27.09.2023 | Parlament

Begrüßung durch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas zu „Women in Politics and Diplomacy“ auf Einladung des Ambassadors Club e.V. im Hotel Waldorf Astoria in Berlin

Frau Präsidentin! 
Exzellenzen! 

Herzlichen Dank für die Einladung! 

Ich freue mich sehr, Sie – die weiblichen Botschafterinnen aus aller Welt - hier zu treffen! 

Und ich begrüße natürlich genauso herzlich die männlichen Botschafter. 

Gleichstellung ist keine Frauenangelegenheit! 
Und erst recht bedeutet Gleichstellung nicht: Frauen gegen Männer. 
Gleichstellung verschafft auch den Männern mehr Freiräume und Möglichkeiten. 

Gleichstellung braucht die Unterstützung der Frauen und der Männer. 
Nur miteinander können wir unsere Gesellschaften gerechter und resilienter machen.

Es ist schon lange belegt: 
Von Gleichstellung profitieren unsere Gesellschaften insgesamt:
Sie werden gerechter und gesünder; 
sie werden wohlhabender und friedlicher. 
Kurz: sie werden stärker!
Antonio Guterres bezeichnete Geschlechtergleichheit vergangene Woche in der VN-Generalversammlung als „die Lösung“. 
Sie sei kein Gefallen für die Frauen, 
sondern fundamental dafür, eine bessere Zukunft für alle sicherzustellen. 

Deshalb sind Frauenrechte und Gleichstellung auch wichtige Themen für die Außenpolitik.

Frauen in der Außen- und Sicherheitspolitik - das ist kein neues Thema. Darüber wird schon seit gut 40 Jahren diskutiert. 
Margot Wallström war die erste, die 2014 als schwedische Außenministerin den Feminismus zur Leitlinie ihrer politischen Arbeit machte. 

Neu für Deutschland ist, dass sich unsere Regierung 2021 in ihrem Koalitionsvertrag auf die feministische Außenpolitik verpflichtet hat. 
Dieses Jahr haben sich das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Leitlinien zur feministischen Außen- und Entwicklungspolitik gegeben. 

Die Erfahrungen anderer Staaten sind hier eingeflossen. 
Ich bin sicher, Sie haben diesen Prozess an Ihren Botschaften verfolgt. 
Feministische Außenpolitik ist übrigens auch kein rein westliches Thema. 
Immer mehr Staaten verfolgen eine feministische Außenpolitik. 
Auch im globalen Süden. 
Wie Mexiko, Chile oder Kolumbien. 

Andere Staaten verfolgen dieselben Anliegen – ohne das Label „feministische Außenpolitik“. 

Eines ist klar: 
Wo Gleichstellung fehlt, 
leiden Frauen und Männer.

Wer Frauen unterdrückt, fesselt die ganze Gesellschaft.
Es ist für jede Gesellschaft wichtig, dass Mädchen zur Schule gehen und Frauen an der Universität studieren können.
Dass Frauen die gleichen Rechte und Freiheiten haben wie Männer.

ALLE leiden, wenn Frauenrechte versagt werden.

Die aktuellen globalen Krisen verschärfen Ungleichheiten oft noch.
Gerade Frauen und Mädchen leiden besonders unter Kriegen und Kriegsverbrechen. 

Sie sind konfliktbedingter sexualisierter Gewalt und Menschenhandel besonders ausgesetzt. 
Wie aggressiv ein Staat ist, 
hängt übrigens auch mit dem Level der Gleichstellung zusammen.
2018 nannte Antonio Guterres Geschlechtergleichheit „das unfinished business unserer Zeit“. 
Also sei jetzt die Zeit, das zu ändern.

Wir müssen feststellen: 
Kein Staat auf der Welt hat heute echte Gleichberechtigung. 
Im jetzigen Tempo würde es noch 130 Jahre dauern, bis auf Ebene der Staats- und Regierungschefs Parität erreicht wäre. 
Weltweit sind nur 26,5 Prozent der Abgeordneten Frauen. 
Das bekümmert mich besonders.
Auch im Deutschen Bundestag sind es nur 35,2 Prozent. Zu wenig.  
Deshalb setze ich mich sehr für Parität ein.  

Mir ist wichtig, von den Erfahrungen anderer zu lernen und mich mit meinen Kolleginnen aus anderen Ländern auszutauschen. 

Im April haben wir Parlamentspräsidentinnen der EU uns getroffen – nur wir Frauen -, um über feministische Außenpolitik zu sprechen. 

Wir wollen nun jedem Treffen der EU-Parlamentspräsidenten ein Treffen im Kreis der Parlamentspräsidentinnen voranschalten. 

Wir Parlamentarierinnen und Parlamentarier leisten unseren Beitrag, um Frauenrechte, Gleichstellung und Gerechtigkeit zu stärken. 

Deswegen habe ich mich sehr gefreut, dass sich im Januar ein fraktionsübergreifender Arbeitskreis zur feministischen Außenpolitik im Deutschen Bundestag konstituiert hat. 

Ich bin sicher, Sie sind mit vielen dieser engagierten weiblichen Abgeordneten im Gespräch. 
Erst vergangene Woche haben NATO-Parlamentarierinnen und Parlamentarier im Deutschen Bundestag zur feministischen Außenpolitik diskutiert. 

Sie, liebe Botschafterinnen, zeigen durch Ihre Arbeit jeden Tag, wie wichtig Frauen in der Diplomatie sind.

Exzellenzen! 

Es gibt immer wieder Momente, in denen ich mich frage: 
Warum müssen wir den Kampf um echte Gleichstellung immer noch führen?  
Warum haben wir noch keine Parität?  

Warum müssen wir feministische Außenpolitik immer noch erklären und rechtfertigen?  

Sollte all das nicht längst selbstverständlich sein im Jahr 2023? 

Ich bin heute auch hier, weil ich von Ihnen lernen und Anregungen mitnehmen möchte.

Mich interessiert, Ihr Blick auf Deutschland – nicht nur in Fragen der Gleichstellung! – 

Und mich interessieren die Erfahrungen aus Ihren Heimatstaaten. 
Wie ist die Situation von Frauen in Ihrer Heimat? 

Welche Instrumente haben Sie erfolgreich erprobt, um Gleichstellung zu fördern?

Was raten Sie uns? 

Ich bin sehr gespannt auf Ihre Einschätzungen.
Und ich freue mich auf unsere Diskussion! 

Herzlichen Dank!

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