22.06.2022 Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen — Ausschuss — hib 316/2022

Linke scheitert mit Gesetzentwurf zum Vorkaufsrecht

Berlin: (hib/JOH) Der Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen hat am Mittwoch den von der Fraktion Die Linke vorgelegten Gesetzentwurf (20/679) zur Wiederherstellung des Vorkaufsrechts in Milieuschutzgebieten mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und AfD abgelehnt. Die genannten Fraktionen votierten außerdem gegen einen Antrag (20/236) der Linksfraktion, in dem diese die Bundesregierung aufgefordert hatte, „sofort einen Gesetzentwurf für ein rechtssicher anwendbares gemeindliches Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten vorzulegen“. Im November 2021 hatte das Bundesverwaltungsgericht das kommunale Vorkaufsrecht für Mietwohnungen in angespannten Wohngebieten praktisch gestoppt.

Um die gängige behördliche Praxis wieder zu ermöglichen, schlägt die Linksfraktion im Entwurf vor, Paragraf 26 Nummer 4 des Baugesetzbuches (BauGB) so zu ändern, dass es in den Erhaltungsgebieten auf zukünftige Nutzungen des Grundstücks ankommt. Als Reaktion auf Expertenvorschläge im Rahmen der öffentlichen Anhörung des Ausschusses zum Thema am 9. Mai 2022 hat sie darüber hinaus einen Änderungsantrag zu den Abwendungsvereinbarungen in § 27 Absatz 1 Satz 1 des Baugesetzbuches vorgelegt. Die darin vorgeschlagene Änderung soll sicherstellen, dass Käufer, die ein Vorkaufsrecht abwenden, auf die Einhaltung der Ziele und Zwecke einer Erhaltungssatzung verpflichtet werden können. Auch dieser Änderungsantrag scheiterte an den Stimmen der übrigen Fraktionen.

Eine Vertreterin der Linksfraktion mahnte in der Sitzung schnellen Handlungsbedarf an. Zwar sehe sie weiteren Verbesserungsbedarf beim Vorkaufsrecht, aber in einem ersten Schritt müsste zunächst dringend die kommunale Praxis wieder ermöglicht werden.

Nach Ansicht der SPD-Fraktion greift Die Linke mit ihren Initiativen ein ernsthaftes Begehren auf. Auch die SPD wolle Mieter vor Mietsteigerungen und Verdrängung bewahren und den Status quo vor November 2021 wiederherstellen. Allerdings gebe es dazu in der Koalition noch keine einheitliche Haltung, weswegen der angekündigte Gesetzentwurf der Bundesregierung noch nicht vorliege. Dies solle aber bald geschehen.

Auch eine Vertreterin der Grünen betonte, die Fraktion teile das Ziel der Linken, das Vorkaufsrecht wiederherzustellen. Jedoch sei es besser, auf den Referentenentwurf aus dem Bauministerium zu warten, als jetzt einen unzureichenden Gesetzentwurf zu beschließen. Das kommunale Vorkaufsrecht müsse ein schlagkräftiges, praxistaugliches und rechtssicheres Instrument werden, um die drängenden Probleme auf dem Wohnungsmarkt zu lösen, urteilte sie.

Die FDP-Fraktion verwies darauf, dass es in der Expertenanhörung keinen Konsens in der Frage des Vorkaufsrechts gegeben habe. Aus ihrer Sicht der Liberalen seien wesentliche Fragen beim Vorkaufsrecht nicht geklärt, etwa wie es im Zusammenhang mit den bereits starken Rechten im Milieuschutz wirke. Mit einem Vorkaufsrecht, das nur auf das Erzwingen von Abwendungserklärungen abziele, habe die FDP Probleme.

Ähnlich äußerte sich die AfD-Fraktion. Auf dem Wege des Vorkaufsrechts erzwungene Abwendungsvereinbarungen nützten auch den Mietern nichts, wenn dadurch bestimmte Modernisierungsmaßnahmen wie der Einbau eines Fahrstuhls oder der Anbau eines Balkons verhindert würden. Ältere Menschen und Familien mit kleinen Kindern würden so verdrängt. Außerdem seien die Kommunen, die häufig keine oder zu wenig Mittel für die Sanierung hätten, nicht die besseren Immobilieneigentümer.

Ein Vertreter der CDU/CSU-Fraktion sprach mit Blick auf die Abwendungsvereinbarungen ebenfalls von Zielkollissionen und warnte vor der Verdrängung bestimmter Gruppen aus den Milieuschutzgebieten. Statt Erhaltungsschutzziele über das Vorkaufsrecht durchzusetzen, sollten Auflagen direkt in den Erhaltungssatzungen in §172 des Baugesetzbuches verankert werden, schlug er vor.

Der Bundestag stimmt morgen Abend über die Initiativen der Linksfraktion ab. Dann wollen die Abgeordneten auch direkt über einen Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Mehr Wohnungsmarkt wagen - Keine Ausweitung der Vorkaufspraxis in Milieuschutzgebieten“ (20/2362) entscheiden.

Die Anhörung zu dem Gesetzentwurf der Linken: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw19-pa-anhoerung-bauausschuss-889680

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