13.11.2025 Arbeit und Soziales — Gesetzentwurf — hib 619/2025

Bundesrat will Konzept „Therapie statt Strafe“ absichern

Berlin: (hib/CHE) Der Bundesrat fordert, dass der Aufenthalt verurteilter Straftäter in stationären Therapieeinrichtungen gemäß Paragraf 35 BtMG (Betäubungsmittelgesetz) nicht mehr zu einem Ausschluss von Sozialleistungen nach Paragraf 7 SGB II (Zweites Buch Sozialgesetzbuch, Grundsicherung) führt. Dazu hat er einen entsprechenden Gesetzentwurf (21/2739) in den Bundestag eingebracht, in dem der Bundesrat die Rückausnahme von dem Leistungsausschluss nach Paragraf 7 SGB II fordert.

Der Paragraf 35 BtMG ermöglicht es der Vollstreckungsbehörde, die Vollstreckung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe oder eines Strafrestes von nicht mehr als zwei Jahren bei von Betäubungsmitteln abhängigen Verurteilten zurückzustellen, wenn sie die Tat aufgrund ihrer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen haben und sich wegen ihrer Abhängigkeit in einer ihrer Rehabilitation dienenden Behandlung befinden oder zusagen, sich einer bereits gewährleisteten Therapie zu unterziehen. Die Zurückstellung nach Paragraf 35 BtMG führt zu einer Herausnahme der Verurteilten aus dem Strafvollzug und bedeutet damit ein Absehen vom Vollzug der Strafe. Das Bundessozialgericht hatte 2021 geurteilt, dass Straftäter in diesen Therapieeinrichtungen keinen Anspruch auf SGB-II-Leistungen haben, weil es sich bei diesen Therapieeinrichtungen um Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehungen im Sinne des Paragraf 7 SGB II handelt.

Der Bundesrat erläutert dazu in dem Entwurf: „In der Praxis hat diese Rechtsprechung zur Folge, dass für Gefangene, gegen die eine nach Paragraf 35 BtMG zurückstellungsfähige Strafe vollstreckt wird, eine Vermittlung in eine notwendige Therapie nach Paragraf 35 BtMG faktisch unmöglich wird. Denn die Rechtsprechung hat nicht nur Auswirkungen auf den Krankenversicherungsschutz während der Therapie, sondern sie führt insbesondere auch dazu, dass den Verurteilten keine ausreichenden Mittel zur Sicherung ihres Lebensunterhalts während der Therapiemaßnahme zur Verfügung stehen.“ In manchen Ländern verweigerten die zuständigen Träger unter Berufung auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 5. August 2021 sogar Leistungen der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Daher stehe zu befürchten, dass die Fachkliniken die Aufnahme dieser Personen trotz Kostenzusage verweigern, da die Therapienebenkosten durch die therapiewilligen Personen nicht mehr geleistet werden können. Auch die Erlangung einer Kostenzusage durch die Krankenversicherung werde durch die genannte Rechtsprechung erschwert. Der bislang erfolgreiche Ansatz des Paragraf 35 BtMG, „Therapie statt Strafe“, drohe daher künftig weitgehend ins Leere zu laufen, warnt die Länderkammer.