Zeit:
Mittwoch, 13. November 2024,
14.45
bis 16.15 Uhr
Ort: Berlin, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Sitzungssaal 3 101
Die Sitzung ist öffentlich.
Der Gesundheitsausschuss beschäftigt sich in einer zweistündigen öffentlichen Anhörung am Mittwoch, 13. November 2024, mit dem Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz. Im Einzelnen geht es um den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune (20/11853, 20/12664) und um die Anträge der CDU/CSU-Fraktion mit den Titeln „Versorgung von Menschen in psychischen Krisen und mit psychischen Erkrankungen stärken“ (20/8860) und „Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum stärken“ (20/11955).
Die Anhörung wird live im Parlamentsfernsehen und im Internet auf www.bundestag.de übertragen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Die Bundesregierung will mit einer Reform der ambulanten medizinischen Versorgung das Angebot für die Patienten verbessern und Ärzte entlasten. Ihr Gesetzentwurf (20/11853) sieht unter anderem eine Entbudgetierung für Hausärzte vor. Die Leistungen der allgemeinen hausärztlichen Versorgung werden von mengenbegrenzenden und honorarmindernden Vorgaben ausgenommen, wie es in der Vorlage heißt.
Neu eingeführt wird eine Versorgungspauschale zur Behandlung chronisch kranker Patienten, die künftig nicht mehr jedes Quartal einbestellt werden müssen. Mit einer Vorhaltepauschale für die Wahrnehmung eines hausärztlichen Versorgungsauftrags sollen zum Beispiel viele Haus- oder Heimbesuche besonders honoriert werden.
Entlastung von Bürokratie
Über die Festlegung einer Geringfügigkeitsgrenze bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlich verordneter Leistungen sollen Mediziner von Bürokratie entlastet und von Arzneimittelregressen verschont werden. Die Gründung kommunaler medizinischer Versorgungszentren (MVZ) soll erleichtert werden. Dazu können für die Zulassung eines MVZ in der Rechtsform einer GmbH die Sicherheitsleistungen in der Höhe begrenzt werden.
Ferner soll die ambulante Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen verbessert und vereinfacht werden. So werden die besonderen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen beim Zugang zur psychotherapeutischen Versorgung durch eine separate Bedarfsplanung berücksichtigt. Außerdem werden zusätzliche psychotherapeutische und psychiatrische Versorgungsaufträge für vulnerable Patientengruppen geschaffen. Schwer kranke oder behinderte Patienten sollen einen besseren Zugang zu notwendigen Hilfsmitteln bekommen. Dazu sollen die Bewilligungsverfahren beschleunigt werden.
Weitere Regelungen betreffen die Mitbestimmung im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Im G-BA soll den Organisationen der Pflegeberufe ein Antrags- und Mitberatungsrecht bei Richtlinien und Beschlüssen über die Qualitätssicherung und weitere Aufgabenbereiche zugestanden werden.
Stellungnahme des Bundesrates
Der Bundesrat verspricht sich von dem Gesetzentwurf ein besseres Angebot insbesondere in strukturschwachen Regionen. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels plädiert die Länderkammer in ihrer Stellungnahme (20/12664) für neue Versorgungsformen und mehr Rechte der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) für die Versorgungssteuerung.
Die Altersstruktur der Vertragsärzte lasse in naher Zukunft Versorgungsengpässe erwarten. Es sei daher dringend geboten, den KVen Rechte zur Versorgungssteuerung an die Hand zu geben. So sollten die KVen Initiativrechte erhalten, die es ihnen ermöglichen, Ermächtigungen und Sonderbedarfszulassungen anhand von Versorgungsgesichtspunkten auszuschreiben.
Der Bundesrat fordert in den Regionen zudem die Einrichtung von „Gesundheitskiosken“. In Regionen und Stadtteilen mit einem hohen Anteil an sozial benachteiligten Personen und in strukturell benachteiligten Regionen könnten niedrigschwellige Beratungsangebote für Behandlung und Prävention etabliert werden, heißt es in der Stellungnahme. Diese Gesundheitskioske würden von Kommunen und der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) unter Beteiligung der Privaten Krankenversicherung (PKV) errichtet. Dabei solle das Initiativrecht bei den Kommunen liegen.
Primärversorgungszentren vorgeschlagen
Die Länder schlagen außerdem „Primärversorgungszentren“ für eine medizinische Grundversorgung vor. Die demografische Entwicklung führe zu einer Zunahme älterer und multimorbider Patienten, sodass sich die Anforderungen an die medizinische Grundversorgung wandelten, heißt es zur Begründung. Erforderlich sei daher ein sektorenübergreifender Ansatz, der auch die Verbindung zur sozialen Beratung und Unterstützung herstelle.
Der Bundesrat macht sich ferner für die Bildung sogenannter Gesundheitsregionen stark. Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen könnten mit Kreisen oder kreisfreien Städten und KVen Verträge schließen mit dem Ziel, eine bedarfsorientierte, regionale, sektorenübergreifende Versorgung sicherzustellen. Die Bundesregierung sagt laut Vorlage zu, die Vorschläge zu prüfen.
Erster Antrag der Unionsfraktion
Die Unionsfraktion fordert in ihrem ersten Antrag (20/8860) eine bessere Versorgung von Menschen in psychischen Krisen und mit psychischen Erkrankungen. Frühzeitige Diagnostik und Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen seien zentral, um die Gesundheit der Patienten wiederherzustellen oder ihre Beschwerden zu lindern sowie Verschlechterungen des Gesundheitszustandes und Chronifizierungen zu verhindern, heißt es darin. Es gehe darum, stationäre Behandlungsfälle und höhere Gesundheitskosten sowie negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zu verringern. Lange Wartezeiten bei Psychotherapeuten und Fachärzten stünden diesen Zielen jedoch entgegen.
Die Abgeordneten fordern unter anderem, einen gesetzlichen Auftrag an den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zu richten mit dem Ziel, die Bedarfsplanung in der Psychotherapie weiterzuentwickeln. Zudem müsse die Versorgung für schwer psychisch kranke Versicherte mit komplexem psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf gezielt gestärkt werden.
Ferner müsse die psychische Krisen- und Notfallversorgung mit einheitlichen Standards weiter auf- und ausgebaut werden. Insbesondere für Kinder und junge Menschen sollten zudem niedrigschwellige und flächendeckende Zugänge zu Beratungs- und Hilfsangeboten ausgebaut werden.
Zweiter Antrag der Unionsfraktion
In ihrem zweiten Antrag (20/11955) fordert die Unionsfraktion eine Stärkung der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum. Die Gewährleistung der medizinischen Versorgungssicherheit auf dem Land stelle infolge des Strukturwandels ein großes Problem dar. Dies führe zu gegensätzlichen Verhältnissen zwischen der städtischen und ländlichen Versorgung.
Erschwerend komme hinzu, dass der demografische Wandel das Problem der flächendeckenden Gesundheitsversorgung verschärfe. Der Ärztemangel treffe gerade in ländlichen Gebieten besonders viele ältere und hochbetagte Bürger, für die der weite Weg zu den verbleibenden Arztpraxen und Krankenhäusern eine enorme Belastung darstelle. Es sei unerlässlich, dieser ungünstigen Kombination von Strukturwandel, einer älter werdenden Gesamtbevölkerung und mangelnden Fachkräften entgegenzutreten. Die bestehenden Strukturen müssten daher weiterentwickelt werden, heißt es in dem Antrag.
Forderungskatalog mit 25 Punkten
Der Forderungskatalog der Fraktion umfasst 25 Punkte. Die Abgeordneten fordern unter anderem, die angekündigte Entbudgetierung zügig umzusetzen und mit einem Fokus auf den ländlichen Raum zu prüfen, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um einer Ballung von Haus- und Fachärzten in den Großstädten vorzubeugen. Dabei solle auch geprüft werden, ob eine Entbudgetierung fachärztlicher Leistungen nur in ländlichen Regionen als Anreiz für eine Niederlassung ermöglicht werden könnte.
Bei der Krankenhausstrukturreform müsse die Notfallversorgung mit Blick auf die schnelle Erreichbarkeit von Krankenhäusern zur Erstversorgung stärker in den Blick genommen werden. Die ärztliche Aus- und Weiterbildung sollte auch an kleineren Klinikstandorten im ländlichen Raum sowie in sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen sichergestellt werden. Zudem sollte die Telemedizin als ergänzendes Mittel zur ärztlichen Versorgung nutzerorientiert ausgebaut werden.
Die 42 Mitglieder des Gesundheitsausschusses diskutieren alle Themen der Gesundheitspolitik – von der Bewältigung der Corona-Pandemie über die menschenwürdige, qualitativ hochwertige Pflege bis hin zur flächendeckenden ärztlichen Versorgung. (pk/29.10.2024)