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Eva Szepesi und Marcel Reif sprechen zum Holocaust-Gedenktag

Eva Szepesi (links) und Marcel Reif (rechts)

Eva Szepesi (links) und Marcel Reif sprechen stellvertretend für die erste und zweite Holocaust-Generation (picture alliance / Eibner-Pressefoto | Uwe Koch)

Der Bundestag gedenkt am Mittwoch, 31. Januar 2024, der Opfer des Nationalsozialismus. Als Gastredner werden die Holocaust-Überlebende Eva Szepesi und der Sportjournalist Marcel Reif sprechen. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas wird die Gedenkstunde um 10 Uhr mit einer Begrüßungsansprache im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes eröffnen. 

An der Gedenkstunde nehmen traditionellerweise auch Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig, Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesverfassungsgerichtspräsident Prof. Dr. Stephan Harbarth als weitere Vertreter der Verfassungsorgane teil.

Die Gedenkstunde wird live im Parlamentsfernsehen und im Internet auf www.bundestag.de sowie auf www.bundestag.de/gebaerdensprache übertragen.

Die generationsübergreifende Aufarbeitung

Der „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ wurde 1996 vom damaligen Bundespräsidenten Prof. Dr. Roman Herzog eingeführt. Seither findet jährlich am oder um den 27. Januar eine Gedenkstunde im Bundestag statt. Anlass ist die Erinnerung an die Befreiung der Überlebenden des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz durch Soldaten der Roten Armee am 27. Januar 1945.

In diesem Jahr steht die Gedenkstunde im Zeichen der generationenübergreifenden Aufarbeitung des Holocausts. 

Szepesi hat Auschwitz als Kind überlebt

Die Gastrednerin in diesem Jahr, Eva Szepesi, wurde 1932 in eine jüdische Familie in Budapest geboren und Ende 1944 von den Nationalsozialisten in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Bei der Befreiung des Lagers war sie 12 Jahre alt; sie gehört damit zu den wenigen Kindern, die den Gaskammern und Todesmärschen der Nazis entkamen. 

Ein halbes Jahrhundert lang sprach Szepesi nicht über ihre Erlebnisse im Holocaust. 1995 dann – bei der Gedenkfeier zum 50. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz – brach sie erstmals ihr Schweigen und schrieb ihre Erfahrungen später in einem Buch nieder. Für ihr Engagement als Zeitzeugin erhielt sie 2017 den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland.

Reif als Vertreter der zweiten Shoah-Generation

Als Vertreter der zweiten Shoah-Generation spricht der 1949 in Polen geborene Sportjournalist Marcel Reif. Reifs Vater hatte den Holocaust nur knapp überlebt, nachdem er in letzter Sekunde aus einem Deportationszug gerettet wurde. Viele andere Familienmitglieder Reifs wurden von den Nazis ermordet.

1956 emigrierte die Familie Reif von Polen nach Israel, später zog sie nach Kaiserslautern. Reifs Karriere als Sportjournalist und -moderator begann in den 1980er Jahren beim ZDF. Die genauen Hintergründe der Geschichte seines Vaters erfuhr Reif erst nach dessen Tod.   

Musik im Plenarsaal

Musikalisch umrahmt wird die Gedenkstunde mit Stücken von Künstlern, die ebenfalls Verfolgungserfahrungen im Zweiten Weltkrieg machen mussten. Es spielen Studentinnen und Studenten der Universität der Künste Berlin. Intoniert wird zunächst das Stück „Nocturne“ von Ferenc Weisz (1893-1944), vorgetragen von Simon Haje (Klavier). 

Anschließend folgt die von Günter Raphael (1903-1960) komponierte „Sonate für Oboe und Klavier h-Moll op. 32 III Andante con moto“. Vorgetragen wird das Stück von Tabea Streicher (Klavier) und Jasmin Werner (Oboe). Von Rosy Wertheim (1903-1960) stammt schließlich die „Sonate für Piano und Violine, 2. Satz - Andante non troppo lento“, die von Ben Holzmann (Klavier) und Johannes Rosenberg (Violine) interpretiert wird. 

Podiumsdiskussion mit Jugendlichen

Mit dem Thema der generationenübergreifenden Aufarbeitung des Holocausts beschäftigt sich auch die diesjährige Jugendbegegnung, die der Bundestag jährlich aus Anlass des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus ausrichtet. An der Jugendbegegnung nehmen Jugendliche teil, die sich für eine lebendige Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus einsetzen. 

Abschluss des mehrtägigen Veranstaltungsprogramms ist eine Podiumsdiskussion am Mittwoch, 31. Januar, bei der die Jugendlichen Gelegenheit bekommen werden, mit den Gastrednern und der Bundestagspräsidentin ins Gespräch zu kommen. Das Parlamentsfernsehen überträgt die Podiumsdiskussion live ab 14 Uhr im Internet auf www.bundestag.de.

Ausstellung im Paul-Löbe-Haus

Im Paul-Löbe-Haus des Bundestages widmet sich anlässlich des Gedenktages eine Ausstellung den sogenannten Kindertransporten aus dem nationalsozialistischen Deutschland nach Großbritannien. Etwa 10.000 überwiegend jüdische Kinder konnten zwischen Dezember 1938 und dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 auf diesem Weg gerettet werden. 

Die Ausstellung zeigt ausgewählte Briefe und Postkarten von fünf verschiedenen Familien. Sie vermitteln einen Eindruck von der herzzerreißenden Trennung zwischen Eltern und Kindern, den Bemühungen zahlreicher Gastfamilien, Trost zu spenden, und den Stimmen der Kinder, die sich zwischen zwei Welten befanden. Die Ausstellung wird vom 31. Januar bis zum 23. Februar 2024 gezeigt. Sie kann montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr besucht werden. Donnerstags ist die Ausstellung von 9 bis 19 Uhr geöffnet. 

Gedenkkampagne „#WeRemember

Für die Zeit vom 26. bis 31. Januar wird ein beleuchteter „#WeRemember“-Schriftzug mit einer Länge von ungefähr elf Metern im Bereich des Ost-Eingangs des Reichstagsgebäudes auf dem Friedrich-Ebert-Platz platziert. 

Die Gedenkkampagne „#WeRemember geht auf die Initiative des Jüdischen Weltkongresseses und der Unesco, der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation, zurück. Jedes Jahr zum 27. Januar rufen die beiden Organisationen dazu auf, sich an der digitalen Erinnerungsaktion in den sozialen Medien zu beteiligen. Der Bundestag beteiligt sich bereits zum dritten Mal an der Aktion. (ste/12.01.2024)

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