„Odyssee einer Urkunde“ macht Stopp in der Bundesstadt Bonn
Auf ihrer Wanderschaft durch die drei Verfassungsstädte Frankfurt am Main, Bonn und Weimar ist die Bundestagsausstellung „Odyssee einer Urkunde“ derzeit im Bonner Museum Koenig zu sehen. 75 Jahre nach Verkündung des Grundgesetzes wird nun auch hier die abenteuerliche Geschichte dargestellt, die die Verfassungsurkunde der 100 Jahre zuvor verabschiedeten ersten gesamtdeutschen Verfassung von 1849 nahm.
Die Bürgermeisterin der Bundesstadt Bonn Dr. Ursula Sautter und der kaufmännische Geschäftsführer des Museums König Adrian Grüter eröffneten die Ausstellung am Mittwoch, 28. August 2024, in dem Gebäude, in dem am 1. September 1948 die Eröffnungsfeier des Parlamentarischen Rates stattfand. Beide griffen in ihrer Begrüßung die Verbindungslinien zwischen 1848/49 und 1948/49 auf und betonten so wie Stephan Zänker vom Vorstand der Gesellschaft zur Erforschung der Demokratie-Geschichte (GEDG) die Bedeutung des Wissens um die deutsche Parlaments- und Demokratiegeschichte für die politische Kultur.
Nächste Station in Weimar
Die Wanderausstellung ist in Bonn noch bis Sonntag, 27. Oktober 2024, zu sehen. Am Donnerstag, 7. November 2024, wird die Ausstellung schließlich im Nationaltheater Weimar Station machen – dort, wo 1919 die erste republikanische Verfassung erarbeitet und verabschiedet wurde.
Paulskirchenverfassung für einen Tag „zu Hause“
Am Montag, 18. März 2024, war die erste gesamtdeutsche Verfassung nach 175 Jahren an ihren Ursprungsort zurückgekehrt – wenn auch nur für einen Tag. Die in der Revolution 1848/49 von der Nationalversammlung erarbeitete Reichsverfassung war damit erstmals seit ihrer Verabschiedung wieder in der Frankfurter Paulskirche zu sehen gewesen.
Anlässlich der Eröffnung der Bundestagsausstellung im Beisein von Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Gruppe Die Linke) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ermöglichte das Deutsche Historische Museum in Berlin, in dessen Obhut sich das überaus fragile Dokument heute befindet, einen Tag lang den Blick auf die Unterschriften der 405 Abgeordneten, die sich 1849 zu Freiheit und Einheit bekannten. In der Ausstellung wird seither ein Faksimile gezeigt.
Parlamentstraditionen und aktuelle Gefährdungen
Der Historiker Prof. Dr. Christian Jansen von der GEDG schlug bei der Ausstellungseröffnung in Frankfurt den Bogen von den Anfängen des deutschen Parlamentarismus, für deren kritische Kontextualisierung er warb, zu den Gefährdungen der Demokratie heute – von außen, aber auch aus ihrem Innern. Vizepräsidentin Pau erinnerte an den 18. März 1990, die ersten freien Volkskammerwahlen in der DDR und an die Verfassungsdebatten im Einigungsjahr und resümierte, der beste Verfassungsschutz seien engagierte Bürgerinnen und Bürger und couragierte Parlamentarier.
Als Vertreterin des „Verfassungsressorts“ hob Bundesinnenministerin Faeser mit Blick auf die Ausstellung hervor, dass es ihr gelänge, Verfassungsgeschichte lebendig zu machen. Sie unterstrich die verfassungsrechtlichen Kontinuitäten von 1849 über 1919 (Weimarer Reichsverfassung) bis 1949. Das Grundgesetz sei, so Faeser, „die Enkelin der Paulskirchenverfassung“. Ihre Begeisterung, dass die wertvolle Originalurkunde nun für einen Tag „nach Hause“ gekommen sei, teilte sie mit Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef, der als Hausherr in der Paulskirche unterstrich, wie prägend die Geschichte dieses national bedeutsamen Ortes für die Stadt Frankfurt sei.
Spannend wie ein Krimi
Die Ausstellung, in die Kurator Dr. Klaus Seidl von den Wissenschaftlichen Diensten des Deutschen Bundestages einführte, erzählt teils spannend wie ein Krimi von der abenteuerlichen Geschichte der Verfassungsurkunde. Sie würdigt die Arbeit der Parlamentarier und zeichnet entlang der Objektgeschichte nach, wie die Deutschen sich in ganz unterschiedlichen politischen Systemen mit ganz unterschiedlichen Narrativen auf die Revolution bezogen. Indem ein großer parlamentarischer Kompromiss zwischen Liberalen und gemäßigten Demokraten die Verfassung überhaupt erst ermöglichte, manifestiert sich für Dr. Seidl in der Pergamenturkunde „eine bleibende Sternstunde des Parlamentarismus – auch wenn sich die Verfassung letztlich nicht verwirklichen ließ“.
Die Wanderausstellung basiert auf der in den Wissenschaftlichen Diensten des Bundestages erarbeiteten Ausstellung, die 2023 im Reichstagsgebäude in Berlin zu sehen war. Gefördert vom Bundesministerium des Innern und für Heimat und umgesetzt von der GEDG tourt die Ausstellung 2024 durch die deutschen Verfassungsstädte.
In der Frankfurter Paulskirche war sie vom 19. März bis zum 3. Mai 2024 täglich zu sehen (außer bei geschlossenen Veranstaltungen). Am 28. März fanden anlässlich des Jahrestages der Verabschiedung der Verfassung vor 175 Jahren in einer Kooperation mit der Bundesstiftung „Orte der Demokratiegeschichte“ Führungen durch die Ausstellung statt.
Weitere Station der Wanderausstellung war 2024 das Demokratiefest zum Staats- und Grundgesetzjubiläum vom 23. bis 26. Mai in Berlin. (hs/02.09.2024)