Zentrum für Safe Sport: Frage der Freiwilligkeit umstritten
Berlin: (hib/HAU) Das Zentrum für Safe Sport soll laut Bundesregierung voraussichtlich bis zum Herbst nächsten Jahres seine Arbeit aufnehmen und ab Mitte des Jahres 2027 in den Regelbetrieb gehen. Dieser Zeitplan ergibt sich aus einem dem Ausschuss für Sport und Ehrenamt für seine Sitzung am Mittwoch vorgelegten Sachstandsbericht. Eine der Hauptaufgaben des Zentrums ist danach die „Intervention“, also die Durchführung verbandsunabhängiger Untersuchungs- und Disziplinarverfahren. Materiellrechtliche Grundlage für das Zentrum Safe Sport werde der im Dezember 2024 vom DOSB verabschiedete, einheitliche sportinterne Safe Sport Code (SSC) sein, heißt es. Dieser untersage interpersonale Gewalt in allen Erscheinungsformen - körperlich, seelisch, sexualisiert sowie durch Vernachlässigung - „auch unterhalb der strafrechtlichen Schwelle“.
Während der Sitzung wurde deutlich, dass die Bundesregierung und die Athletenvereinigung „Athleten Deutschland“ in einer entscheidenden Frage unterschiedlicher Auffassung sind. Während die für Sport zuständige Staatsministerin im Bundeskanzleramt, Christiane Schenderlein (CDU), auf Freiwilligkeit setzt, fordert Johannes Herber, Geschäftsführer von „Athleten Deutschland“, eine an Förderzusagen geknüpfte Verpflichtung der Verbände, sich der unabhängigen Untersuchungs- und Sanktionsinstanz zu unterwerfen.
Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) verweist man auf eigene, schon vorhandene Strukturen zur Bekämpfung interpersonaler Gewalt, die auf den drei Säulen Prävention, Intervention und Aufarbeitung basierten. Der Safe Sport Code und das Zentrum für Safe Sport seien „wichtige ergänzende Maßnahmen“, sagte die DFB-Kinderschutzbeauftragte Silke Sinning.
Das Zentrum für Safe Sport wird laut Schenderlein „zunächst für den Leistungssport gegründet“. In einem zweiten Schritt komme der Nachwuchs-Leistungssport hinzu, nicht jedoch die 86.000 Sportvereine in Deutschland. „Das wäre eine Überforderung“, sagte sie. Als entscheidend bezeichnete es die Staatsministerin, dass die Verbände die Disziplinargewalt abgeben müssen. Darin sehe sie aber auch eine „ganz große Entlastung der Verbände“. Grundlage aller Entscheidungen werde der gemeinsam aufgesetzte Safe Sport Code sein. Schenderlein betonte zugleich, dass das, was in den Landessportbünden in Sachen Prävention getan wird, weiter benötigt werde.
Die Befürchtung einer Überlastung bei der Ausweitung auf den Breitensport teilte auch Herber. Landeten alle Fälle beim Zentrum, würde das zu einer nicht zu bewältigenden Arbeitslast und auch zu vielen Enttäuschungen führen. Der Geschäftsführer von „Athleten Deutschland“ sagte weiter: Um rechtsstaatlich einwandfreie Verfahren sicherzustellen, brauche es eine unabhängige Instanz, die Entscheidungen des Zentrums überprüfen kann. Ein zentrales, externes Sportschiedsgericht - etwa in Kooperation mit bestehenden Strukturen wie dem Deutschen Sportschiedsgericht - würde aus seiner Sicht faire, transparente und rechtsstaatlich überprüfbare Verfahren sicherstellen und so die Rechte aller Beteiligten schützen sowie Interessenkonflikte vermeiden.
Herber hält es zudem für unabdingbar, dass der Bund als Fördermittelgeber seine staatliche Schutzpflicht wahrnimmt und die Implementierung des Safe Sport Code sowie die Übertragung der Zuständigkeiten für Untersuchung und Sanktionierung an das Zentrum für Safe Sport zur Fördervoraussetzung macht. „Das ist sehr wichtig“, betonte er. Aktuell sei der Sport nicht flächendeckend in der Lage, die Meldungen von Betroffenen „gut entgegenzunehmen, sie zu untersuchen und auch echte Sanktionen auszusprechen“. Die Autonomie des Sports und der Verbände sei wichtig und berechtigt, finde dort aber ihre Grenzen, „wo Kinder- und Menschenrechte verletzt werden“, sagte Herber.
Schenderlein plant jedoch einen anderen Weg. Sie setze „in einem ersten Schritt“ auf Freiwilligkeit, sagte die Staatsministerin. Schließlich gebe es gute Argumente für die Verbände, dem Zentrum beizutreten. Entsprechende positive Rückmeldungen aus den Verbänden habe sie erhalten. Sollte das am Ende doch nicht wie erhofft laufen, „muss man miteinander nochmal beraten“, sagte sie.