Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne Aussprache haben die Abgeordneten des Bundestages am Donnerstag, 14. Dezember 2023, über eine Reihe von Vorlagen abgestimmt:

Chemiewaffenübereinkommen: Der Bundestag hat einstimmig mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und AfD einen Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Änderung des Ausführungsgesetzes zum Chemiewaffenübereinkommen sowie außenwirtschaftlicher Vorschriften“ (20/9001) angenommen. Hierzu lag eine Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses (20/9577) vor. Mit den Anpassungen sollen die Erfahrungen der Inspektionspraxis aus den vergangenen Jahren sowie beim Transfer gelisteter Chemikalien berücksichtigt werden, heißt es im Gesetz. Zur wirksamen Umsetzung des CWÜ in Deutschland würden zudem Regelungen über die Zuständigkeit der Begleitgruppe von Inspektionen der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) konkretisiert und präzisiert. Zugleich seien „detaillierte Rechtsgrundlagen“ zur Verarbeitung von Daten vorgesehen, schreibt die Bundesregierung. Neu eingeführt wird die Pflicht, die widerrechtliche Entwendung und das Auffinden von Chemiewaffen und Chemikalien mit Relevanz für das CWÜ zu melden. Erstmalig soll das Ausführungsgesetz auch Regelungen für Meldeketten für jene Behörden enthalten, denen solche Vorfälle angezeigt werden. Weitere Änderungen zielen auf eine Präzisierung und Ergänzung der Rechtsgrundlagen, um veränderten Anforderungen der OVCW für Inspektionen Rechnung zu tragen. Darüber hinaus soll es der Bundeswehr ermöglicht werden, in Auslandseinsätzen, die nicht im Rahmen von „Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit“ stattfinden - wie etwa einer militärischen Evakuierungsoperation -, als „milderes Mittel gegenüber dem Schusswaffengebrauch“ zum Beispiel Tränengas einzusetzen. Deutschland sei wegen seiner starken chemischen Industrie einer der am häufigsten inspizierten Vertragsstaaten des CWÜ. Mit seiner nationalen Implementierungsgesetzgebung wolle Deutschland „ein Beispiel geben“, erklärt die Bundesregierung. Mit der Ratifikation seien die 193 Vertragsstaaten verpflichtet, alle chemischen Waffen und die Einrichtungen zu deren Herstellung zu melden und zu vernichten, sowie die Produktion und Verwendung von Vorprodukten zu kontrollieren und alles dafür zu tun, um einen Missbrauch der friedlichen Nutzung der Chemie zu verhindern.

Glyphosat: Abgelehnt haben die Abgeordneten einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Keine nationalen Alleingänge – Die Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat auch auf nationaler Ebene verlängern“ (20/9494). Die Vorlage fand keine Mehrheit gegen die Stimmen der Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP gegen das Votum der Antragsteller und der AfD. Grundlage der Entscheidung war eine Beschlussempfehlung des Landwirtschaftsausschusses (20/9787). Die CDU/CSU-Fraktion forderte, die EU-Entscheidung, den Pflanzenschutzmittelwirkstoff Glyphosat bis 2033 zuzulassen, auch auf nationaler Ebene umzusetzen. „Die Bundesregierung muss die deutsche Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung so anpassen, dass der Einsatz von Glyphosat nach der Zulassungsverlängerung auf der EU-Ebene auch weiterhin in Deutschland unter Berücksichtigung der bereits bestehenden hohen arten- und naturschutzrechtlichen Regelungen möglich ist“, schrieben die Abgeordneten in der Vorlage. Die Europäische Union hatte die Zulassung des Unkrautvernichters Glyphosat im November 2023 verlängert. Mittlerweile hat die EU-Kommission die Zulassung von Glyphosat auch erneuert, mit der entsprechenden Verordnung ist eine Nutzung für weitere zehn Jahre möglich. Unter den EU-Staaten gab es zuvor weder eine ausreichende Mehrheit für noch gegen einen weiteren Einsatz des Mittels. Daraufhin konnte die EU-Kommission im Alleingang eine Entscheidung treffen. Streit gibt es unter anderem darüber, ob Glyphosat krebserregend sein könnte. Zudem stehen Gefahren für die Umwelt im Raum. Eine aufwendige Untersuchung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) hatte jüngst keine inakzeptablen Gefahren gesehen, aber auf Datenlücken in mehreren Bereichen hingewiesen.

Organische Lösungsmittel: Angenommen hat der Bundestag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Union und AfD eine Änderung der 31. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung zur Begrenzung der Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen bei der Verwendung organischer Lösungsmittel in bestimmten Anlagen – 31. BImSchV, 20/9333, 20/9599 Nr. 2). Hierzu hatte der Umweltausschuss eine Beschlussempfehlung (20/9777) mit Änderungen am Ursprungsentwurf vorgelegt. Mit der Verordnung „zur Begrenzung der Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen bei der Verwendung organischer Lösungsmittel in bestimmten Anlagen“ sollen Beschlüsse der EU-Kommission zur Anwendung der besten verfügbaren Techniken (BTV) bei der Behandlung von Oberflächen mit organischen Lösungsmitteln und in der Nahrungsmittel-, Getränke- und Milchindustrie in nationales Recht umgesetzt werden. Dafür sind Anpassungen der bestehenden 31. Verordnung zur Durchführung des BlmSchV nötig. Die Zustimmung des Bundestages ist nach Paragraf 48b Bunds-Immissionsschutzgesetz erforderlich. Zuletzt hatte der Bundestag am 6. Juli 2023 der Verordnung der Bundesregierung (20/6813) zugestimmt - allerdings mit Änderungen, die zuvor der Umweltausschuss vorgenommen hatte (20/7617). Diese zielten vor allem auf andere Fristen. So sollen unter anderem Betreiber von Ölmühlen jeweils ein Jahr mehr Zeit bekommen, um im Rahmen eines zweistufigen Modells den vorgeschriebenen Gesamtemissionsgrenzwert zu erreichen. Flüchtige organische Lösemittel werden bei vielen technischen Verfahren und Tätigkeiten eingesetzt, so etwa beim Lackieren und Drucken. Diese Stoffe können direkt die Gesundheit des Menschen schädigen. Zudem sind sie bei hoher Sonneneinstrahlung mit verantwortlich für die Bildung von Ozon, das sich ebenfalls negativ auf Pflanzen und die menschliche Gesundheit auswirkt.

Vogelgrippe: „Die Seuchenzüge der Vogelgrippe mit einemwirksamen Impfstoff und weiteren Gegenmaßnahmen bei Wild- und Hausgeflügel in Deutschland eindämmen“ (20/6539) ist der Titel eines Antrags der AfD, den das Plenum auf der Grundlage einer Beschlussempfehlung des Landwirtschaftsausschusses (20/7006) mit der breiten Mehrheit der übrigen Fraktionen abgelehnt hat. Die Fraktion forderte darin, die Impfstoffentwicklung beim Friedrich-Löffler-Institut zu forcieren und die Impfstoffentwicklung im dem Maße zu fördern, dass keine Tarnkappenentwicklung für die Viren geschaffen werde. Die Vogelgrippe „mit schweren Schäden in der deutschen Geflügelhaltung“ habe sich in Deutschland endemisch etabliert. Durch ein ganzjähriges Vorkommen würden immer wieder ganze Regionen mit Vogelgrippeseuchenzügen heimgesucht, wodurch erhebliche Schäden sowohl bei den Wildgeflügelbeständen als auch bei den Hausgeflügelbeständen zu verzeichnen seien.

Betriebshilfsringe: Ebenfalls mit der Mehrheit aller übrigen Stimmen des Hauses abgelehnt wurde ein Antrag der AfD mit dem Titel „Maschinen- und Betriebshilfsringen in der Landwirtschaft die Förderung von Maschinen und Geräten ermöglichen“(20/5554). Auch hierzu lag eine Beschlussempfehlung des Landwirtschaftsausschusses (20/6071) vor. Die Bundesregierung wurde von den Abgeordneten aufgefordert, die GAK dahingehend zu verändern. Bislang würden lediglich landwirtschaftliche Unternehmen bei der Anschaffung landwirtschaftlicher Maschinen finanziell unterstützt, Maschinen- und Betriebshilfsringe - die solche Geräte an Landwirte ausliehen - seien von dieser Förderung bislang ausgeschlossen.

Stallumbau: Auch der Antrag der AfD mit dem Titel „Heimische Nutztierhaltung erhalten – Betriebe beim Stallumbau unterstützen“ (20/6418) wurde auf der Grundlage einer Beschlussempfehlung des Landwirtschaftsausschusses (20/6806) mit der Mehrheit der übrigen Bundestagsfraktionen abgelehnt. Die AfD-Fraktion forderte darin eine EU-weite, einheitliche Nutztierhaltung und drängt darauf, ein „sofortiges Moratorium zu den Umsetzungsterminen der siebten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zu erlassen“. Hintergrund sei, dass die Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung heimische Schweinehalter dazu zwinge, „entweder in Um- und/oder Neubaumaßnahmen zu investieren oder die Ferkelerzeugung spätestens 2026 aufzugeben“, hieß es in dem Papier. Trotz bestehender Investitionsförderung von derzeit 40 Prozent seien Umbauten „mit massiven Kosten für die Betriebe verbunden“. Zudem sollte sich die Bundesregierung „für EU-weit einheitliche Nutztierhaltungsvorgaben einsetzen, um Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt zu vermeiden“.

Petitionen: Die Abgeordneten haben außerdem eine Reihe von Beschlussempfehlungen zu Petitionen angenommen, die beim Bundestag eingegangen und vom Petitionsausschuss beraten wurden. Es handelte sich um die Sammelübersichten 485 bis 497 (20/9545, 20/9546, 20/9547, 20/9548, 20/9549, 20/9550, 20/9551, 20/9552, 20/9553, 20/9554, 20/9555, 20/9556, 20/9557). 

Mindesthaltbarkeit von Kfz-Verbandskästen 

Darunter befand sich auch eine Petition mit der Forderung, aus Gründen der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes eine Mindesthaltbarkeit von zehn, statt wie derzeit fünf Jahren für Kfz-Verbandskästen einzuführen. Kfz-Verbandskästen müssten im Laufe der durchschnittlichen Nutzungsdauer eines Fahrzeugs mehrfach ausgetauscht werden, was vermeidbaren Müll erzeuge, hieß es in der öffentlichen Petition (ID 142191). Der Bundestag solle daher eine Mindestqualität beschließen, „sodass der Verbandskasten nur noch alle zehn Jahre ausgetauscht werden muss“, schrieb der Petent. 

Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am 29. November 2023 mehrheitlich verabschiedete Beschlussempfehlung an den Bundestag sah nun vor, das Petitionsverfahren abzuschließen. In der Begründung verwiesen die Abgeordneten darauf, dass es sich bei den Kfz-Verbandskästen um Medizinprodukte handle, für die in einer EU-Verordnung grundlegende Sicherheits- und Leistungsanforderungen geregelt seien. Danach sei der Hersteller von Medizinprodukten an bestimmte Informations- und Kennzeichnungspflichten gebunden, um eine sichere und ordnungsgemäße Anwendung zu gewährleisten. Unter anderem werde vom Hersteller eines Medizinprodukts eine eindeutige Angabe der Frist verlangt, innerhalb der das Produkt sicher verwendet werden kann. Bei der Kennzeichnungs- und Informationspflicht habe der europäische Gesetzgeber dem Hersteller einen Gestaltungsspielraum eingeräumt. Für die Zeitangabe des Verfallsdatums sei der Hersteller selbst verantwortlich.

Eingeschränkte Sterilität eines Medizinprodukts 

Es handle sich dabei um ein Datum, bis zu dem der Hersteller die sichere Anwendung des Medizinprodukts garantiert. Mit Erreichen des Verfallsdatums könnten die enthaltenen Produkte „trotz noch bestehender Verpackung verunreinigt oder verschlissen sein“. Insbesondere die fehlende oder eingeschränkte Sterilität eines Medizinprodukts könne bei Kontakt mit offenen Wunden schlimmstenfalls sogar zu lebensbedrohlichen Entzündungen führen, hieß es in der Begründung.

Die Erste-Hilfe-Materialien ermöglichten vielfach erste Hilfsmaßnahmen bei einem Unfall und müssten sofort zur Stelle sein, schrieb der Petitionsausschuss. Die Kosten für die Beschaffung eines Verbandskastens lägen bei etwa 15 Euro und bedeuteten „keine unzumutbare Belastung für die einzelnen Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer“. 

Tätigwerden kann nicht in Aussicht gestellt werden

Aspekte der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes müssten hier in Abwägung zum Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zurückstehen, befanden die Abgeordneten. Sie verwiesen zugleich darauf, dass nicht der komplette Inhalt eines Erste-Hilfe-Kastens entsorgt werden müsse, wenn das Verfallsdatum erreicht ist. 

Einzelne Materialien, wie etwa eine Rettungsdecke, könnten weiter verwendet werden. Abgelaufene Verbandskästen könnten auch als Schulungsmaterial für Erste-Hilfe-Kurse gespendet werden. „Vor diesem Hintergrund vermag der Petitionsausschuss ein parlamentarisches Tätigwerden nicht in Aussicht zu stellen und empfiehlt zu beschließen, das Petitionsverfahren abzuschließen“, hieß es in der Begründung.

(ste/hau/14.12.2023)

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