Geschichte

Wolfgang Schäuble dankt in Prag allen Tschechen und Slowaken

Ein Mann im Anzug sitzt an einem Tisch mit weißem Tischtuch und spricht in eine Mikrofon.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble während seiner Ansprache beim Festakt zum 30. Jubiläum der Samtenen Revolution in Prag (picture-alliance/ZUMA press)

Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble hat am Sonntag, 17. November 2019, „allen Tschechen und Slowaken“ zum Nationalfeiertag gratuliert und ihnen für ihren Beitrag zur Überwindung der Spaltung Europas gedankt. Schäuble nahm an einem Festakt des Regierungsamts der Tschechischen Republik zur Erinnerung an das 30. Jubiläum der „Samtenen Revolution“ im Nationalmuseum in Prag teil.

Neben Schäuble sprachen der tschechische Premierminister Andrej Babiš, der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, der ungarische Ministepräsident Viktor Orbán und der slowakische Ministerpräsident Peter Pellegrini. An dem Festakt nahm auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer teil.

„Revolutionärer Umbruch ohne Blutvergießen“

Schäuble bezeichnete den 17. November als „Tag, der in die Geschichte unserer beider Länder eingeschrieben ist“. An diesem Tag habe 1939 die „Sonderaktion Prag“ begonnen, die ein „mörderischer Schlag der deutschen Besatzungsmacht gegen tschechische Studenten“ gewesen sei.

50 Jahre später seien es wieder Studenten und Intellektuelle gewesen, die ganz bewusst an diesem Tag  auf die Straßen gingen. Diese Demonstration sei noch gewaltsam aufgelöst worden, doch nur wenige Wochen später habe der Staatspräsident Václav Havel geheißen. „Ein revolutionärer Umbruch ohne Blutvergießen“, sagte der Bundestagspräsident.

„Wir vergessen die Hilfsbereitschaft der Prager nicht“

Die Deutschen verbänden mit Prag 1989 die emotionsgeladenen Bilder aus der deutschen Botschaft, die wie die Vertretungen in Warschau und Budapest mit Flüchtlingen aus der DDR überfüllt gewesen sei: „Wir vergessen die große Hilfsbereitschaft der Menschen in Prag nicht. Und wir wissen: die Deutsche Einheit hat ihre Vorgeschichte in den Freiheits- und Bürgerwegungen hinter dem Eisernen Vorhang! Nicht zuletzt in der Charta 77 mit ihrer Forderung nach ,Freiheit von Furcht‘.“

Vor 30 Jahren hätten die Menschen im damaligen Ostblock zu Hunderttausenden Mut gefasst, betonte Schäuble. Sie seien auf die Straßen gegangen und hätten für Freiheit, Selbstbestimmung und Demokratie in ihren Ländern gekämpft: „Den Deutschen ermöglichte es die Wiedervereinigung – und die Tschechen und Slowaken konnten ihrerseits beweisen, dass man sogar eine staatliche Trennung friedlich schaffen kann.“

„Nichts muss bleiben, wie es ist“

„Nichts muss bleiben, wie es ist“, nannte Schäuble die Lehre von 1989. „Wir leben heute in Frieden, Freiheit und Demokratie. In einem Europa der Vielfalt, einem Europa mit offenen Grenzen.“ Das scheine vielen selbstverständlich und mache manchen auch Angst.

„Über die unterschiedlichen Perspektiven müssen wir uns austauschen, Besonderheiten nicht nur kennen und erdulden, sondern verstehen und respektieren“, um Europa in einer Welt zu stärken, deren Herausforderungen nur gemeinsam zu bewältigen seien. Dazu brauche es heute keinen Mut, aber die Zuversicht, die der Satz von 1989 transportiere: „Wann – wenn nicht jetzt? Wer – wenn nicht wir!“

Abschließend rief der Bundestagspräsident dazu auf, die Überwindung der Spaltung Europas niemals wieder zu gefährden. (vom/17.11.2019)

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