Deutschland zu führendem Sustainable Finance-Standort machen
Berlin: (hib/HAU) Gerade vor dem Hintergrund der beschleunigten Energiewende und der damit verbundenen Kosten muss das Thema „Sustainable Finance“ aus seiner „Orchideenecke“ herausgeholt werden. Das machte Kristina Jeromin, Geschäftsführerin des Green and Sustainable Finance Cluster Germany, am Mittwochabend während einer öffentlichen Sitzung des Parlamentarischen Beirates für nachhaltige Entwicklung deutlich. „Unser Finanzsystem ist aktuell noch nicht zukunftsfit“, befand Jeromin. „Wir können aber das Potenzial unseres Finanzsystems nicht ungenutzt lassen, wen wir wettbewerbsfähig und widerstandfähig hinsichtlich unserer wirtschaftlichen Wertschöpfung sein wollen.“
Bei Sustainable Finance gehe es um die Frage, welche Rolle die Finanzbranche im Rahmen der Transformation der wirtschaftlichen Wertschöpfung übernimmt, erläuterte Jeromin. Die notwendige Transformation sei schließlich kostenintensiv. Daher sei es notwendig, neben starken Signalen der öffentlichen Hand, privatwirtschaftliche Investitionen in die Transformation „anzureizen und zu ermöglichen“. Die Verantwortung der Finanzbranche sei es schließlich, realwirtschaftliche Wertschöpfung zu erzielen, „damit wir als deutscher und als europäischer Standort attraktiv und wettbewerbsfähig bleiben und die Beschäftigungssicherheit im Auge behalten“.
Während die Beschäftigung mit dem Thema auf europäischer Ebene schon im Jahr 2016 begonnen habe, sei Deutschland erst drei Jahre später mit der Einsetzung des Sustainable Finance Beirats der Bundesregierung, dem Jeromin als stellvertretende Vorsitzende bis zum Ende der vergangenen Legislaturperiode angehörte, aktiv geworden. „Die drei Jahre fehlen uns nun“, sagte sie. Dennoch bleibe das Ziel, Deutschland zu einem führenden Sustainable Finance-Standort zu machen. Führend bedeute dabei für sie, zu fragen, wie man sich den Bedarfen der heimischen Wirtschaft am besten stellen kann, sagte die Finanzexpertin.
Entscheidend werde es sein, den Dschungel der vielen freiwilligen Standards bei der Bewertung zu lichten, und einheitliche europäische Standards für die Bewertung von nachhaltiger Finanzierung zu schaffen. Derzeitig gebe es zwar eine gesetzlich geregelte Nachhaltigkeitsberichtspflicht für Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern. „Wir haben aber keine Benchmark, gegen die wir die Zahlen verlässlich prüfen können“, sagte Jeromin. Damit sei ein Schutz vor Greenwashing nicht gegeben. „Daher brauchen wir europäische Standards.“
Mit Planwirtschaft habe das nichts zu tun, betonte sie. Der Markt müsse aber eine ausreichend gute Informationsgrundlage erhalten, um wirtschaftlich kluge Entscheidungen zu treffen. Die Entscheidung ob oder worin investiert wird, wolle aber niemand vorgeben. Auch die Taxonomie arbeite nicht mit Verboten sondern mit Transparenz, sagte Jeromin. Dafür brauche es aber eine konkrete quantitative Berichterstattung, statt nur einer qualitativen Berichterstattung „mit vielen Sätzen“. Wichtig sei bei der Berichterstattung der Blick nach vorn, statt wie bisher der Blick in Finanzkennzahlen der Vorjahre.