28.11.2023 Auswärtiges — Anhörung — hib 890/2023

Mehr Anstrengungen zur Erreichung der Pariser Klimaziele

Berlin: (hib/HAU) Wenige Tage vor Beginn der Weltklimakonferenz in Dubai (COP28) haben bei einer öffentlichen Anhörung des Auswärtigen Ausschusses am Montagnachmittag die von den Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP geladenen Sachverständigen mehr Anstrengungen zur Erreichung der Pariser Klimaziele gefordert. Dem hielt der von der AfD-Fraktion benannte Einzelsachverständige Christopher Monckton of Brenchley entgegen, dass die anthropogene Erderwärmung keine Gefahr darstelle.

Die Industriestaaten hätten zugesagt, ab 2020 100 Milliarden Dollar pro Jahr bereitzustellen, um den Entwicklungsländern zu helfen, Klimaschutzmaßnahmen durchzusetzen, sagte Bertha Aguerta, Referentin für Klimafinanzierung und Entwicklung beim Verein Germanwatch, und von der SPD-Fraktion geladen. 2021 sei dieses Ziel leider nicht erreicht worden. Zwar habe Deutschland seinen Beitrag geleistet. Andere Industriestaaten hätten dies jedoch nicht getan. Insofern müsse von einem Scheitern gesprochen werden. Anpassungsmaßnahmen, so Aguerta, seien jedoch besonders wichtig für die Entwicklungsländer, da die Auswirkungen des Klimawandels immer deutlicher würden und die nachhaltige Entwicklung bedrohten.

Nach wie vor, so die Vertreterin von Germanwatch, seien es Kredite, die überwiegend für deren Finanzierung zur Verfügung gestellt würden. „Das hat Auswirkungen auf die Verschuldungsgrade dieser Länder“, sagte sie. Die Mobilisierung privater Mittel für Interventionen sei in den letzten Jahren weiter zurückgegangen. Es müsse gelingen, diese Mittel zu steigern. Laut Aguerta liegt die wichtigste Verantwortung für die Verfügbarkeit der Klimafinanzierung bei den entwickelten Ländern, „aufgrund ihrer historischen Verantwortlichkeiten und Möglichkeiten“. Dennoch sollten auch Hochemissionsländer ihre Beiträge leisten - „und zwar höhere als zuvor“.

„Für mich ist proaktive internationale Klimapolitik Krisen- und Konfliktprävention“, sagte der von der Unionsfraktion nominierte Professor Jan Christoph Steckel vom Institute on Global Commons and Climate Change (MCC). Die globale Reduktion von Emissionen sei im globalen Interesse. Steckel forderte, die eigenen Ziele und Interessen klar zu formulieren, Zielkonflikte klar zu benennen, „und diese nach Möglichkeit auch aufzulösen“. Zielkonflikte gebe es international wie auch national. Der Anstieg der Kohleverstromung in den letzten Jahren in Ländern wie China, Indien, Indonesien und den Philippinen sei darauf zurückzuführen, dass es in diesen Ländern die günstigste Möglichkeit war, schnell viel Stromkapazität ans Netz zu bringen. „Ziele, wie Energiesicherheit oder kurzfristig günstiger Strom wurden von den nationalen Regierungen höher gewertet als klimapolitische Ziele.“

Dies bedeute aber nicht, dass es keine klimafreundlichen Alternativen gebe oder Kohle eine unumstößliche Bedingung für ökonomische Entwicklung sei, betonte Steckel. Diese Alternativen seien aber mit höheren Kosten verbunden. „Daher ist eine internationale Politik der ausgestreckten Hand, wie sie es unter anderem mit den Just Energy Transition Partnerships (JETPs) versucht wird, der richtige Weg“, sagte er.

Die von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen als Sachverständige benannte Leiterin des Zentrums für Klima und Außenpolitik der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), Kira Vinke, sieht die Welt in einer „wirklich brenzligen Krise“. Aktuell würden Prozesse im Erdsystem losgetreten, die sich auf viele hunderte Jahre auswirken könnten. „Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Ambitionen im Klimaschutz steigern, auch national“, sagte sie. Die deutsche Klima-Außenpolitik gründe sich schließlich in ihrer Legitimierung auf ihrer Klima-Innenpolitik.

Um das 1,5 Grad-Ziel bis Ende des Jahrhunderts noch im Blick behalten zu können, müssten die Emissionen weltweit um 40 Prozent bis 2030 gesenkt werden, sagte Vinke. „Davon sind wir weit entfernt“, fügte sie hinzu. Benötigt werde der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren Energien. Ein Ziel könne sein, bis 2030 11.000 Gigawatt hinzuzubauen. Die Expertin sprach sich für mehr multilaterale oder bilaterale Abkommen aus, um eine neue Dynamik auch mit Blick auf den Ausstieg aus der fossilen Energieerzeugung zu erzielen. Wenn es beispielsweise derzeit nicht möglich sei, einen globalen CO2-Preis zu erreichen, könne in kleineren Gruppen etwa ein Methanpreis ausgemacht werden. Dazu müsse versucht werden, „auch mit den Amerikanern eine stärkere Partnerschaft einzugehen“.

Vinke ging auch auf die Kreditvergabe für Klimaanpassungsmaßnahmen ein. Benötigt würden mehr Zuwendungen, „weil es für viele Länder nicht möglich ist, für bestimmte Anpassungsmaßnahmen Kredite aufzunehmen und diese fristgerecht zurückzuzahlen“.

Professor Reimund Schwarze vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, von der FDP-Fraktion zu der Anhörung eingeladen, blickt wenig hoffnungsvoll auf die anstehende Konferenz von Dubai. Erwartet worden sei, dass nun der Mechanismus des „Naming and Shaming“ einsetze. In den vorliegenden Dokumenten stehe davon aber gar nichts. Es sei nur eine kollektive statt einer individuellen Bestandsaufnahme geplant. Im Grunde vertage man sich bei dieser Bestandsaufnahme schon wieder bis zur nächsten in fünf Jahren, bemängelte er. „Es ist also nicht zu erwarten, dass dort der zentrale Vollzugsmechanismus des Paris-Abkommens greift“, so Schwarze.

Realistischer sei ohnehin derzeit ein Klimastabilisierungsszenario jenseits von zwei Grad. Schon 2026 werde wohl das 1,5 Grand-Ziel dauerhaft verletzt werden. Alternativen zum Paris-Abkommen seien die Klimaclubs. „Diese Idee ist für Ökonomen außerordentlich charmant“, sagte Schwarze. Sie stelle die CO2-Bepreisung in den Mittelpunkt aller Ziele, was viele Vorteile habe. Allerdings sei diese Zielsetzung etwa im Rahmen der G7 aufgegeben worden. Schwarze nannte dies ernüchternd. Es gelte nun, den klimafreundlichen technischen Fortschritt durch internationale Forschungskooperation stärker zu fördern.

Nicht der Klimawandel, sondern „asymmetrisches Klimahandeln“ ist aus Sicht von Christopher Monckton of Brenchley die größte Sicherheitsbedrohung. „Der Westen handelt und der Rest nicht“, sagte er. Trotz der „Billiarden“, die der Westen fast allein ausgegeben habe, seien die globalen Emissionen gradlinig angestiegen. Die Ausgaben für den Klimawandel seien für Deutschland schädlich aber auch nicht gut für den Planeten, befand er. Dass die Bevölkerungen in ärmeren Ländern stärker betroffen seien vom Klimawandel, stimme nicht, so Monckton of Brenchley. Sie litten vielmehr unter der Weigerung des Westens, Kredite für dringend benötigte Kohlekraftwerke auszureichen.

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