Bundesministerin Alabali-Radovan will Entwicklungspolitik neu aufstellen
Die neue Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Reem Alabali-Radovan (SPD), will die deutsche Entwicklungspolitik neu aufstellen. Es gehe vor allem um Fokussierung, „das heißt, dass wir Entwicklungspolitik im Dreiklang mit Außen- und Verteidigungspolitik als nachhaltige Sicherheitspolitik ausbuchstabieren“, betonte die Ressortchefin am Mittwoch, 14. Mai 2025, im Bundestag bei der Vorstellung ihres Regierungsprogramms.
Ministerin will Nord-Süd-Kommission ins Leben rufen
Der Rückzug der USA aus der Entwicklungs- und Verteidigungspolitik treffe die internationale Entwicklungszusammenarbeit aufs Härteste, sagte Alabali-Radovan. Daraus folge, dass Deutschland mehr investieren müsse, um Sicherheit zu gewährleisten. „Deutschland braucht weltweit stabile Gesellschaften und Frieden“, sagte die Ministerin, deren Eltern Mitte der 1990er-Jahre vor den politischen Verhältnissen aus dem Irak nach Deutschland geflohen waren, als Alabali-Radovan sechs Jahre alt war. Auf diese familiären Wurzeln verwies die heute 35-jährige Schwerinerin. Sie wisse dadurch, wie es den Menschen gehe, die von politischer Unsicherheit, Krisen, Kriegen und Perspektivlosigkeit geprägt sind. „Und ich weiß auch, welche Auswirkungen es auf uns hier in Deutschland hat, wenn wir für diese Krisen keine gemeinsamen Lösungen finden.“
Die Bundesregierung werde eine Nord-Süd-Kommission ins Leben rufen, kündigte Alabali-Radovan an. Sie solle helfen, die partnerschaftlichen und strategischen Beziehungen mit den Ländern des Globalen Südens auf Augenhöhe auszubauen. Außerdem sprach sie sich für eine Stärkung der Vereinten Nationen (UN) und des UN-Standortes in Bonn aus.
Union plädiert für Strategie aus einem Guss
Andreas Jung (CDU/CSU) betonte, es sei kein Widerspruch, Außenpolitik, Sicherheitspolitik und Entwicklungspolitik zusammenzudenken. Wirtschaftliche, ökologische und soziale Sicherheit gehörten „hier im Land, europäisch und international“ zusammen. „Es muss eine Politik, eine Strategie aus einem Guss sein.“
Er hoffe, dass Nachhaltigkeitsziel der Vereinten Nationen in der neuen Bundesregierung „noch mal mit einem stärkeren Fokus, mit mehr Öffentlichkeit, mit mehr Nachdruck verfolgt werden kann, als es bisher gelungen ist“.
SPD stellt Gerechtigkeit ins Zentrum
„Entwicklungspolitik ist kein Nebenschauplatz, sondern zentral für globale Gerechtigkeit und für unsere eigene Zukunftsfähigkeit“, sagte die Abgeordnete Sanae Abdi (SPD). Für sie stünden dabei drei Themen im Vordergrund: die Förderung einer regulären und humanitären Migration, die gerechtere Gestaltung der internationalen Finanzarchitektur und der Auf- und Ausbau resilienter Sozial- und Gesundheitssysteme.
Grüne: Entwicklungspolitik nicht instrumentalisieren
Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) warnte davor, Entwicklungspolitik zu instrumentalisieren – „schon gar nicht für migrationspolitische Abschottungsfantasien, die sich durch den gesamten Koalitionsvertrag ziehen.“ Sie sprach sich dafür aus, „eine wertegeleitete, eine feministische, menschenrechtsbasierte Entwicklungspolitik“ zu verteidigen.
AfD: Entwicklungsministerium abschaffen
Markus Frohnmaier (AfD) forderte von der Bundesregierung einen „Kurswechsel in der Entwicklungszusammenarbeit, und der lautet: Deutschland zuerst!“. Seine Partei trete dafür ein, dass das Entwicklungsministerium abgeschafft und die Mittel „mit dem Rotstift“ zusammengestrichen werden sollen. Entwicklungshilfe müsse heißen: „Wirtschaftsförderung mit Lieferbindungen, freier Handel und Zugang zu Rohstoffen statt Gender-Gaga und Klimaideologie“.
Linke: Entwicklungspolitik als Werkzeug für Umverteilung
Charlotte Neuhäuser (Die Linke) betonte demgegenüber, Entwicklungspolitik dürfe „kein Hebel sein, um Konzerninteressen durchzusetzen. Sie muss ein Werkzeug für Umverteilung sein – von Reichtum, Macht und Wissen weltweit“. Deutschland sei eines der reichsten Länder der Welt, auch wegen seiner Kolonialgeschichte. „Das bringt Verantwortung mit sich, ob wir wollen oder nicht.“ (joh/14.05.2025)