Dissens unter Fraktionen über Verkehrsetat als größten Investitionshaushalt
Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) kann im Haushaltsjahr 2025 mit Ausgaben in Höhe von 38,26 Milliarden Euro rechnen – knapp sechs Milliarden weniger als 2024. Das geht aus dem Einzelplan 12 im Entwurf des Haushaltsgesetzes 2025 (21/500) hervor, über den das Parlament am Dienstag, 8. Juli 2025, in erster Lesung gut eineinhalb Stunden lang debattiert hat. Der Etatplan für das Bundesministerium für Verkehr sieht Ausgaben für Investitionen in Höhe von 23,72 Milliarden Euro vor.
Weitere 11,71 Milliarden Euro für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sollen aus dem Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ kommen. Der Entwurf zum Einzelplan 12 soll nach den bis Freitag, 11. Juli 2025, andauernden Beratungen sämtlicher Einzelpläne des Bundes an den Haushaltsausschuss überwiesen werden. Als Einnahmen sind 14,23 Milliarden Euro anvisiert gegenüber 15,87 Milliarden Euro 2024. Davon sollen 13,37 Milliarden Euro auf die Lkw-Maut entfallen (2024: 15,14 Milliarden Euro). Die Ausgaben im Zusammenhang mit der Erhebung der Lkw-Maut werden auf 1,39 Milliarden Euro beziffert (2024: 1,3 Milliarden Euro).
Minister: Verkehrsausgaben werden neu strukturiert
In dieser Legislaturperiode stünden 166 Milliarden Euro für Verkehrsinvestitionen bereit, sagte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) zu Beginn der Debatte. Mehr als 100 Milliarden Euro davon seien für die Schiene eingeplant, 52 Milliarden Euro für die Bundestraßen und acht Milliarden Euro für die Bundeswasserstraßen. Verglichen mit den vergangenen fünf Jahren sei das eine Mittelsteigerung um mehr als 60 Prozent.
Mit dem Bundeshaushalt 2025 würden die Verkehrsausgaben aber auch neu strukturiert, sagte der Minister. Neben den Investitionsmitteln aus dem Einzelplan 12 gebe es „erhebliche Mittel“ aus dem Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“. Darüber hinaus gebe es Möglichkeiten im „Klima und Transformationsfonds“ wie auch „Ansätze im Verteidigungsetat“. Bei den Sondervermögen gebe es eine Konzentration auf das Bestandsnetz der Schiene, auf die Digitalisierung der Schiene sowie auf die Brückensanierungen. Damit gebe es nicht nur mehr Spielraum, sondern auch eine mehrjährige verlässliche finanzielle Grundlage für Investitionen „in unsere Schienen, Straßen und Brücken“, die von der Konjunktur unabhängig sei.
Ausblick auf Haushalt 2026
Ab dem Haushalt für das kommende Jahr 2026, so kündigte Schnieder an, müsse aber auch der Blick auf den Neubau von Straßen und Schienenwegen gerichtet werden. „Ziel muss es sei, dass wir Erhalt und Neubau ermöglichen“, sagte er. Um aber all die zusätzlichen Mittel schnell verbauen zu können, müssten Verfahren gestrafft und unnötige Bürokratie abgebaut werden.
Nicht alles werde „auf einen Schlag gehen“, sagte der Minister. „Wir stehen vor Jahren der Herausforderungen.“ Jede eröffnete Baustelle sorge erst einmal für Ärger. „Jede Baustelle heißt aber auch: Danach wird es besser“, betonte Schnieder.
AfD: Etat ist großer Verschiebebahnhof
Wolfgang Wiehle (AfD) erkannte im Verkehrsbereich nach dem Regierungswechsel indes Stillstand. Wenig verwunderlich, so Wiehle, wenn die Union trotz großer Versprechen „eine Ampel-Partei zum Koalitionspartner macht“. Die solide Finanzierung der Infrastruktur habe die „Schuldenkoalition“ ins völlige Gegenteil verkehrt. Obwohl die Lebensadern des Verkehrssystem „jetzt und in Zukunft“ die Straßen seien, fließe das meiste Geld woanders hin, „wie bei der Ampel“.
Wiehle verwies darauf, dass die Investitionen im Verkehrshaushalt um mehr als sechs Milliarden Euro gekürzt würden. Zwar gebe es aus den Sonderschulden neues Geld. Zusätzliche Investitionen seien das aber nur zu einem kleinen Teil. „Auf dem zweiten Blick ist das alles kein Befreiungsschlag, sondern ein großer Verschiebebahnhof“, befand der AfD-Abgeordnete.
SPD fordert Aufmerksamkeit für maritime Infrastruktur
Uwe Schmidt (SPD) sieht durch den Haushalt und seine Rekordinvestitionen hingegen wichtige Impulse für „wirtschaftliches Wachstum, zielgerichteten Klimaschutz und die Zukunft unseres Landes“ gesetzt. Rund 30 Prozent der Gesamtinvestitionen des Bundes gingen in das Verkehrssystem. „Das sind 33,5 Milliarden Euro an Investitionen in unsere Zukunft.“ Es werde gezielt investiert, entschlossen reformiert und mit Augenmaß konsolidiert. Zu reden sei noch über die „nur“ acht Milliarden Euro für die Bundeswasserstraßen, so Schmidt. „Das langt nicht aus“, befand er. Meine man es mit Nachhaltigkeit ernst, brauche die maritime Infrastruktur „mehr Aufmerksamkeit und deutlich stärkere Investitionen“.
Bei allem Investitionswillen behalte die Koalition aber auch die Haushaltsdisziplin im Blick, sagte der SPD-Abgeordnete. „Trotz Sondervermögen ist der Konsolidierungsdruck im Kernhaushalt hoch.“ Deshalb würden Prioritäten gesetzt. Investiert werde dort, wo es am nötigsten ist und jeder eingesetzte Euro spürbare Wirkung entfaltet.
Grüne: Zu wenig Geld für die Sanierung der Infrastruktur
Dr. Paula Piechotta (Bündnis 90/Die Grünen) warf der Bundesregierung vor, Versprechen gebrochen zu haben. Als am vorletzten Tag der vergangenen Wahlperiode mit den Stimmen ihrer Fraktion das Sondervermögen Infrastruktur beschlossen wurde, hätten Union und SPD versprochen, davon 300 Milliarden Euro über zehn Jahre „zusätzlich“ zur Sanierung der Infrastruktur einzusetzen. „Unter dem Strich bekommen wir aber nicht pro Jahr 30 Milliarden Euro zusätzlich, sondern lediglich fünf Milliarden Euro mehr“, sagte sie und urteilte: „Das ist ein verdammt niedriger Wirkungsgrad.“
Piechotta sprach von einem „Verrat an den Menschen in diesem Land“. Das könne auch der Minister nicht schönrechnen. In kein einziges Neubauprojekt im Bereich Schiene werde zusätzlich investiert. Trotz 300 Milliarden Euro Sondervermögen sei es zudem nicht gelungen, die 2022 beim Brückengipfel als Mindestbedarf genannten 5,5 Milliarden Euro für den Erhalt der Autobahnbrücken auszufinanzieren, bemängelte die Grünenabgeordnete.
Linke: Mittel aus dem Kernhaushalt verschoben
In die gleiche Richtung ging auch die Kritik von Sascha Wagner (Die Linke). Die 11,7 Milliarden Euro, die aus dem Sondervermögen für den Verkehr fließen sollen, seien eigentlich eine gute Sache. „Aber nur, wenn die Gelder, wie groß angekündigt, tatsächlich zusätzlich zur Verfügung gestellt werden.“ Stattdessen würden die Milliarden größtenteils nur aus dem Kernhaushalt verschoben„, bemängelte er. Billige Taschenspielertricks würden aber dem Ernst der Lage nicht gerecht.
Kein Verständnis hat Wagner für die Ankündigung des Verkehrsministers, künftig auch in den Neubau von Autobahnen investieren zu wollen. Autobahnen müssten in erster Linie erhalten werden. “Teure Aus- und Neubauprojekte hingegen braucht niemand„, sagte der Linken-Abgeordnete. Mehr Fahrspuren bedeuteten mehr Verkehr. Staus würden so nicht verringert, sondern langfristig verschärft.
Union: Erhalt der Infrastruktur vorantreiben
“Wir investieren kräftig in gute Straßen und eine pünktliche Bahn„, sagte Stephan Stracke (CDU/CSU). Es gehe darum, den Erhalt der Infrastruktur voranzutreiben. “Wir brauchen den Substanzerhalt. Wir brauchen aber auch den Neu- und Ausbau unserer Infrastruktur.„ Beides müsse gelingen, sagte Stracke in Übereinstimmung mit dem Verkehrsminister.
Für 2025, so Stracke weiter, könnten noch für rund eine Milliarde Euro baureife Projekte beauftragt werden. “Die Bagger sollen rollen – im Herbst und nicht erst im neuen Jahr.„ Es müsse der Grundsatz gelten. Alles, was baureif ist, alles, was beauftragt werden kann, solle auch gebaut werden. “Dafür wollen wir gemeinsam sorgen„, kündigte Stracke an. Die Bevölkerung wolle schließlich eine Verkehrsinfrastruktur, “die funktioniert und den Bedürfnissen der Menschen gerecht wird„.
Weniger Ausgaben für Bundesfernstraßen
Auf die Bundesfernstraßen entfallen Ausgaben von 10,82 Milliarden Euro (2024: 12,79 Milliarden Euro), davon 9,39 Milliarden Euro für Planung, Bau, Erhaltung und Betrieb (2024: 11,47 Milliarden Euro). Die Ausgaben der Autobahn GmbH des Bundes für Investitionen belaufen sich auf 3,63 Milliarden Euro (2024: 6,03 Milliarden Euro), die Ausgaben für Betrieb, Planungsleistungen und Verwaltung Jahr auf 2,08 Milliarden Euro (2024: 2,29 Milliarden Euro).
Für Bedarfsplanmaßnahmen an Bundesstraßen sind 756,52 Millionen Euro eingestellt (2024: 523,84 Millionen Euro), für den Erhalt der Bundesstraßen 1,49 Milliarden Euro (2024: 1,31 Milliarden Euro). Für Radwege an Bundesstraßen sollen wie bisher 120 Millionen Euro bereitgestellt werden.
Reduzierung der Trassenpreise
Für die Bundesschienenwege sind 12,6 Milliarden Euro vorgesehen – deutlich weniger als für 2024 (16,4 Milliarden Euro). Darin enthalten sind Baukostenzuschüsse für Investitionen in Höhe von 456,28 Millionen Euro nach 1,68 Milliarden Euro in diesem Jahr.
Für die Reduzierung der Trassenpreise im Schienengüterverkehr sind 275 Millionen Euro eingestellt (2024: 229,33 Millionen Euro), für die Reduzierung der Trassenpreise im Personenfernverkehr 105 Millionen Euro (2024: 145 Millionen Euro).
Der Infrastrukturbeitrag des Bundes für die Erhaltung der Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes (2024: 7,47 Milliarden Euro) wurde in das Sondervermögen “Infrastruktur und Klimaneutralität„ verschoben – ebenso wie die Mittel für die Ausrüstung der deutschen Infrastruktur und von rollendem Material mit dem Europäischen Zugsicherungssystem ERTMS (European Rail Traffic Management System) (2024: 1,08 Milliarden Euro).
Eigenkapital der Deutschen Bahn AG soll deutlich erhöht werden
Das Eigenkapital der Deutschen Bahn AG soll mit 8,48 Milliarden Euro aufgestockt werden (2024: 5,5 Milliarden Euro). Zusätzlich sieht der Entwurf ein Darlehen für Investitionen in die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes in Höhe von 3 Milliarden Euro vor.
Zwei Milliarden für den Verkehr in den Gemeinden
Zwei Milliarden Euro – und damit doppelt so viel wie 2024 – sollen im kommenden Jahr bereitgestellt werden, um die Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden zu verbessern. 1,11 Milliarden Euro gehen als Finanzhilfen an die Länder für Vorhaben der Schieneninfrastruktur des öffentlichen Personennahverkehrs (2024: 588,73 Millionen Euro). 888,9 Millionen Euro sind geplant als Investitionszuschüsse für Vorhaben des öffentlichen Personennahverkehrs und sollen an die Deutsche Bahn AG und Unternehmen, “die sich überwiegend in Bundeshand befinden„, gehen (2024: 411,27 Millionen Euro).
Die Bundeswasserstraßen sollen mit 1,99 Milliarden Euro bedacht werden im Vergleich zu 1,77 Milliarden Euro 2024. 895 Millionen Euro sind für Ersatz-, Aus- und Neubaumaßnahmen an Bundeswasserstraßen vorgesehen (2024: 724,76 Millionen Euro).
Das Sondervermögen “Infrastruktur und Klimaneutralität„ stellt zusätzlich zu den Ausgaben im Einzelplan 12 Mittel für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung. Insgesamt 37,24 Milliarden Euro stehen für 2025 aus dem Sondervermögen zur Verfügung. 11,71 Milliarden Euro davon sind als Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur eingeplant – 2,5 Milliarden Euro für die Erhaltung der Brücken im Bestandsnetz der Bundesautobahnen, 1,59 Milliarden Euro für die Ausrüstung der Schieneninfrastruktur mit dem Europäischen Zugsicherungssystem ERTMS und 7,62 Milliarden Euro als Baukostenzuschüsse für einen Infrastrukturbeitrag zur Erhaltung der Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes.(hau/08.07.2025)