14.01.2021 2. Untersuchungsausschuss — Ausschuss — hib 71/2021

Ministeriumsberater kritisiert Leistung der Betreiber

Berlin: (hib/CHB) Laut einem führenden Rechtsberater des Bundesverkehrsministeriums gab es bereits deutlich vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) am 18. Juni 2019 Überlegungen, die Zusammenarbeit mit dem Betreiberkonsortium zu beenden. Der Bund habe sich schon in der ersten Hälfte des Jahres 2019 „alle rechtlichen Möglichkeiten vorbehalten“, sagte der Rechtsanwalt Burkhard Frisch am Donnerstag im 2. Untersuchungsausschuss („Pkw-Maut“). Grund dafür sei gewesen, dass die Betreiber die sogenannte Feinplanungsdokumentation weder zum ursprünglichen Termin am 1. April 2019 noch innerhalb der Nachfrist bis Mitte Mai 2019 in freigabefähiger Form eingereicht hätten.

Frisch beriet von Februar 2017 bis Sommer 2019 als Partner der Kanzlei KPMG Law das Bundesverkehrsministerium beim Projekt Pkw-Maut, wobei sein Schwerpunkt auf der Vorbereitung der Vergabeverfahren für die unterschiedlichen Leistungen lag. Seit August 2019 arbeitet Frisch in der Kanzlei Greenberg Traurig, die das Ministerium bei der Pkw-Maut ebenfalls mit juristischer Beratung unterstützte.

Darüber, dass Schlechtleistungen vonseiten der Betreiber vorgelegen hätten, habe es im Beraterkreis keine widerstreitenden Meinungen gegeben, erklärte der Jurist in der vom Ausschussvorsitzenden Udo Schiefner (SPD) geleiteten Sitzung. Wesentliche Pflichten seien von den Betreibern nicht erfüllt worden. Deshalb sei der Eindruck falsch, das Bundesverkehrsministerium und seine Berater hätten erst nach dem für Deutschland negativen Urteil des EuGH nach einem zusätzlichen Kündigungsgrund gesucht.

Unmittelbar nach Bekanntwerden des Urteils am 18. Juni 2019 habe man „intensiv erwogen“, welche Möglichkeiten es gebe, um die Pkw-Maut doch noch zu realisieren, sagte der Zeuge weiter. Um den Vorgaben des Urteils gerecht zu werden, hätte der Bund aber entweder von einem zeit- zu einem streckenbezogenen Modell wechseln oder aber das Kompensationsmodell aufgeben müssen, erklärte Frisch. Das Kompensationsmodell sah vor, dass inländische Fahrzeughalter eine Ermäßigung der Kfz-Steuer in Höhe der Pkw-Maut erhalten sollten. Beide Varianten, so der Zeuge, hätten eine Neuausschreibung des Verfahrens erforderlich gemacht.

Bereits zu einem früheren Zeitpunkt hatte sich der Zeuge über das Vorgehen der Bietergemeinschaft aus CTS Eventim und Kapsch TrafficCom gewundert: Er war nach eigenen Angaben sehr überrascht, dass die Angebotssumme des am 17. Oktober 2018 eingegangenen finalen Angebots höher war als die des zuvor eingereichten Erstangebots. Denn der Bund sei den Bietern bei den Haftungsobergrenzen und dem Vertragsstrafenkatalog weit entgegenkommen, so dass die Angebotssumme eigentlich hätte sinken müssen, erläuterte Frisch. In der Folge habe man sich in Aufklärungsgesprächen bemüht, die „Missverständnisse“ aus dem Weg zu räumen, die zu dieser hohen Angebotssumme geführt hätten.