Ernährung

Umwelteinflüsse und Flä­chen­konkurrenz be­reiten der Fischerei Sorgen

Die Herausforderungen für die Fischerei in der Nord- und Ostsee sind in Anbetracht des Anstiegs der Wassertemperaturen, des Ausbleibens kalter Winter und der Verschiebung des Sauerstoff- sowie Salzgehaltes enorm. Das führe in den Fischbeständen zu Konsequenzen, die „eine hohe Bedeutung für die Fischerei der Anrainerstaaten hat“, stellte Alois Gerig (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft, in einem Fachgespräch zum Thema „Politische Lösung der existenziellen Krise der Fischerei durch instabile Meeresökosysteme in Ost- und Nordsee einschließlich der Novelle der EU-Fischereikontrollverordnung“ am Montag, 26. Oktober 2020, fest.

Sinkender Laicherfolg der Fische

Durch die sich ändernden Umwelteinflüsse auf die Fische sinke der Laicherfolg, schilderten Prof. Dr. Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Institutes Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, eines der Probleme für die Fischerei. Rund sechzig Prozent der Fischarten seien betroffen und würden zusätzlich durch den Müll in den Meeren, die industrielle Verschmutzung sowie die Überdüngung der Gewässer infolge der landwirtschaftlichen Produktion zusätzlich belastet.

Besonders leide infolge des ökologischen Problems die kleine Kutterfischerei, obwohl diese die nachhaltigere Form der Fischerei sein könnte, meinte die Wissenschaftlerin. Boetius plädiert dafür, dass die Wahrung der Interessen der Fischerei, des Naturschutzes und die Forschung nicht als Widerspruch wahrgenommen werden sollten und mehr zusammenarbeiten müssten.

Reduzierte Ertragsfähigkeit in der Ostsee

Für die Ostsee sei eine dauerhaft reduzierte Ertragsfähigkeit nicht auszuschließen, blickte Dr. Peter Breckling, Generalsekretär des Deutschen Fischerei-Verbandes, in die Zukunft. In der Nordsee würden immerhin die südlichen Arten zunehmen, während die nördlichen Arten abwandern. Breckling stellte der Fischereipolitik rückschauend aber auch ein positives Zeugnis im Hinblick auf die erreichte Qualität der Meeresgebiete ein positives Zeugnis aus.

So sei die fischereiliche Sterblichkeit gesunken, während die Bestandsbiomasse zugenommen habe. Weder die Energie- noch die Agrarpolitik hätten vergleichbare Erfolge hervorgebracht. Nun gelte es, den Schutz der Fanggebiete vor konkurrierenden Nutzungsansprüchen zu gewährleisten, die exklusive ausschließende Rechte haben. 

Verlust der Fanggebiete durch Flächenkonkurrenz

„In der Nordsee fischende Betriebe machen sich nicht die großen Sorgen über instabile Meeresökosysteme“, weil diese sich anpassen würden, sagte Hilke Looden von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Die Küstenfischerei beschränke sich ohnehin nur noch auf die Krabbenfischerei. Sorge bereite hingegen, dass die Fanggebiete durch den Zuwachs im Bereich der Offshore-Windenergie verloren gehen, die zunehmend als Flächenkonkurrenz wahrgenommen werde.

Die zunehmend weniger zur Verfügung stehenden Fanggründe müssten kompensiert werden, entweder durch die Senkung der Flottenkapazität oder die Ausweitung der Fischerei in den Windparks. Andernfalls nähme der Fischereidruck in den übrig gebliebenen Gebieten zu.

Fehlende Kontrollen konterkarieren hehre Ziele

„In den letzten Jahren sind wichtige Instrumente und Ziele auf den Weg gebracht worden, um eine nachhaltige Fischerei auf den Weg zu bringen, resümierte Dr. Markus Salomon vom Sachverständigenrat für Umweltfragen. Handlungsbedarf bestehe aktuell beim Bestandsmanagement, weil mehr als ein Drittel der Bestände zu intensiv befischt würden. Es gebe Einzelbestände, die im schlechten Zustand seien. Dies sei ein Zeichen dafür, dass mehr kontrolliert werden müsse. Insbesondere das Rückwurfverbot werde in der Praxis kaum eingehalten.

Erfreulich sei hingegen, dass Schutzgebiete in deutschen Hoheitsgewässern großflächig ausgewiesen worden seien, aber auch in diesen Gebieten fehle es an wirksamen Regelungen, die im Rahmen von noch zu erstellenden Managementplänen überwacht werden müssen.

Große und kleine Fischereifahrzeuge

Auch Kai-Arne Schmidt, Geschäftsführer Erzeugergemeinschaft der Nord- und Ostseefischer GmbH, kritisierte, dass in der Vergangenheit auf See kaum Kontrollen stattgefunden hätten. Schmidt wies darauf hin, dass rund drei Viertel der Fischreifahrzeuge der Flotten in Deutschland und Europa unter zwölf Meter lang seien. Auch diese kleinen Fahrzeuge würden in ihrer Menge einen “ordentlichen„ Anteil an der Fangmenge ausmachen.

Diese Fahrzeugtypen würden jedoch gar nicht kontrolliert. “Fischerei ist Fischerei„, es sollten keine Unterschiede gemacht werden zwischen großen und kleinen Fischereifahrzeugen. Größere Fahrzeuge würden dagegen intensiv kontrolliert, weil dies für die Behörden einfacher sei. Schmidt sprach sich dafür aus, bei Kontrollen mehr auf elektronische Hilfsmittel zu setzen, um den Kontrollaufwand im Rahmen zu halten. (eis/26.10.2020)

Liste der geladenen Experten

  • Prof. Dr. Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Institutes Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung
  • Dr. Peter Breckling, Generalsekretär des Deutschen Fischerei-Verbandes e. V.
  • Hilke Looden, Landwirtschaftskammer Niedersachsen
  • Dr. Markus Salomon, Sachverständigenrat für Umweltfragen
  • Kai-Arne Schmidt, Geschäftsführer Erzeugergemeinschaft der Nord- und Ostseefischer GmbH

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