Expertenkritik an Krankenhauspflegeentlastungsgesetz
Berlin: (hib/PK) Gesundheitsexperten fordern grundlegende Änderungen am Entwurf für das Krankenhauspflegeentlastungsgesetz. In einer Anhörung des Gesundheitsausschusses zu dem Gesetzentwurf (20/3876) kritisierten Fachverbände unter anderem die geplanten Vorgaben für die Einführung eines Personalbemessungsinstruments. Die Fachleute äußerten sich am Mittwoch in der Anhörung sowie in schriftlichen Stellungnahmen.
Die Novelle sieht ein neues Instrument zur Personalbemessung vor. Als Grundlage dient die von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), dem Deutschen Pflegerat (DPR) und der Gewerkschaft Verdi entwickelte Pflegepersonalregelung PPR 2.0, die in drei Stufen eingeführt werden soll. Ab 2025 soll die Personalbemessung verbindlich sein und sanktioniert werden können.
Der Gesundheitswissenschaftler Michael Simon kritisierte, der Entwurf sehe an keiner Stelle vor, dass Gegenstand der vorgesehenen Rechtsverordnung die Einführung der PPR 2.0 zu sein habe. Es werde offengelassen, welches Konzept erprobt werden solle. Auch erstaune die geplante Erprobung des Konzepts PPR 2.0, die schon 2020 mit gutem Ergebnis stattgefunden habe.
Ähnlich skeptisch äußerte sich der Deutsche Pflegerat. Wenn es der Wille der Bundesregierung sei, die PPR 2.0 einzuführen, müsse dies auch so formuliert werden. Es gehe darum, bundesweit eine Pflegepersonalbemessung in sämtlichen Bereichen eines Krankenhauses zu etablieren, die eine echte Transparenz über die Bedarfslage herstelle und die Erfüllung dieser Bedarfslage zum Ziel habe.
Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) stellte die Ernsthaftigkeit des Gesetzes in Bezug auf die Einführung der PPR 2.0 und Kinder-PPR 2.0 in Frage. Das geplante Vetorecht des Bundesfinanzministeriums sowie die Ausnahmeregelung für Kliniken mit Individualvereinbarungen vermittelten den Eindruck, als ginge es den beteiligten Ministerien nicht um den Pflegepersonalaufbau in den Krankenhäusern.
Andere Sachverständige äußerten sich in der Anhörung ähnlich skeptisch bezüglich dieser beiden Regelungen. Ein DKG-Sprecher nannte das geplante Einvernehmen mit dem Finanzministerium überraschend und äußerte die Sorge, der Personalbedarf könnte am Ende nicht vollständig refinanziert werden. Wenn ein objektiver Maßstab wieder infrage gestellt würde, wäre das hochproblematisch und widersprüchlich.
Mehrere Sachverständige forderten in der Anhörung überdies eine schnellere Einführung der Personalbemessung und verwiesen auf die hohe Arbeitsbelastung der Pflegekräfte. Bernhard Krautz von der Vereinigung der Pflegenden in Bayern warnte, die Kollegen könnten nicht noch drei Jahre warten bis zur Einführung der Neuregelung.