Enquete-Kommission Corona

Enquete-Kommission hört Berichte aus Landtagen

Zeit: Montag, 22. September 2025, 14 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E 200

Die Enquete-Kommission „Aufarbeitung der Corona-Pandemie und Lehren für zukünftige pandemische Ereignisse“ hat sich in einem öffentlichen Fachgespräch am Montag, 22. September 2025, mit Vertreterinnen und Vertretern der Landtage über die Erfahrungen von Untersuchungsausschüssen und Enquete-Kommissionen in den Bundesländern bei der Aufarbeitung der Corona-Pandemie ausgetauscht. Verschiedene Landtage hatten bereits entsprechende Sondergremien eingerichtet - ihre bisherigen Antworten bildeten den Auftakt dieser öffentlichen Anhörung in Berlin.

Spannungsfeld zwischen Bund und Ländern

„Es gab ein spezifisches Spannungsfeld zwischen Bund und Ländern“, sagte Andreas Nowak (CDU), sächsischer Landtagsabgeordneter und Vorsitzender des dortigen Untersuchungsausschusses. „Die Länder waren am Drücker, die Maßnahmen durchzusetzen. Sie waren aber in informellen Runden mit der Bundeskanzlerin.“ Eine erste Einschätzung sei, künftig besser abgestimmter und gesetzlich normierter vorzugehen. Dies unterstrich auch Alexander Salomon (Bündnis 90/Die Grünen), baden-württembergischer Landtagsabgeordneter und Vorsitzender der dortigen Enquete-Kommission „Krisenfeste Gesellschaft“: Es sei diskutiert worden, dass nicht nur Regierungen über zu treffende Maßnahmen entscheiden sollten, „sondern auch Landtage“.

Risikobewertung, Früherkennung und Krisenbewältigung

Die Corona-Pandemie hat Staat und Gesellschaft in gesundheitlicher, wirtschaftlicher, sozialer und politischer Hinsicht vor enorme Herausforderungen gestellt. Um künftig besser auf Gesundheitskrisen vorbereitet zu sein, arbeitet die Enquete-Kommission des Bundestags interdisziplinär an der Frage, wie Risikobewertung, Früherkennung und Krisenbewältigung in künftigen Pandemien effektiver gestaltet werden können. Der Kommission gehören 14 Abgeordnete und 14 externe Sachverständige an.

Da die Kommission im Landtag in Stuttgart ihre Arbeit als erste bereits abgeschlossen hat und die anderen Gremien in den Ländern teilweise erst am Anfang stehen, wurden die meisten Fragen an Salomon adressiert. Er lobte die Auswirkungen des Kurzarbeitergeldes und kritisierte die Auswirkungen der einschränkenden Sicherheitsmaßnahmen für junge Generationen. „Für Kinder und Jugendliche wirkten diese nochmal mehr.“ Salomon verwies zum Beispiel auf geschlossene Spielplätze während der Lockdowns. „Kinder und Jugendliche waren massiv betroffen, da braucht es in Zukunft mehr Maßgabe.“ 

Auch gab Salomon konkrete Handlungsempfehlungen weiter: Gesundheit solle als „Health in all Policies“ integriert werden, es solle eine bessere Datensatz-Sammlung geben und alle Bevölkerungsgruppen sollten geschützt sowie eingebunden werden. Es habe etwa Ungleichheiten bei Gruppen wie Migranten oder Menschen mit Behinderungen gegeben. Mit Blick auf Impfungen sagte Salomon, „eine Handlungsempfehlung ist die Mehrsprachigkeit - es ist wichtig, glaubwürdige Ansprechpersonen in diese Gruppen hinein zu haben“.

Untersuchungsausschuss vs. Enquete-Kommission

Sina Schönbrunn (SPD) sprach sich dafür aus, staatliche Eingriffe sollten so gering wie möglich gehalten werden. „Zentrale Herausforderungen sind die unbefriedigende Datenlage und die begrenzte Flexibilität beim Personal“, sagte die brandenburgische Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der dortigen Enquete-Kommission mit Blick auf Pflegekräfte. Die Bundestagsabgeordnete Dr. Paula Piechotta (Bündnis 90/Die Grünen) bemerkte, dass vor allem ostdeutsche Landtage Untersuchungsausschüsse zum Thema eingesetzt hätten. „Reichen die Enquete-Kommissionen nicht für eine friedensstiftende Aufarbeitung?“ 

Lena Saniye Güngör (Die Linke) beantwortete diese Frage aus thüringischer Perspektive. „Für Thüringen war es relevant, dass wir beide Gremien hatten“, sagte die Vorsitzende des dortigen Untersuchungsausschusses. „Eine Enquete-Kommission kann, was ein Untersuchungsausschuss nicht kann“, sagte sie mit Blick auf Themenkomplexe wie Resilienz in Familien, soziale Ungleichheit oder Krisenkommunikation. „Eine Enquete-Kommission kann den eigenen Auftrag konkretisieren.“

Yanki Pürsün (FDP) wünschte der Enquete-Kommission des Bundestags, dass sie umfassend und konstruktiv aufarbeitet, mit dem Ziel „einer größeren Akzeptanz in der Bevölkerung für Maßnahmen der Politik“, so der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses im hessischen Landtag. Und Salomon gab aus Stuttgart auch einen Wunsch auf den Weg: Man könne probieren, die Spaltung der Gesellschaft „ein wenig zu überwinden“. (jr/23.09.2025)