Der Bundestag hat am Donnerstag, 2. Juli 2020, in Reaktion auf die Corona-Krise das zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2020 (19/20000) in der vom Haushaltsausschuss geänderten Fassung (19/20600, 19/20601) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, gegen die Stimmen von AfD, FDP und Linken bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen beschlossen. Der zweite Nachtragshaushalt 2020 sieht Ausgaben in Höhe von 24,04 Milliarden Euro vor und dient vor allem der Finanzierung des mit dem zweiten Corona-Steuerhilfegesetz verabschiedeten „Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets“ der Koalitionsfraktionen.
Der erste Nachtragshaushalt 2020, den der Bundestag am 25. März beschlossen hatte, sah zusätzliche Ausgaben von 122,487 Milliarden Euro vor. Der ursprüngliche Bundeshaushalt 2020 umfasste Ausgaben von 362 Milliarden Euro, sodass insgesamt in diesem Jahr 508,53 Milliarden Euro ausgegeben werden können. Die Nettokreditaufnahme steigt gegenüber dem ersten Nachtrag um weitere 61,785 Milliarden Euro auf 217,772 Milliarden Euro.
Entschließungsanträge der Opposition abgelehnt
Ein Entschließungsantrag der AfD-Fraktion (19/20739) wurde in namentlicher Abstimmung mit 87 Ja-Stimmen, 580 Nein-Stimmen bei drei Enthaltungen abgelehnt. Weitere Entschließungsanträge der FDP (19/20740; 19/20741), der Fraktion Die Linke (19/20742) und von Bündnis 90/Die Grünen (19/20743) wurden ebenfalls abgelehnt. Der Bundesrat hatte in seiner Stellungsnahme zu dem Gesetzentwurf keine Einwendungen erhoben (19/20001).
Der für den Nachtragshaushalt erneut notwendigen Überschreitung der Obergrenze der jährlichen Nettokreditaufnahme gemäß Artikel 115 des Grundgesetzes stimmten die Abgeordneten auf Antrag von CDU/CSU und SPD (19/20128) in namentlicher Abstimmung mit 388 Ja-Stimmen, 173 Nein-Stimmen bei 119 Enthaltungen zu. Dazu lag eine Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses vor (19/20716).
Angenommen wurde mit Stimmen von CDU/CSU, SPD und Linksfraktion bei Enthaltung von FDP und Grünen und Gegenstimmen der AfD der Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD „über begleitende Maßnahmen zur Umsetzung des Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets“ (19/20057) in der vom Haushaltsausschuss beschlossenen Fassung (19/20717). Dieser hatte am Vortag eine Reihe von Änderungen am Regierungsentwurf beschlossen. Der Ausgabenansatz fällt damit um 760 Millionen Euro, die Nettokreditaufnahme 750 Millionen Euro geringer aus. Bereits am 29. Juni 2020 hatte der Bundestag die steuerlichen Aspekte des Konjunkturpakets (zweites Corona-Steuerhilfegesetz) beschlossen.
Bundesregierung will in die Zukunft investieren
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte in der Debatte, es gehe nun darum, dafür zu sorgen, „dass die Konjunktur wieder anspringt“. Das sei das Ziel des zweiten Pakets. Der Finanzminister betonte, dass dabei in die Zukunft investiert werde.
Dazu zählt Scholz auch den Ausbau der Ganztagsbetreuung für Kinder. Zwei Dinge würden aber nicht gemacht: „Wir werden gegen diese Krise nicht ansparen“, sagte Scholz. Der Sozialstaat werde zudem nicht angetastet, sondern ausgebaut. Scholz warb zudem für die finanzielle Unterstützung der Kommunen.
AfD kritisiert „verfassungswidrigen“ Nachtragsetat
Für die AfD-Fraktion kritisierte Peter Boehringer den zweiten Nachtragshaushalt als verfassungswidrig. „Das Grundgesetz wird missbraucht zum uferlosen Schuldenmachen“. Es bestehe keine Notsituation im Sinne von Artikel 115 des Grundgesetzes.
Vermutlich habe nie eine „epidemische Notlage“ bestanden, meinte Boehringer hinsichtlich der Corona-Pandemie. Die staatliche Überreaktion habe zur größten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit geführt. Die nun notwendigen Mehrausgaben könnten ohne Nachtrag finanziert werden, sagte Boehringer mit Verweis auf die vorhandene Rücklage.
CDU/CSU lobt Unterstützung der Wirtschaft
Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) sprach von einem „Super-Ergebnis“. Er verwies auf die Stabilisierung von Sozialbeiträgen sowie die Unterstützung der Wirtschaft. Grundsätzlich mahnte Rehberg die Bundesregierung, in den kommenden Jahren auf Haushaltsdisziplin zu achten. Sonst würde sich die Frage stellen, ob Deutschland künftig noch der Bonitätsanker in Europa sein werde.
„Wir müssen auch in Zukunft Maß und Mitte behalten“, forderte Rehberg. Kritik übte der Haushaltspolitiker an den Gesetzentwürfen aus dem Finanzministerium zur Entlastung der Kommunen. Man sei davon noch nicht überzeugt, da nicht sichergestellt sei, dass die Mittel tatsächlich auch bei den Kommunen ankommen werden.
FDP kritisiert „Schuldenberg“
Christian Dürr (FDP) stellte wie Boehringer die Verfassungsmäßigkeit des Nachtragshaushalts in Frage und verwies auf eine Stellungnahme des Bundesrechnungshofes. Er verstehe nicht, warum die Union „zum Helfershelfer eines möglichen Verfassungsbrechers“ werde. Das sei ein „gigantischer Fehler“.
Die FDP-Fraktion habe Vorschläge unterbreitet, wie Bürger entlastet werden könnten, ohne diese Schulden zu machen. Dazu gehöre, die Rücklage von rund 48 Milliarden Euro zu nutzen. Der AfD-Fraktion warf Dürr vor, keine eigenen Anträge vorgelegt zu haben und nicht zu arbeiten.
Linke fordert Mindestlohn von zwölf Euro
Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) kritisierte, dass von den geplanten Maßnahmen bei den Menschen, die in Armut leben, wenig bis gar nichts ankomme. Sie schlug unter anderem einen Mindestlohn von zwölf Euro vor und forderte eine Ausweitung des Kurzarbeitergeldes.
Grundsätzlich müsse zudem die Schuldenbremse aus dem Grundgesetz gestrichen werden, sagte die Linken-Abgeordnete. Nachgelegt werden müsse zudem bei der Unterstützung für Solo-Selbstständige und Studierende, meinte Lötzsch. Dafür könne bei Rüstungsprojekten gespart werden. Zudem forderte die Haushaltspolitikerin eine Vermögensabgabe.
Grüne: Klimakrise intensiver bekämpfen
Sven-Christian Kindler (Bündnis 90/Die Grünen) warb für eine differenzierte Beurteilung von Konjunkturpaket und Nachtragshaushalt. Insgesamt sei das Paket besser als befürchtet, meinte der Grünen-Haushälter. Man habe allerdings einen sehr niedrigen Erwartungshorizont gehabt.
Es sei aber zu viel Gegenwart und zu wenig Zukunft enthalten, sagte Kindler mit Blick auf die Bekämpfung der Klimakrise. Zudem habe das Konjunkturpaket eine „soziale Schieflage“. Dass es keine Abwrackprämie geben wird, freute Kindler. Es sei ein großer Erfolg der Klimabewegung, „dass die Auto-Lobby nicht mehr mit jedem Schwachsinn durchkommt“.
SPD sieht Parlamentsrechte gestärkt
Für die SPD-Fraktion sagte Dennis Rohde, dass man aus einem guten noch einen „besseren Nachtrag“ gemacht habe. Er hob etwa die Unterstützung von semiprofessionellen Sportarten, gemeinnützigen Einrichtungen wie Schullandheimen und Schaustellern hervor. Zudem seien die Parlamentsrechte gestärkt worden.
Auch auf die Probleme in der Fleischindustrie werde eingegangen, indem der Ansatz für Aufklärungsprogramme für insbesondere Rumänen und Bulgaren erhöht worden sei. Zudem schaffe man die Basis für die Grundlagenforschung zu Rassismus. Dafür habe es bislang keine institutionelle Bundesförderung gegeben.
Zweites Nachtragshaushaltsgesetz
Um kurzfristig konjunkturelle Impulse zu setzen und Folgen der Krise zu bewältigen, werden mit dem zweiten Nachtragshaushalt neben steuerlichen Entlastungen vor allem 25 Milliarden Euro für Überbrückungshilfen zur Existenzsicherung kleiner und mittelständischer Unternehmen, drei Milliarden Euro von insgesamt zehn Milliarden Euro für vorgezogene Investitionen, zwei Milliarden Euro für den Ausbau von Ganztagsschulen, Ganztagsbetreuung und Kindertagesbetreuung und weitere 250 Millionen Euro zu Unterstützung regionaler Wirtschaftsstrukturen bereitgestellt.
Die Finanzkraft der Länder und Kommunen soll durch Mittel für die Kompensation von Gewerbesteuerausfällen, zur Unterstützung bei der Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs und für die höhere Übernahme von Kosten der Unterkunft in der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestärkt werden. Zur Verbesserung der Liquiditätssituation des durch Beitragsmindereinnahmen und Mehrausgaben stark belasteten Gesundheitsfonds und der sozialen Pflegeversicherung will der Bund kurzfristig ergänzende Bundeszuschüsse in Höhe von 5,3 Milliarden Euro zahlen.
Begleitgesetz von CDU/CSU und SPD
Um die Zweckbestimmung für die Unterstützung des weiteren Ausbaus der Mobilfunkinfrastruktur zu erweitern, sieht das Begleitgesetz (19/20057) eine Änderung des Gesetzes zur Errichtung des Sondervermögens „Digitale Infrastruktur“ (Digitalinfrastrukturfondsgesetz) vor. Dazu werden im Sondervermögen bis 2025 zusätzlich fünf Milliarden Euro, abzüglich der Verwaltungskosten der Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft, bereitgestellt.
Damit die Länder und Gemeinden die Aufgaben beim Ausbau der Kindertagesbetreuung besser bewältigen können, unterstützt sie der Bund durch weitere Finanzhilfen für Investitionen in zusätzliche Betreuungsplätze und deren Ausstattung und stellt dafür in den Jahren 2020 und 2021 eine Milliarde Euro bereit. Die gemeinsame Finanzierung durch Bund und Länder von 90.000 zusätzlichen Plätzen für Kinder von der Geburt bis zum Schuleintritt wird mit der Änderung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder (Artikel 2) und des Kinderbetreuungsfinanzierungsgesetzes (Artikel 3) umgesetzt, heißt es im Gesetzentwurf.
Die durch die Covid-19-Pandemie hervorgerufenen konjunkturellen Auswirkungen hätten den Strommarkt deutlich beeinträchtigt, schreiben die Fraktionen. Um Belastungen der daraus resultierenden nachteiligen Auswirkungen auf die Stromverbraucher zu vermeiden und um rasch einen konjunkturellen Impuls zu setzen, solle die Möglichkeit geschaffen werden, durch Ausgleichsleistungen die EEG-Umlage zurückzuführen.
Koalitionsentwurf zur Grundgesetzänderung
Zwei neue Gesetzentwürfe von CDU/CSU und SPD zur Änderung der Artikel 104a und 143h des Grundgesetzes (19/20595) sowie zur finanziellen Entlastung der Kommunen und der neuen Länder (19/20598) wurden im Anschluss an die erste Lesung zur federführenden Beratung an den Haushaltsausschuss überwiesen. Die Koalitionsfraktionen wollen die beiden Grundgesetz-Artikel ändern, um Kommunen und Städte wegen der Corona-Pandemie finanziell zu entlasten.
Die erste Änderung betrifft die geplante Erhöhung der Bundesbeteiligung an den Leistungen für Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Diese soll auf bis zu 74 Prozent angehoben werden. Um auszuschließen, dass damit eine Bundesauftragsverwaltung eintritt, soll laut Entwurf der Artikel 104a Absatz 3 des Grundgesetzes ergänzt werden. Demnach würde in diesem Fall die Bundesauftragsverwaltung erst dann greifen, wenn der Bund 75 Prozent oder mehr der Ausgaben trägt – und nicht schon ab der Hälfte der Ausgaben, wie es bisher allgemein geregelt ist.
Die zweite Änderung sieht die Einfügung eines neuen Artikels 143h vor. Damit wollen die Koalitionsfraktionen ermöglichen, dass den Kommunen und Städten in diesem Jahr einmalig die Mindereinnahmen bei den erwarteten Gewerbesteuereinnahmen ausgeglichen werden können. Daran sollen sich Bund und Länder beteiligen. Artikel 143h soll am 31. Dezember 2020 wieder außer Kraft treten.
Koalitionsentwurf zur Entlastung von Kommunen
Mit dem Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD „zur finanziellen Entlastung der Kommunen und der neuen Länder“ (19/20598) sollen den Städten und Gemeinden in diesem Jahr die Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer pauschal von Bund und Ländern ausgeglichen werden. Zweitens soll der Bund dauerhaft bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende künftig bis zu 74 Prozent übernehmen. Drittens sollen ostdeutsche Länder bei den Aufwendungen der Rentenversicherung aus den Zusatzversorgungssystemen der ehemaligen DDR entlastet werden.
Als Begründung für die alle Kommunen und Städte betreffenden Änderungen führen die Koalitionsfraktionen an, dass Deutschland „handlungsfähige und leistungsstarke Kommunen“ brauche. Dies gelte, „erst recht in einer Krisensituation“. Die Entlastung der ostdeutschen Bundesländer begründet die Koalition mit der dadurch zu erzielenden Verbesserung der finanziellen Spielräume der betroffenen Länder.
Mehrausgaben von über sechs Milliarden Euro
Der pauschale Ausgleich der Mindereinnahmen wird den Bundeshaushalt laut Entwurf mit 6,134 Milliarden Euro belasten. Der Beitrag enthält die Wirkungen der erwarteten Gewerbesteuermindereinnahmen auf die Bundesergänzungszuweisungen. Auf die Haushalte der Länder kommen den Angaben zufolge Mehrausgaben in Höhe von 4,834 Milliarden Euro zu. Die Entlastung der Kreise und kreisfreien Städte – und entsprechende Mehrausgaben im Bundeshaushalt – durch die erhöhte Bundesbeteiligung an den Leistungen für Unterkunft und Heizung wird im Entwurf mittelfristig mit rund 3,4 Milliarden Euro pro Jahr taxiert. Für 2020 seien die Mehrausgaben aufgrund der dynamischen Entwicklung der Zahl der Leistungsberechtigten durch die Corona-Pandemie nicht belastbar zu qualifizieren.
Laut Entwurf wird die Beteiligung des Bundes im Schnitt um 25 Prozentpunkte angehoben. Die gesetzliche Obergrenze von 74 Prozent – bisher 49 Prozent – bezieht sich den Angaben zufolge auf die bundesweiten Ausgaben. Es sei daher nicht auszuschließen, „dass sich der Bund in einzelnen Ländern auch mit deutlich mehr als 75 Prozent an den Leistungen für Unterkunft und Heizung beteiligen wird“. Eine Bundesauftragsverwaltung soll ausgeschlossen werden.
Die ostdeutschen Länder soll durch eine Änderung im Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz entlastet werden. Der Bund soll demnach 50 statt bisher 40 Prozent der entsprechenden Aufwendungen übernehmen. Für 2021 rechnet die Koalition mit einer Entlastung der ostdeutschen Länder von 343 Milliarden Euro, die als Mehrausgabe im Bundeshaushalt anfällt. 2024 soll sie 366 Millionen Euro betragen.
Antrag von CDU/CSU und SPD
Wie es im Antrag von CDU/CSU und SPD für einen Bundestagsbeschluss gemäß Artikel 115 Absatz 2 Satz 6 und 7 des Grundgesetzes (19/20128) heißt, seien staatliche Maßnahmen in erheblichem Umfang erforderlich, um die Folgen der Krise schnell zu überwinden und gleichzeitig einen Modernisierungsschub auslösen zu können. Auf Grund des Ausmaßes der Krise bestehe weiterhin eine außergewöhnliche Notsituation im Sinne von Artikel 115 Absatz 2 Satz 6 des Grundgesetzes. Der zweite Nachtragshaushalt 2020 sehe zur Finanzierung dieser Maßnahmen eine Aufnahme von Krediten vor, die die Regelgrenze des Grundgesetzes um 118,741 Milliarden Euro überschreitet. Die Voraussetzungen für die Überschreitung der Obergrenze lägen gemäß Artikel 115 Absatz 2 Satz 6 des Grundgesetzes vor, heißt es.
Daher solle der Bundestag folgenden Tilgungsplan beschließen: Die im Bundeshaushalt 2020 aufgrund der Ausnahmeregelung gemäß Artikel 115 Absatz 2 Satz 6 des Grundgesetzes aufgenommenen Kredite zur Finanzierung seiner Ausgaben werden ab dem Bundeshaushalt 2023 sowie in den folgenden 19 Haushaltsjahren in Höhe von jeweils einem Zwanzigstel des Betrages der Kreditaufnahme, der nach Abschluss des Bundeshaushalts 2020 die nach Artikel 115 Absatz 2 Satz 2 und Satz 3 des Grundgesetzes zulässige Verschuldung überstiegen hat, zurückgeführt.
Oppositionsanträge abgelehnt
Des Weiteren haben die Abgeordneten zahlreiche Anträge der Oppositionsfraktionen abgelehnt. Zum Antrag der AfD-Fraktion „Deutscher Automobilindustrie zeitnah helfen, Bahnrettung statt Konzernrettung, Berichte des Bundesrechnungshofs auch in der Krise beachten und umsetzen“ (19/20072) und den Anträgen der Linksfraktion „Fahrradprämie für alle“ (19/19488) und „Rettungsschirm und Zukunftsoffensive für den öffentlichen Nahverkehr“ (19/20031) lagen Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur vor (19/20658; 19/20539; 19/20719) vor.
Ebenfalls abgelehnt wurden zwei weitere Anträgen der Fraktion Die Linke mit den Titeln „Förderzeiträume des Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes verlängern“ (19/19016) und „Kennzeichnungspflicht für Corona-Staatshilfen“ (19/20034), zu denen der Haushaltsausschuss Beschlussempfehlungen abgegeben hatte (19/20724; 19/20723). Der Linken-Antrag „Umfassender Flüchtlingsschutz angesichts der Corona-Pandemie“ (19/18685) wurde gemäß Beschlussempfehlung des Innenausschusses (19/19590) abgelehnt. Der Antrag der Linken „Clubs und Festivals über die Corona-Krise retten“ (19/20027) wurde ebenfalls gemäß Beschlussvorlage des Ausschusses für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen (19/20721) abgelehnt. Gegen den Linken-Antrag „Kein Konjunkturpaket für die Rüstungsindustrie“ (19/20036) wurde gemäß Beschlussempfehlung des Verteidigungsausschusses (19/20635) votiert.
Abgelehnt wurden darüber hinaus zwei Anträge der Grünen mit den Titeln „Zukunftspakt für einen sozial-ökologischen Aufbruch aus der Krise“ (19/19549) und „Selbstständige unterstützen – Aktiven Mittelstand wertschätzen“ (19/19490) sowie ein Antrag der FDP mit dem Titel „Corona-Hilfen für Selbständige, Freiberufler und Freelancer – Überbrückungshilfen pragmatisch ausgestalten, Deckung des Lebensunterhalts gewährleisten“ (19/20049). Zur Abstimmung hatte der Wirtschaftsausschuss Beschlussempfehlungen abgegeben (19/20712; 19/20669).
Gegen einen weiteren Antrag der Grünen mit dem Titel „Rettungsschirm Zivilgesellschaft – Jetzt Soforthilfe für kleine und gemeinnützige Organisationen aufgrund der Covid-19-Pandemie schaffen“ (19/18709) stimmte der Bundestag gemäß der Beschlussempfehlung des Familienausschusses (19/19546).
Abgelehnter Antrag der AfD
Für den Kauf neu zugelassener Kraftfahrzeuge sollte nach den Vorstellungen der AfD-Fraktion ab 1. Juli 2020 dauerhaft der ermäßigte Umsatzsteuersatz erhoben werden, um private Endkunden zu entlasten und diese zu einer Kaufentscheidung im zweiten Halbjahr 2020 zu bewegen. In ihrem Antrag (19/20072) wurde zudem die Abschaffung aller Förderprämien für den Autokauf, „die einem technologieneutralen Vorgehen widersprechen“, insbesondere bei der Förderung von batterieelektrisch angetriebenen Fahrzeugen, gefordert. Außerdem sollte sich die Bundesregierung der Vorlage zufolge auf europäischer Ebene für eine Aussetzung der „unerfüllbaren EU-Festlegungen für den Flottenverbrauch“ einsetzen. Gleichzeitig müssten auch die Kohlendioxid-Grenzwerte für Pkw auf realistische 130 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer festgelegt werden.
In dem Antrag kritisierte die AfD-Fraktion auch die geplanten Hilfen für die Deutsche Bahn AG (DB AG). Die Bundesregierung wurde aufgefordert, „sich dem Gesamtsystem Eisenbahn verpflichtet zu fühlen, nicht jedoch allein einem staatseigenen Konzern, der sich weltweiten wirtschaftlichen Risiken aussetzt“. Die Konstruktion eines „weltumspannenden Logistik-Kombinats“ sei durch Verkauf der Auslandsaktivitäten der DB AG zu beenden, wurde verlangt. „Nur die der deutschen Volkswirtschaft dienenden Unternehmensteile dürfen durch deutsches Steuergeld gerettet werden“, schreibt die AfD-Fraktion.
Abgelehnter Antrag der FDP
Die FDP-Fraktion thematisierte die Lage Selbstständiger und Freiberufler in ihrem Antrag (19/20049). Derzeit festige sich der Eindruck, diese Berufsgruppen seien für die Bundesregierung Erwerbstätige zweiter Klasse, erklärten die Abgeordneten.
Sie forderten sofortige Überbrückungshilfen, die analog der Sonderregelungen beim Kurzarbeitergeld bis Jahresende gelten sollten. Dabei müsse die Deckung der Lebensunterhaltskosten in angemessener Höhe ermöglicht werden.
Abgelehnter erster Antrag der Linken
Die Linke forderte in ihrem ersten Antrag (19/20027) die Bundesregierung auf, ein Corona-Nothilfeprogramm für Clubs und Festivals aufzulegen. Musik-Clubs und -Festivals sollten als Kultureinrichtungen anerkannt werden. Das beinhalte die bau- und steuerrechtliche Gleichstellung mit Programmkinos, Theatern oder Konzerthäusern.
Die Fraktion wollte ferner ein Kündigungsmoratorium für die gesamte Dauer der Corona-Pandemie. Das bis zum Ende Juni 2020 befristete Kündigungsmoratorium solle bis mindestens zum Ende der Pandemie verlängert werden.
Abgelehnter zweiter Antrag der Linken
In ihrem zweiten Antrag (19/20036) forderte die Linksfraktion eine Änderung des vom Koalitionsausschuss der Bundesregierung beschlossenen Konjunkturpakets. Der Bundestag solle es ablehnen, neue Rüstungsprojekte in Höhe von bis zu zehn Milliarden Euro vorzuziehen, da diese Mittel angesichts der Corona-Krise anderweitig benötigt würden.
Die Linke forderte die Streichung neuer Rüstungsprojekte aus der Liste der jetzt vorzuziehenden geplanten Aufträge und Investitionen. Sie lehnte außerdem das vereinbarte, eine halbe Milliarde Euro teure „Zentrum für Digitalisierungs- und Technologieforschung der Bundeswehr“ ab und forderte ebenfalls dessen Streichung aus der Projektliste.
Abgelehnter dritter Antrag der Linken
Unternehmen, die im Rahmen von Corona-Hilfsmaßnahmen staatliche Unterstützung erhalten haben, sollen ab einer Betriebsgröße von 250 Mitarbeitern an geeigneter Stelle auf diese Unterstützung hinweisen müssen, forderte die Linksfraktion in ihrem dritten Antrag (19/20034).
Dies sollte für Hilfen aus der Bundesagentur für Arbeit, soweit diese aus dem Bundeshaushalt besichert oder finanziert werden, der Kreditanstalt für Wiederaufbau und insbesondere für Hilfen aus dem Bundeshaushalt gelten. Außerdem sollte ein der Öffentlichkeit zugängliches Register geschaffen werden, das erkennen lässt, welche Unternehmen welche Corona-Hilfen in Anspruch genommen haben.
Die Fraktion begrüßte Staatshilfen, die die Folgen der Corona-Pandemie abmildern helfen. Die Öffentlichkeit habe aber ein Recht zu erfahren, wohin diese Hilfen gehen.
Abgelehnter vierter Antrag der Linken
Die Linke forderte in ihrem vierten Antrag (19/20031) ein Förderpaket in Höhe von 100 Millionen Euro für pandemiebedingte Investitionen der Unternehmen des Öffentlichen Personennahverkehrs. Dazu zählte die Fraktion die Aufrüstung von Klimaanlagen mit Filtereinrichtungen zur Verringerung der Virenverbreitung, Trennscheiben bei Bussen, Umbaumaßnahmen bei Ticketverkaufsstellen und zusätzliche Ticketautomaten.
Die im Konjunkturpaket beschlossene zusätzliche Aufstockung der Regionalisierungsmittel des Bundes zur Finanzierung des Regionalverkehrs als pandemiebedingte Beihilfe für die Jahre 2020 und 2021 wollte die Fraktion einmalig um jeweils 2,5 Milliarden Euro auf fünf Milliarden Euro ausweiten. Im Jahr 2022 sollten die Mittel um eine Milliarde Euro und in den Folgejahren bis 2030 jährlich um weitere 500 Millionen Euro erhöht werden.
Abgelehnter fünfter Antrag der Linken
Die Fraktion Die Linke verlangte zudem eine „Fahrradprämie für alle“. Eine Prämie in Höhe von 200 Euro sollte einem Antrag der Fraktion (19/19488) zufolge pro Person (einschließlich Kinder und Jugendliche) als Zuschuss zur Finanzierung von Wartung und Reparatur von Fahrrädern, E-Bikes, Lastenrädern, Fahrradanhängern sowie deren Ersatz- und Neubeschaffung „auf Antrag“ gewährt werden können.
Die Bundesregierung wurde daher aufgefordert, eine Förderrichtlinie für ein Programm „Fahrradprämie“ in Höhe von 300 Millionen Euro vorzulegen, um eine schnelle und unbürokratische Auszahlung der Fahrradprämie zu gewährleisten, heißt es in der Vorlage.
Abgelehnter sechster Antrag der Linken
Ferner plädierte die Linksfraktion dafür, die Zeiträume für die Investitionsförderung von Kommunen zu verlängern. Im entsprechenden Antrag (19/19016) erklären die Abgeordneten, die Fristen reichten wegen der schleppenden Reaktion von Baufirmen auf Ausschreibungen ohnehin kaum aus.
Die Corona-Krise verschärfe die Herausforderungen für Kommunen zusätzlich. Daher sollten die Förderzeiträume des Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes verlängert werden.
Abgelehnter siebter Antrag der Linken
Die Linke forderte die Bundesregierung in ihrem siebten Antrag (19/18685) auf, angesichts der aktuellen Gesundheitsgefährdungen zusammen mit den Bundesländern Maßnahmen zum wirksamen Schutz von Geflüchteten zu vereinbaren. So sollte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nach dem Willen der Fraktion „sein Einvernehmen für Abschiebestopp- und Bleiberechtsregelungen“ erklären und auf den Erlass solcher Maßnahmen durch die Bundesländer im Sinne eines allgemeinen Abschiebemoratoriums hinwirken. Geflüchtete sollten dem Antrag zufolge „soweit möglich in dezentralen Einrichtungen und besser noch in privaten Wohnungen untergebracht werden“.
In der aktuellen Situation könnten leerstehende Hotelzimmer, Ferienwohnungen und Pensionen genutzt werden, um Geflüchtete sicher unterzubringen und ihnen die Einhaltung von Hygiene- und Abstandsregeln zu ermöglichen, heißt es in der Vorlage weiter. Eine Quarantäne für ganze Sammelunterkünfte sei „unbedingt zu vermeiden, auch weil sie das Infektionsrisiko für alle Bewohnerinnen und Bewohner auf unverantwortliche Weise erhöht“.
Abgelehnter erster Antrag der Grünen
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat ihre Pläne für ein Konjunkturprogramm zur Unterstützung der Wirtschaft vorgelegt. „Zukunftspakt für einen sozial-ökologischen Aufbruch aus der Krise“ nennen die Abgeordneten ihr Maßnahmenbündel, das sie in einen Antrag (19/19549) zusammengefasst haben. Demnach sollten sich ein Konjunkturprogramm in Höhe von 100 Milliarden Euro und ein Investitionsprogramm in Höhe von 500 Milliarden Euro daran orientieren, dass nur Unternehmen unterstützt werden, die die Hilfe wirklich brauchen.
Bedachte Firmen dürften weder Boni, Sonderzahlungen noch Gratifikationen auszahlen, sie müssten auf Aktienrückkäufe und Dividendenausschüttungen verzichten. Außerdem müssten sie offenlegen, in welchem Land sie welchen Gewinn erzielen und wie viele Steuern sie wo zahlen. „Öffentliche Gelder dürfen unter keinen Umständen dazu beitragen, dass bestehende Steuerschlupflöcher ausgeweitet werden“, erklären die Abgeordneten. Der Staat müsse bei Beteiligungen Mitspracherechte erhalten wie private Investoren auch.
Abgelehnter zweiter Antrag der Grünen
Die Grünen forderten Nachbesserungen bei den Corona-Soforthilfen für Selbstständige. Die Bundesregierung sollte sicherstellen, dass von den vorgesehenen Geldern mindestens ein monatlicher Pauschalbetrag in Höhe der Pfändungsfreigrenze von 1.180 Euro zur Deckung des Lebensunterhalts genutzt werden kann, erklärten die Abgeordneten in einem Antrag (19/19490).
Dieser Betrag müsse in die Liste der anrechenbaren Kosten in der Verwaltungsvereinbarung des Bundes mit den Ländern zu den Soforthilfen aufgenommen werden.
Abgelehnter dritter Antrag der Grünen
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen plädierte für die Schaffung eines „Rettungsschirm Zivilgesellschaft“ für kleine gemeinnützige Organisationen, die unter keine der von der Bundesregierung bereitgestellten Rettungsschirme zur Corona-Pandemie fallen. In dem entsprechenden Antrag (19/18709) forderte sie die Bundesregierung auf, über diesen Rettungsschirm den existenzbedrohten Organisationen schnell und unbürokratisch Nothilfen zu gewähren.
Zudem sollte geprüft werden, ob hierfür die Mittel aus dem Etat der im Aufbau befindlichen „Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt“ verwendet werden können.
Abgelehnte Anträge der AfD
Der AfD-Antrag mit dem Titel „Kindergeld und Kinderbonus für im Ausland lebende Kinder indexieren“ (19/20612) wurde direkt abgestimmt und abgelehnt.
Der zweite Antrag der Fraktion mit dem Titel „Solo-Selbstständigen eine bessere Absicherung durch Verbesserungen beim Arbeitslosengeld II ermöglichen“ (19/20615) wird federführend im Ausschuss für Arbeit und Soziales beraten.
Neue Anträge von FDP und Linksfraktion
Erstmals beraten wurden Anträge von FDP und Linken. Der Antrag der FDP, der federführend im Seniorenausschuss beraten wird, sieht vor, allen Bewohnern in Alten- und Pflegeheimen Videotelefonie zugänglich zu machen (19/20531). Der Antrag der Linken mit dem Titel „Humanitäre Hilfe stärken – globale Folgen der Corona-Pandemie eindämmen“ (19/20549) wird federführend im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe beraten werden. Und der Antrag mit dem Titel „Corona-Überbrückungshilfen fair und solidarisch ausgestalten“ (19/20543), ebenfalls von der Linksfraktion eingebracht, wird federführend im Wirtschaftsausschuss beraten werden.
Von der Tagesordnung abgesetzt hatte der Bundestag einen Antrag der Grünen mit dem Titel „Klimaschutz, Klimaanpassung und Nachhaltigkeit als kommunale Konjunkturmotoren“. (hle/vom/vst/pez/hau/ste/scr/02.07.2020)