Mitglied der Alternative für Deutschland. Von Beginn an sah der Politiker dort seine politische Heimat. Sein Engagement für die Ziele der AfD hat ihn 2017 in den Deutschen Bundestag getragen. Dort ist er einer von 91 Abgeordneten der AfD-Fraktion, und er ist überzeugt: „Die AfD ist deshalb so erfolgreich, weil sie die Sprache der Bürger spricht, das zeigt sich an unseren Wahlergebnissen.“

Erste parteipolitische Erfahrungen mit 23 Jahren

Als Kind wollte Sebastian Münzenmaier Fußballspieler werden, ab dem 15. Lebensjahr interessierte er sich intensiv für Politik. Er informierte sich bei der Jungen Union, aber die war ihm „nicht jung genug“. „In der Jungen Union traf ich damals 16- bis 18-Jährige, die mit Hosenträgern und Aktenkoffern unterwegs waren. Das war nicht meine Vorstellung von einer jungen Partei“, erklärt Münzenmaier.

Parteipolitisch engagieren wollte er sich trotzdem. Er entschied sich mit 23 Jahren für die Partei „Die Freiheit“. „Ich hatte damals das Buch von Thilo Sarrazin gelesen, das von einer Postkartenaktion von ,Die Freiheit' begleitet wurde. Der Slogan war: ‚Einer schreibt, viele lesen, wir handeln.' Mich hat das angesprochen, deshalb bin ich eingetreten“, erinnert sich Münzenmaier.

„Echte Alternative zu den etablierten Parteien“

Lange ist er nicht geblieben, denn „Die Freiheit“ war ihm zu einseitig auf ein Thema fokussiert. Das Interesse für Parteipolitik blieb. Als Sebastian Münzenmaier in Mainz Rechtswissenschaften studierte, fand er seine politische Heimat in der AfD.

„Die Ziele der Partei überzeugten mich. Ich sah sie als echte Alternative zu den etablierten Parteien“, erklärt der Politiker. Mit dem Bruch und dem Austritt von Bernd Lucke erlebte die AfD eine Zäsur. Der damalige Kreisvorsitzende der AfD Mainz rief dazu auf, die Partei zu verlassen und sich Bernd Lucke anzuschließen. In Mainz sind von 75 Mitgliedern 27 geblieben – auch Münzenmaier blieb und baute den Kreisverband neu auf.

Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Mainzer Landtag

Weil er in einer schwierigen Situation loyal zur Partei stand, war seine Bewerbung zum Geschäftsführer der rheinland-pfälzischen AfD-Landtagsfraktion in Mainz erfolgreich.

„Die AfD hatte zum ersten Mal den Sprung in den Landtag geschafft, und ich durfte am Aufbau einer funktionierenden Fraktion mitarbeiten. Dabei lernte ich sehr viel über parlamentarische Abläufe. Diese Erfahrungen waren sehr wertvoll, als ich 2017 in den Deutschen Bundestags gewählt wurde“, sagt Münzenmaier.

„Jetzt sind wir im Bundestag angekommen“

Inzwischen sind zwei Jahre vergangen. Halbzeit im Parlament. Was hat der Abgeordnete in den vergangenen zwei Jahren erreicht? Sind seine Erfahrungen deckungsgleich mit seinen Erwartungen?

„Ich hatte, wie alle anderen Fraktionsmitglieder, noch keine Erfahrungen als Bundestagsabgeordneter. Dass wir drittstärkste Kraft im Bundestag geworden sind und damit die größte Oppositionspartei, hat mich stolz gemacht. Ich denke immer noch gern an den Moment zurück, als die Fraktion mit 92 Abgeordneten in den Plenarsaal einzog und ich realisierte: Jetzt sind wir im Bundestag angekommen und können vieles im Land verändern“, sagt Münzenmaier.

Bei der Bundestagswahl am 24. September 2017 hatte die Fraktion 94 Mandate gewonnen. Die Abgeordnete Dr. Frauke Petry hatte die Fraktion am 25. September 2017 verlassen, der Abgeordnete Mario Mieruch folgte am 4. Oktober 2017, sodass die Fraktion zur konstituierenden Sitzung des Bundestages am 24. Oktober 2017 noch 92 Abgeordnete zählte. Am 17. Dezember 2018 schied der Abgeordnete Uwe Kamann aus der Fraktion aus, der damit noch 91 Mitglieder angehören.

„Weinregionen stärken, Landflucht stoppen“

Als Abgeordneter hat Sebastian Münzenmaier ganz konkrete Ziele. Nach einer Orientierungsphase, die wohl jeder neue Abgeordnete im Bundestag braucht, um das Parlament kennenzulernen, entschied er sich für den Tourismusausschuss und den Ausschuss für Arbeit und Soziales. Seit Januar 2018 führt er den Tourismusausschuss als Vorsitzender.

Er wäre natürlich auch gern in den Innenausschuss gegangen, aber da räumt der Politiker ein, gibt es Abgeordnete, die profundere Kompetenzen haben. Er entschied sich bewusst für den Tourismusausschuss, weil sein Bundesland von seiner Arbeit im Bundestag profitieren sollte. „In den Weinregionen von Rheinland-Pfalz gibt es zwar schon viele Aktivitäten im Tourismus. Aber mir liegt am Herzen, die Weinkultur in Deutschland weiter sehr deutlich zu unterstreichen. Außerdem sollte der ländliche Raum gestärkt und unterstützt werden, um die Landflucht zu stoppen, damit Orte nicht veröden. Dazu kann der Tourismus beitragen.“

Kein Fraktionszwang bei Abstimmungen

Die jungen Abgeordneten anderer Fraktionen trifft Sebastian Münzenmaier entweder im Ausschuss oder wenn Schülergruppen den Bundestag besuchen. „Natürlich begegnet man sich kollegial, aber größere Schnittmengen gibt es nicht, und ein Netzwerk ist daraus bisher nicht entstanden“, sagt Münzenmaier. Was die Fraktionsdisziplin betrifft, ist der Abgeordnete ganz entspannt. In seiner Fraktion stimme man sich zwar zu den einzelnen Themen ab, aber jeder entscheide nach seinem Gewissen und nicht unter Zwang.

Die Nichtwahl der Kandidaten der AfD für das Vizepräsidentenamt im Bundestag habe das Klima im Parlament verschärft, weil alle bisherigen Kandidaten der Fraktion keine Mehrheit bekommen konnten. Münzenmaier sagt: „Für mich ist es in einer Demokratie ein sehr bedenklicher Vorgang, dass die Kandidaten der größten Oppositionspartei im Bundestag nur deshalb abgelehnt werden, weil sie der AfD angehören.“

„Wahlalter nicht auf 16 Jahre absenken“

Um das Parlament zu verjüngen, das im Moment einen Altersdurchschnitt von 49 Jahren hat, würde Münzenmaier keinesfalls das Wahlalter senken.

Seine Argumente: „Mit 18 wird man volljährig, darf eine Wohnung mieten, allein Auto fahren und rechtsverbindliche Verträge schließen. All das ist mit 16 Jahren nicht erlaubt. Warum sollte man also das Wahlalter auf 16 senken? Dafür sehe ich keine Veranlassung.“

„Umgangston im Plenarsaal sollte professioneller werden“

Vor jeder Rede im Plenum verspürt der junge Abgeordnete einen gewissen Respekt. Der Bundestag sei das höchste deutsche Parlament, und für alle Abgeordneten sollten Respekt und Achtung eine Selbstverständlichkeit sein. Den Umgangston und die Zwischenrufe von Abgeordneten anderer Fraktionen findet er oft unangemessen. Am schlimmsten sind für ihn die Bemerkungen einiger Mitglieder der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. „Da würde ich mir wünschen, dass es zivilisierter zugeht“, sagt Münzenmaier.

Das Verhältnis anderer Fraktionen zur AfD sei von Anfang an nicht optimal gewesen. In den vergangenen zwei Jahren habe es sich weiter verschlechtert. „Es ist feindseliger geworden“, sagt Münzenmaier und fügt hinzu: „Ich fände es angemessen, wenn es in den vor uns liegenden zwei Jahren einen professionellen Umgang zwischen der AfD und den anderen Fraktionen geben könnte.“ (bsl/29.07.2019)

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