Die Bundestagswahl vom 26. September 2021 wird in 431 Berliner Wahllokalen wiederholt werden. Der Bundestag hat am Donnerstag, 10. November 2022, eine entsprechende Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsausschusses (20/4000) gebilligt. Für den Vorschlag des Ausschusses stimmten in namentlicher Abstimmung 374 Abgeordnete. 252 votierten dagegen, 31 enthielten sich. Bei der Bundestagswahl 2021 war es in der Hauptstadt zu zahlreichen Wahlpannen gekommen. So fehlten mancherorts Stimmzettel und teilweise blieben Wahllokale auch bis nach 18 Uhr geöffnet.
Wie aus der Beschlussvorlage zu 1.713 Wahleinsprüchen hervorgeht, entschied sich der Wahlprüfungsausschuss mit den Stimmen der Koalitionsmehrheit von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der CDU/CSU- und der AfD-Fraktion für eine „Wiederholung in Wahlbezirken mit nachgewiesenen Vorfällen in allen Berliner Wahlkreisen“. Dabei soll in den betroffenen Wahlbezirken sowohl die Erst- als auch die Zweitstimmenwahl wiederholt werden.
Union stellt sich gegen Koalitions-Vorschlag
Die CDU/CSU-Fraktion hatte ihr Stimmverhalten damit begründet, sich für eine komplette Wiederholung der Zweitstimmenwahl in den sechs vom Bundeswahlleiter angefochtenen Berliner Wahlkreisen auszusprechen. Dabei sei in Reinickendorf und Pankow zusätzlich auch die Erststimmenwahl zu wiederholen. Darüber hinaus sei nach ihrer Überzeugung auch in den anderen sechs Berliner Wahlkreisen eine Wiederholung der Zweitstimmenwahl erforderlich, dort allerdings nur in den Wahlbezirken mit nachgewiesenen Wahlfehlern.
Angesichts der „zahlreichen und erheblichen Wahlfehler, die in Berlin unstreitig stattgefunden haben“, reiche eine auf einzelne Wahlbezirke beschränkte Wahlwiederholung nicht aus. Der Vorschlag der Koalition, „mit Verweis auf angebliche Verhältnismäßigkeitserwägungen nur in gut 400 Wahlbezirken neu wählen zu lassen“, werde „dem Berliner Wahlchaos nicht ansatzweise gerecht“.
AfD: Unregelmäßigkeiten mit Mandatsrelevanz
Für die AfD-Fraktion steht hingegen fest, dass die Bundestagswahl in jedem Fall in sechs der zwölf Wahlkreise in Berlin insgesamt, das heißt mit Erst- und Zweitstimme, zu wiederholen wäre. In Anlehnung an den Wahleinspruch und Antrag des Bundeswahlleiters gehe sie von einer Mandatsrelevanz der dort festgestellten Unregelmäßigkeiten und Verstöße aus. Auch in den sechs Wahlkreisen, in denen es an hinreichenden Mitteilungen über Unregelmäßigkeiten fehle, sei davon auszugehen, dass sich die Organisationsmängel dort in gleicher Weise niedergeschlagen hätten. Auch hier gebiete der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kein Absehen von einer vollständigen Wahlwiederholung.
Die „von der Regierungsmehrheit erzwungene Entscheidung, im Wesentlichen nur in den Wahlbezirken mit einer nachgewiesenen hohen Anzahl an Unregelmäßigkeiten die Wahl zu wiederholen“, sei nicht geeignet, „das Vertrauen der Bürger in Wahlen und in die Demokratie wiederherzustellen“.
Der Wahlprüfungsausschuss
Die Wahlprüfung ist Sache des Bundestages (Artikel 41 des Grundgesetzes). Er entscheidet über die Gültigkeit der Wahlen zum Deutschen Bundestag und die Verletzung von Rechten bei der Vorbereitung oder Durchführung der Wahl (Paragraf 1 des Wahlprüfungsgesetzes). Gleiches gilt für die Wahl der deutschen Mitglieder des Europäischen Parlaments (Paragraf 26 des Europawahlgesetzes). Die Entscheidung des Plenums wird vom Wahlprüfungsausschuss vorbereitet.
Jeder Wahlberechtigte kann innerhalb von zwei Monaten nach dem Wahltag Einspruch gegen die Wahl einlegen und so die Vorbereitung und Durchführung der Wahl auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen lassen. Gegen die Entscheidung des Parlaments kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden. (sto/ste/10.11.2022)