Parlament

Volkmar Klein zur IPU-Tagung: Brücken bauen ist notwendiger denn je

Volkmar Klein steht hinter dem Redenerpult im Plenum und spricht

Volkmar Klein (CDU/CSU), Leiter der deutschen Delegation zur Interparlamentarischen Union ( (© DBT/Achim Melde)

„Brücken bauen für Frieden und Verständigung“ war angesichts der weltweiten Krisen und Konflikte das Motto der diesjährigen Frühjahrstagung der Interparlamentarischen Union (IPU), deren Mitglieder vom 22. März bis 27. März 2024 in Genf zusammenkamen. Wie wichtig ein verlässliches Rechtssystem und Good Governance für Wohlstand und Perspektiven der Menschen, auch jenseits von bewaffneten Konflikten, seien, darauf habe er in der Generaldebatte hingewiesen, sagt Volkmar Klein (CDU/CSU), Leiter der deutschen Delegation zur IPU. Im Interview erzählt Klein, welche Krisen die Parlamentarier weltweit jetzt am meisten beschäftigen, erklärt die Bedeutung der IPU-Resolutionen, mit denen die Abgeordneten einen globalen Konsens über den Klimaschutz oder autonome Waffensysteme erzielt haben sowie, welchen Beitrag parlamentarische Außenpolitik zur weltweiten Krisenbewältigung leistet. Das Interview im Wortlaut:

Herr Klein, das Thema der Generaldebatte lautete „Parliamentary diplomacy: Building bridges for peace and understanding“. Das erscheint sehr sinnvoll. Hat parlamentarische Außenpolitik eine Erfolgsformel, von der wir noch nichts wissen? 

Abgeordnete sind eine gute Verbindung zwischen der Grassroots-Ebene vor Ort und damit dem Wissen um die direkten Anliegen der Menschen in den jeweiligen Ländern einerseits und internationaler Vernetzung andererseits. Das ist noch nicht gleich eine Erfolgsformel, aber kann helfen, Gesprächsfäden nicht abreißen zu lassen. Da, wo sich im persönlichen Kontakt Vertrauen entwickelt, können auch schwierige Themen jenseits eines offiziellen Protokolls angesprochen werden. Vielleicht ein kleiner Beitrag, Brücken zu bauen. Und die sind notwendiger denn je.

In der IPU schauen Sie über den europäischen Tellerrand. Über welche drei Krisenherde hat die Weltgemeinschaft am meisten gesprochen? 

Für die Südamerikaner ist Venezuela derzeit ein massiver Krisenherd. Das Land hat ein Gesetz erlassen, durch das große Teile seines Nachbarlandes Guyana annektiert werden sollen. Venezuela hat bereits gesetzlich verboten, Landkarten ohne diese Erweiterung zu zeigen. Jetzt ist die Sorge groß, dass ein Militäreinsatz zur Umsetzung der bisher nur politischen Deklaration folgen könnte. Russland ist froh, dass über Wladimir Putins Krieg gegen die Ukraine viel weniger gesprochen wurde, als eigentlich notwendig. Das liegt an der sehr dominierenden Diskussion über Gaza. Aus vielen Ländern wurde das Vorgehen Israels massiv kritisiert, ohne auch nur den Terror von Hamas gegen die Menschen in Israel zu erwähnen. Das ist leider eine dramatische Realität.

In der Generaldebatte haben Sie dann unter anderem dazu das Wort ergriffen.

In meinem Beitrag habe ich an das Leid der Menschen erinnert, erst einmal in Israel durch den Hamas-Terror und jetzt in Gaza durch die andauernde Zerstörung der Hamas-Terrorinfrastruktur durch Israel. Aber das Thema der Generaldebatte war Frieden und Sicherheit auch jenseits der Abwesenheit von bewaffneten Konflikten. Deshalb habe ich unterstrichen, wie wichtig die Verlässlichkeit des jeweiligen Rechtssystems für eine gute Entwicklung ist. Good Governance ist eine ganz wichtige Voraussetzung dafür, dass Jobs entstehen, dass die Menschen Perspektiven bekommen und dass sich Wohlstand entwickeln kann.

Von der Versammlung angenommen wurde ein Resolutionsentwurf des Ausschusses für Frieden und internationale Sicherheit zum Thema „Autonome Waffensysteme und KI“. Welche Botschaft richten die Parlamentarier darin an die Regierungen?

Da völkerrechtliche Verträge zwischen den Regierungen ausgehandelt werden und Parlamente diese dann zwar meistens ratifizieren müssen, im Detail aber kaum Einfluss nehmen können, bieten IPU-Resolutionen den Parlamenten die Gelegenheit, ihre Position als globalen Konsens der Parlamentarier auszuformulieren. In einer Welt zunehmender Spannungen und militärischer Konflikte war es daher besonders wichtig, dass die IPU sich dem Thema der autonomen Waffensysteme gewidmet hat, deren besondere Bedrohung für die Menschen auch gerade in der Nutzung der künstlichen Intelligenz gesehen wird. In der Resolution werden dann zu behandelnde Fragestellungen aufgelistet, von der Festlegung einer Definition bis zur Entwicklung von Schutz- und Kontrollmechanismen solcher Waffensysteme. 

Im Ausschuss für nachhaltige Entwicklung wurde ein Entwurf zum Thema „Partnerschaften für Klimaschutz“ beraten. Warum geht es dabei genau?

In dieser Resolution hat sich die globale Parlamentarierversammlung zum einen klar zu einem wirksamen globalen Klimaschutz und der Erreichung des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Klimaschutzabkommens bekannt. Zum anderen hat sie herausgearbeitet, dass es zur Bewältigung der Herausforderung des Klimaschutzes auch wirksamer globaler Partnerschaften bedarf, die darauf abzielen, die Transition zu einem sauberen Energiemix zu erleichtern, nachhaltige und offene Lieferketten zu unterstützen, Innovationen und Technologietransfer zu stärken und Entwicklungsländer bei der sozialen und gerechten Transformation zu unterstützen. Ein spezifischer Schwerpunkt wurde auf die Notwendigkeit zur Reduzierung der besonders klimaschädlichen Methan-Emissionen gelegt.

Parallel zum Sitzungsbetrieb hat die deutsche Delegation sich wieder mit anderen Delegationen zu bilateralen Treffen verabredet unter anderem mit ostasiatischen Ländern. Worum ging es dabei?

Ja, wir haben die Delegationen von Japan, Thailand und Myanmar getroffen. Mit Japan verbindet uns eine weitgehend gemeinsame Bewertung der geopolitischen Lage und deshalb ist der regelmäßige Austausch auch wichtig. Thailand wird als Wirtschaftspartner immer wichtiger für Deutschland, gerade aktuell im Rahmen von De-Risking-Strategien gegenüber China, aber auch als Kooperationspartner mit anderen Ländern der Region. Das ist auch bei Myanmar der Fall. Für dieses direkte Nachbarland hat Thailand natürlich eine viel tiefere Expertise als wir und das kann uns helfen im Umgang mit der Krise dort. Zur Lage in Myanmar selbst hat uns das Gespräch mit der Delegation des im Exil arbeitenden Parlaments wertvolle Informationen gegeben. 

Pflegen Sie vor allem das Netzwerk mit gleichgesinnten Ländern?

Klar ist es wichtig, sich mit sogenannten „like minded countries“ wie Japan, oder beim vorigen Mal Australien, zu treffen. Aber jetzt in Genf die Gesprächseinladung von Malawi und der Demokratischen Republik Kongo anzunehmen, war genauso wichtig. Beide Länder würden liebend gerne mehr Kontakt nach Deutschland und auch Investitionen aus Deutschland haben. Das würde auch eine Win-win-Situation für beide Seiten bedeuten und den Menschen in den jeweiligen Ländern mehr Perspektiven bringen. Entsprechend wichtig ist es, sich dafür in Deutschland einzusetzen. Gerne hätten wir uns auf unsere Einladung hin mit der ägyptischen Delegation getroffen, dazu ist es am Ende aber leider aus organisatorischen Gründen nicht gekommen. 

(ll/05.04.2024)

Marginalspalte