Geschichte

Hinweistafel informiert jetzt auch auf Englisch über Danziger Mauerstück

Ein kniender Handwerker befestigt eine Hinweistafel an einer Mauer aus Ziegelsteinen.

André Frieboese bringt die neue zweisprachige Hinweistafel am Danziger Mauerstück am Reichstagsgebäude an. (DBT/Zander)

Passanten, die auf der Spreeseite am Reichstagsgebäude vorbeigehen, sehen es: das Mauerstück an der Nordostecke, das wie ein Fremdkörper wirkt und mit zwei Tafeln versehen ist. Touristen, die weder des Deutschen noch des Polnischen mächtig sind, hielten dies häufig für ein Überbleibsel der Berliner Mauer. Was es tatsächlich ist, erfuhren sie, wenn sie in der Nähe einen Bundestagspolizisten fragen konnten.

Die Ziegelsteine sind ein Teil der symbolträchtigen Mauer der Danziger Werft, über die der polnische Arbeiterführer und spätere Friedensnobelpreisträger Lech  Wałęsa am 14. August 1980 kletterte, um die Streikbewegung zu organisieren, die zur Gründung der ersten von der Regierung anerkannten Gewerkschaft „Solidarność“ („Solidarität“) im damaligen Ostblock führte. Das Mauerstück ist ein Geschenk des Sejm, des polnischen Parlaments, an den Deutschen Bundestag. Die damaligen Parlamentspräsidenten Bronisław Komorowski und Prof. Dr. Norbert Lammert haben es am 17. Juni 2009 feierlich enthüllt.

Volksbewegung gegen das Kriegsrecht in Polen

Ein Mann steht neben einem mit einer Bronzetafel und einer Hinweistafel versehenen Mauerstück.

Andreas Kaernbach, Kurator der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages, neben der neuen zweisprachigen Hinweistafel am Mauerstück der Danziger Werft an der Nordostecke des Reichstagsgebäudes; darüber befindet sich die bronzene Gedenktafel mit deutscher und polnischer Inschrift. (DBT/Zander)

Um künftigen Missverständnissen vorzubeugen, hat das Präsidium des Bundestages auf Anregung von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) beschlossen, den erklärenden Text über die Hintergründe nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Englisch anzubieten. Die neue zweisprachige Tafel ließ der Kurator der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages, Dr. Andreas Kaernbach, am Mittwoch, 22. Juli 2020, anbringen.

Die Tafel weist darauf hin, dass die Gründung der Gewerkschaft „Solidarność“ breite Solidarität in Polen und im Ausland, insbesondere in Deutschland, erfuhr. Aus ihr entstand eine Volksbewegung, die sich erfolgreich gegen das 1981 verhängte Kriegsrecht wandte, den Prozess der Demokratisierung in Polen in Gang setzte und damit zur Überwindung der Spaltung Europas beitrug.

„Kampf der Solidarność für Freiheit und Demokratie“

Die weiter oben angebrachte bronzene Gedenktafel erinnert auf Deutsch und Polnisch an „den Kampf der Solidarność für Freiheit und Demokratie und den Beitrag Polens zur Wiedervereinigung Deutschlands und für ein politisch geeintes Europa“. Bei der Enthüllung vor elf Jahren hatten Komorowski und Lammert daran erinnert, dass es in der Nähe dieser Mauer in Danzig war, wo der „Kampf für die Demokratie“ im kommunistischen Teil Europas begonnen hatte. Lammert sah in der Gedenktafel ein „sichtbares Zeichen der Erinnerung“ an eine oft nicht einfache, nicht immer glückliche, aber gemeinsame Geschichte beider Länder.

Zuletzt hatten Bundestagsvizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich (CDU/CSU) und der Botschafter der Republik Polen, Prof. Dr. Andrzej Przyłębski, am 13. Dezember 2019 Blumen am Mauerstück niedergelegt. Am 13. Dezember 1981 hatte die kommunistische Regierung in Polen das Kriegsrecht verhängt. Erst acht Jahre später konnte die demokratische Solidarność auf friedlichem Weg die Macht in Polen übernehmen und das Land zur Demokratie führen. (vom/22.07.2020)

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