Bundestag lehnt Antrag zur Geschäftsordnung ab
Der 20. Deutsche Bundestag hat zu Beginn seiner Plenarsitzung am Donnerstag, 13. März 2025, einen Geschäftsordnungsantrag der AfD-Fraktion abgelehnt, den einzigen Tagesordnungspunkt, die erste Lesung der Änderung des Grundgesetzes (Reform der Schuldenbremse) abzusetzen. Neben der AfD stimmte nur die Gruppe BSW für den Antrag, die Fraktionen SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie die Gruppe Die Linke stimmten dagegen.
Konkret ging es um die Gesetzentwürfe von SPD und CDU/CSU (20/15096) und Bündnis 90/Die Grünen (15098) zur Änderung des Grundgesetzes, um den Gesetzentwurf der FDP zur Errichtung eines Verteidigungsfonds für Deutschland und zur Änderung des Grundgesetzes (20/15099) sowie um einen Antrag der Gruppe BSW mit dem Titel „Nein zur Kriegstüchtigkeit —Ja zur Diplomatie und Abrüstung“ (20/15107).
AfD: Wählerwille muss respektiert werden
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Dr. Bernd Baumann, argumentierte für die Absetzung mit dem Ergebnis der Bundestagswahl vom 23. Februar. Die Bürger hätten die alten Mehrheiten sattgehabt, und dieser Wählerwille müsse respektiert werden. Nur wenn unaufschiebbare, dringende Dinge zu klären seien, dürfe der alte Bundestag noch zusammentreten. Union und SPD wollten nun mit den alten Mehrheiten dreimal die Verfassung ändern und eine Schuldenorgie über 1.000 Milliarden Euro erzwingen. „Mehr Verachtung für die Demokratie kann man überhaupt nicht zeigen.“
Die CDU lasse ihre Maske fallen, sagte Baumann, sie wolle nur an die Macht und gehe vor SPD und Grünen auf die Knie. Dem CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz prophezeite er, dessen Kanzlerschaft werde nicht lange dauern, dann komme „mit großer Wucht“ die „wirklich neue Kraft im Land“.
SPD: Alter Bundestag ist handlungs- und beschlussfähig
Katja Mast, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, begründete die Notwendigkeit der Sitzung damit, „dringend notwendige Investitionen zu ermöglichen“. Artikel 39 Absatz 3 des Grundgesetzes sei klar: Der alte Bundestag sei vor der für den 25. März geplanten Konstituierung des neuen Bundestages „handlungs- und beschlussfähig“. Die AfD habe nicht verstanden, worum es gehe. Die Bürgerinnen und Bürger sorgten sich wegen der internationalen Sicherheitslage, die vor fundamentalen Veränderungen stehe. In Zeiten knapper Haushaltsmittel würden schnell neue Investitionen gebraucht, sagte Mast. Dazu gehöre auch, dass die Infrastruktur wie Straßen oder Schienen auf der Höhe der Zeit ist. Verteidigungsfähigkeit und Infrastrukturinvestitionen gehörten zusammen.
Es sei daher notwendig, so Mast weiter, die Grundgesetzänderungen in einem zügigen, geordneten Verfahren zu beraten. Bis zur abschließenden Beratung am Dienstag, 18. März, gebe es ausreichend Gelegenheit, die 14-seitige Vorlage zu beschäftigen: „Die Welt wartet nicht auf uns. Es geht darum, in schwierigen Zeiten Verantwortung zu tragen, nicht morgen, nicht übermorgen, sondern jetzt.“
CDU/CSU: Wir müssen schnell handeln
Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, erklärte, man befinde sich in einer Situation, „wo wir schneller und substanzieller dafür sorgen müssen, dass wir uns selbst verteidigen können“. Die US-amerikanische Administration wende sich so von Europa ab, sodass die Gefahr bestehe, sich erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg selbst verteidigen zu müssen.
Es gehe um die Resilienz der Gesellschaft, um leistungsfähige Infrastruktur. Deutschland sei auf europäischer Ebene wieder zurück und bereit, Verantwortung zu übernehmen, die sich in Taten zeigen müsse. „Wir müssen schnell handeln“, sagte Frei. Dies schließe nicht aus, es gründlich zu tun, es würden keine Fristen verkürzt.
Grüne: Ignoranz gegenüber dem Parlament
Dr. Irene Mihalic, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin von Bündnis 90/Die Grünen, hielt dem entgegen, der Investitionsbedarf sei nicht nach der Bundestagswahl vom Himmel gefallen. Ihre Fraktion habe auf den massiven Investitionsbedarf hingewiesen und die Union mehrfach aufgefordert, Mehrheiten zu suchen und eine grundlegende Reform der Schuldenbremse auf den Weg zu bringen. Die Mehrheitsverhältnisse seien schwieriger geworden, aber statt sich mit den Grünen und der Linken an einen Tisch zu setzen „wollen Sie das mit den alten Mehrheiten machen“. Dieses Verfahren zeige „Ihre ganze Ignoranz gegenüber dem Parlament“.
Sie könne sich nur wundern über die Appelle an die staatspolitische Verantwortung, sagte Mihalic: „Wir sind bereit, schwierige Entscheidungen zu treffen und mit Ihnen zu einer Lösung zu kommen. Für dieses Verfahren tragen Sie die volle Verantwortung.“
FDP: Veränderte Weltlage nur ein Vorwand
Johannes Vogel, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion, erklärte, die FDP werde SPD und Union nicht die Hand reichen, um ihnen zur Mehrheit zu verhelfen. Für diese Schuldenpolitik sei die Begründung mit einer veränderten Weltlage nur ein Vorwand. Die Pläne gingen weit über die Sicherheitspolitik hinaus.
Vogel verwies auf das Sondierungspapier von SPD und Union, das zeige, dass sie notwendigen Strukturreformen ausweichen wollten: „Sie bleiben bestenfalls vage.“ Dies sei der Politikmodus der 2010er-Jahre, kein Denken in Jahrzehnten. Friedrich Merz hielt Vogel vor, er kopiere den Politikmodus von Angela Merkel, was „der falsche Weg“ sei. Die Pläne von SPD und Union nannte er „fatal“.
Linke: Beenden Sie diesen Irrsinn
Christian Görke, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Gruppe Die Linke, wies darauf hin, dass der 18. März, das geplante Datum der Verabschiedung der Grundgesetzänderung, auch das Datum der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestages sein könnte. SPD und Union gehe es um „finanzielle Beinfreiheit“. An zwei Werktagen würden Größenordnungen von zwei Bundeshaushalten durchgepeitscht. Friedrich Merz sei nicht nur ein Wendehals, sondern habe einen „gedrechselten Hals“. Und der SPD müsse der Kompass komplett verloren gegangen sein.
„Beenden Sie diesen Irrsinn, bevor Karlsruhe das übernimmt“, rief Görke den beiden Fraktionen zu. Es gebe eine demokratische Mehrheit für eine Reform der Schuldenbremse.
BSW: Illegitim und Wahlbetrug
Jessica Tatti, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Gruppe BSW, sprach vom „größten Aufrüstungsprogramm der bundesdeutschen Geschichte“. Es gehe um gigantische, unbegrenzte Aufrüstung. Damit würden die Lebensverhältnisse der Menschen nicht verbessert. Es gehe um militärische Ertüchtigung der Infrastruktur. Die Rentner würden noch ärmer sein, die Schulen in noch schlechterem Zustand, prophezeite sie.
Es gehe nicht um Kleinkram, fügte Tatti hinzu, sondern um Kriegskredite, und die SPD mache wieder mit wie 1914: „Es ist illegitim, was Sie hier machen.“ Dies lasse sich nicht mit Zeitdruck rechtfertigen. Trump habe schon lange gesagt, die militärische Unterstützung reduzieren zu wollen, argumentierte Tatti und sprach von „Wahlbetrug“. (vom/13.03.2025)