Die Bundesregierung will die gesetzlichen Grundlagen für einen „neuen attraktiven Wehrdienst“ schaffen. Ihr Gesetzentwurf „zur Modernisierung des Wehrdienstes“ (Wehrdienst Modernisierungsgesetz, 21/1853) stand am Donnerstag, 16. Oktober 2025, zur ersten Lesung auf der Tagesordnung des Bundestages. Im Anschluss an die halbstündige Aussprache wurde der Gesetzentwurf zur weiteren B Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Federführend ist der Verteidigungsausschuss.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Die Bundeswehr soll noch konsequenter auf die Landes- und Bündnisverteidigung ausgerichtet werden, heißt es in dem Entwurf. Russland werde auf absehbare Zeit die größte Gefahr für die Sicherheit in Europa bleiben und schaffe militärisch die personellen und materiellen Voraussetzungen dafür, um innerhalb weniger Jahre in der Lage zu sein, Nato-Territorium angreifen zu können, schreibt die Regierung.
Daraus folge, „dass die Bundesrepublik Deutschland ihre Fähigkeiten zur gesamtstaatlichen Verteidigung nachhaltig verbessern muss“.
Neuer Wehrdienst basiert „zunächst“ auf Freiwilligkeit
Der neue Wehrdienst basiert zunächst auf Freiwilligkeit, enthält mit der für Männer verpflichtenden Bereitschaftserklärung und der Wiedereinführung der Musterung von vornherein aber auch verpflichtende Elemente. Zudem werde der Bundesregierung die Möglichkeit eingeräumt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundestages die verpflichtende Heranziehung von Wehrpflichtigen zu veranlassen, „wenn die verteidigungspolitische Lage dies erfordert und attraktivitätssteigernde Maßnahmen zur Erhöhung freiwilliger Bewerbungen nicht rechtzeitig wirksam werden“, heißt es im Entwurf.
Der neue Wehrdienst soll durch eine deutlich gesteigerte Attraktivität, Wertschätzung und einen sinnhaften, anspruchsvollen Dienst die Bereitschaft zum Wehrdienst dauerhaft und signifikant steigern. Notwendig sei darüber hinaus eine modernisierte Wehrerfassung, um effektiver und zielgerichtet das Potenzial der Wehrpflichtigen sowie der jetzigen und künftigen Reservistinnen und Reservisten zu erfassen.
Verpflichtung „unter bestimmten Voraussetzungen“
Ein Element des Entwurfs ist zudem die Möglichkeit, die Verpflichtung zum Grundwehrdienst „unter bestimmten strengen Voraussetzungen wieder aufleben lassen zu können“. Die Bundesregierung soll durch Rechtsverordnung die Einberufung zum Wehrdienst anordnen können.
Diese Rechtsverordnung setze die Zustimmung des Bundestages voraus, „da die Entscheidung über die verpflichtende Heranziehung wegen der damit verbundenen Grundrechtsrelevanz einer parlamentarischen Beteiligung bedarf und nicht allein der Exekutive überlassen werden kann“, schreibt die Bundesregierung. (hau/16.10.2025)
Verteidigung
Wehrdienst-Modernisierungsgesetz stößt auf Skepsis und Kritik
Zeit:
Montag, 10. November 2025,
10
bis 12.30 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal 4.900
Der Entwurf der Bundesregierung für das geplante Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (21/1853) ist in einer öffentlichen Anhörung des Verteidigungsausschusses am Montag, 10. November 2025, bei der deutlichen Mehrheit der geladenen Sachverständigen auf viel Skepsis und Kritik gestoßen – allerdings aus ganz unterschiedlichen Gründen.
Zweifel, ob die angestrebte Truppenstärke ausreichen wird
Sowohl der Militärhistoriker Prof. Dr. Sönke Neitzel von der Universität Potsdam als auch der Vorsitzende des Deutschen Bundewehrverbandes, OberstAndré Wüstner, bezweifelten, dass die von der Bundesregierung im Gesetzentwurf angestrebte Truppenstärke der Bundeswehr von 260.000 aktiven Soldaten und weiteren 200.000 Reservisten ausreichen wird, die Verpflichtungen Deutschlands gegenüber der Nato und den Kräftebedarf im sogenannten „Operationsplan Deutschland“ zu erfüllen. Die genannten Zahlen seien „diffus“ und das Verteidigungsministerium sei bislang eine „schlüssige Ableitung dieser Berechnung schuldig geblieben“, kritisierte Neitzel.
Auch Wüstner bemängelte, dass es sich bei der erfolgten Festsetzung des Verteidigungsumfangs lediglich um eine „erste grob geschätzte Ableitung“ handele, die nicht auf einem „politisch gebilligten neuen Fähigkeitsprofil“ für die Streitkräfte beruhe. Nach Einschätzung Wüstners dürfte der benötigte Umfang der aktiven Truppe eher oberhalb von 300.000 Soldaten liegen.
Der Leiter des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr, Generalleutnant Robert Karl Sieger, verwies darauf, dass das Verteidigungsministerium den anvisierten konkreten Truppenaufwuchs bis zum Frühjahr 2026 vorlegen werde. Dies bezeichnete Neitzel als „absurd“. Die neuen Anforderungen der Nato seien doch im Grunde seit Langem bekannt.
„Wehrpflicht-Aussetzung ein großer strategischer Fehler“
Neitzel und Wüstner bezweifelten ebenso wie Generalleutnant a.D. Joachim Wundrak zudem, dass es der Bundeswehr gelingen wird, den angestrebten Truppenumfang allein aus Freiwilligen rekrutieren zu können. Die Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 sei „ein großer strategischer Fehler“ gewesen. Schon jetzt sei absehbar, dass auch die geplante Steigerung der Attraktivität des Dienstes – etwa durch eine Erhöhung des Soldes oder Zuschüsse zum Erwerb des Führerscheins – nicht ausreichen werde, um genügend Freiwillige zu rekrutieren.
Die Reaktivierung der Wehrpflicht für alle Männer sei deshalb „unabdingbar“, sagte Wundrak. Er plädierte für einen dreimonatigen Grundwehrdienst. Dies würde zumindest ausreichen, um den Bedarf an Soldaten für Sicherungsaufgaben im Rahmen der Territorialverteidigung zu decken. Die Wehrpflichtigen dürften allerdings nur im Inland eingesetzt werden.
„Größte Herausforderung bei den Zeit- und Berufssoldaten“
Neitzel sprach sich für die Einführung einer Auswahlwehrpflicht nach schwedischem Vorbild aus, bei dem verpflichtend zum Militärdienst eingezogen wird, wenn sich nicht genügend Freiwillige zum Dienst melden. Auch Wüstner präferierte dieses Modell. Auf jeden Fall müsse bereits jetzt im Gesetz ein Mechanismus verankert werden, um Wehrpflichtige einzuziehen, wenn sich nicht ausreichend Freiwillige melden.
Er verwies zudem darauf, dass sich das Personalproblem der Bundeswehr weder mit Freiwilligen noch mit Wehrpflichtigen, die nur wenige Monate dienen, lösen lasse. Die größte Herausforderung liege im Bereich der Zeit- und Berufssoldaten, „den Profis“,argumentierte Wüstner. Die Personalstruktur der Bundeswehr müsse entsprechend umgebaut werden.
„Potenzial an Freiwilligen noch nicht ausgeschöpft“
Auch Neitzel bescheinigte, dass die Bundeswehr deutlich überaltert sei und lediglich 50 Prozent der Truppe mit dem eigentlichen Kernauftrag beschäftigt seien. Die übrigen 50 Prozent seien vor allem in Stäben, Behörden und Ämtern eingesetzt. Angesprochen auf das Problem der Wehrgerechtigkeit bei einer Auswahlwehrpflicht führte Neitzel an, dass in Friedenszeiten die Wehrgerechtigkeit noch nie gegeben gewesen sei. Es seien stets weniger junge Männer zum Dienst gezogen worden als zur Verfügung gestanden hätten.
Im Gegensatz zu Neitzel, Wüstner und Wundrak argumentierte Generalleutnant Sieger, dass die Bundeswehr das Potenzial an Freiwilligen noch nicht ausgeschöpft habe. So seien in den vergangenen zwei Jahren die Bewerberzahlen und die Zahl der Einstellungen auf einen Höchstwert angestiegen. In den Jahren davor sei der Einbruch der Bewerberzahlen vor allem mit der Corona-Pandemie zu erklären. Durch die geplanten Maßnahmen zur Steigerung des Wehrdienstes könne es gelingen, mehr Freiwillige für die Bundeswehr zu gewinnen. Aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre ließe sich ableiten, dass die Freiwilligen vor allem auf eine heimatnahe Verwendung und auf einen „sinnstiftenden Dienst“ Wert legten.
Massive Kritik von Schüler- und Jugendvertretung
Massive Kritik am Gesetzentwurf der Regierung beziehungsweise an dessen Zustandekommen übten Quentin Gärtner, Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, und die Vorsitzende des Deutschen Bundesjugendringes e.V., Daniela Broda. Übereinstimmend bemängelten sie, dass bei der Formulierung des Gesetzentwurfes die Bedürfnisse junger Menschen in Deutschland nicht berücksichtigt und deren Vertreter nicht angehört worden seien. Dabei habe man bei der Ausarbeitung von Gesetzesvorlagen etwa im Bundesfamilienministerium sehr gute Erfahrungen mit der Beteiligung von Jugendverbänden gemacht, führte Broda aus.
Gärtner forderte: „Wir müssen gehört werden! Punkt.“ Er verwies darauf, dass die Jugendlichen in Deutschland sehr wohl bereit seien, einen Dienst für die Gesellschaft zu leisten. Doch darauf würden sie im aktuellen Bildungssystem nicht vorbereitet. „Die Resilienz der Gesellschaft wird nachhaltiger und stabiler sein, wenn junge Menschen nicht ausschließlich als Ausputzer für Entwicklungen betrachtet werden, die sie nicht zu verantworten haben“, sagte Gärtner.
Er forderte ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Förderung junger Menschen vorrangig in den Bereichen Gesundheit und Bildung. Broda mahnte an, dass die Jugendlichen nicht nur über einen möglichen freiwilligen Wehrdienst informiert werden, sondern auch über gleichwertige Dienste im zivilen Bereich. (aw/10.11.2025)
Verteidigung
Bundestag stimmt für neues Wehrdienstgesetz
Der Bundestag hat am Freitag, 5. Dezember 2025, die gesetzlichen Grundlagen für einen „neuen attraktiven Wehrdienst“ geschaffen. Dem Gesetzentwurf „zur Modernisierung des Wehrdienstes“ (Wehrdienst-Modernisierungsgesetz, 21/1853, 21/2581) stimmten in namentlicher Abstimmung 323 Abgeordnete zu, 272 lehnten ihn ab. Eine Abgeordnete enthielt sich. In zweiter Beratung hatten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD zugestimmt, während die Oppositionsfraktionen AfD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke dagegen votierten. Der Abstimmung lagen eine Beschlussempfehlung des Verteidigungsausschusses (21/3076) und ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages zur Finanzierbarkeit (21/3077) zugrunde.
Gesetzentwurf zur Modernisierung des Wehrdienstes
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Die Regelung setzt auf Freiwilligkeit und auf einen attraktiven Dienst. Alle 18-jährigen Männer und Frauen erhalten ab Anfang 2026 einen Fragebogen, durch den ihre Motivation und Eignung für den Dienst in den Streitkräften ermittelt wird. Für Männer ist die Beantwortung des Fragebogens verpflichtend, für Frauen freiwillig. Für alle Männer, die ab dem 1. Januar 2008 geboren wurden, wird die Musterung wieder zur Pflicht.
Es wird ein Dienst auf freiwilliger Basis angestrebt. Werde ein sogenannter Aufwuchskorridor nicht eingehalten, soll es zu einer „Bedarfswehrpflicht“ kommen. Darüber müsste dann zunächst der Bundestag in einem erneuten Gesetzgebungsverfahren abstimmen.
Mindestens 2.600 Euro brutto
Junge Menschen, die sich freiwillig für den Neuen Wehrdienst entscheiden, sollen ein attraktives Angebot erhalten. Dazu gehören eine moderne Ausbildung und eine monatliche Vergütung von mindestens 2.600 Euro brutto, der Soldat beziehungsweise die Soldatin auf Zeit (SaZ) soll 2.700 Euro brutto inklusive Unterbringung, erhalten. Zudem soll möglichst auf eine wohnortnahe Verwendung geachtet werden.
Bei einer Verpflichtung für mindestens ein Jahr wird zudem ein Zuschuss für den Pkw- oder Lkw-Führerschein gewährt. Die Soldatinnen und Soldaten auf Zeit werden nach dem Bundesbesoldungsgesetz besoldet.Der Wehrdienst dauert laut Gesetz mindestens sechs Monate. Ansonsten kann jede Person individuell entscheiden, wie lange sie Wehrdienst leisten möchte. Bei entsprechender Eignung sind längere Verpflichtungszeiten von bis zu 25 Jahren möglich.
AfD kritisiert „Merkel-Politik“
In der Debatte vor der Abstimmung stieß das Wehrdienst-Modernisierungsgesetz bei den Oppositionsfraktionen auf mitunter heftige Kritik. Rüdiger Lucassen (AfD) hielt der Bundesregierung vor, sie packe das Personalproblem der Bundeswehr „nicht bei der Wurzel an“, sondern versuche es erneut, durch eine Steigerung der Attraktivität des Dienstes und mit mehr Geld zu lösen. Dies sei „Merkel-Politik“, die zu ihrem Ende komme.
Die Bundeswehr benötige keine Soldaten, die „wegen des Soldes“ kämen, sondern aus Überzeugung. Benötigt werde der „der geborene Verteidiger der deutschen Schicksalsgemeinschaft“, sagte Lucassen.
Grüne wollen Zivilschutz stärken
Sara Nanni (Bündnis 90/Die Grünen) führte an, ihre Fraktion habe zwar die Zeitenwende und die Abschaffung der Schuldenbremse bei den Verteidigungsausgaben mitgetragen, aber dem neuen Wehrdienstgesetz könne ihre Fraktion nicht zustimmen. Es gebe keine Antworten auf die sicherheitspolitischen Anforderungen.
Es benötige nicht nur einen personellen Aufwuchs bei den Streitkräften, sondern auch beim Zivilschutz. Beim Kanzleramt müsse eine Koordinierungsstelle für gesamtstaatliches Krisenmanagement eingerichtet werden. Nanni kritisierte, dass der Fragebogen keine Abfrage für einen zivilen Dienst vorsähe und nur 18-jährige Männer ihn ausfüllen müssten und nicht „alle Generationen“ und „alle Geschlechter“.
Linke will Wehrpflicht aus Grundgesetz streichen
Desiree Becker (Die Linke) lehnte eine Rückkehr zur Wehrpflicht oder zu einer Bedarfswehrpflicht ab. Deshalb habe ihre Fraktion einen Antrag vorgelegt, um die Wehrpflicht aus Artikel 12a des Grundgesetzes zu streichen. Die jungen Menschen in Deutschland hätten anderes vor, „als im Regiment Merz für Kapital der Reichen den Kopf hinzuhalten“.
Der Zwang zum Ausfüllen eines Fragebogens oder zur Musterung habe nichts mit Freiwilligkeit zu tun, argumentierte Becker. „Informiert euch über das Recht auf Kriegsdienstverweigerung und nutzt es“, rief die Abgeordnete die Jugendlichen auf.
SPD: Höherer Sold und Führerschein-Zuschüsse
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und die Koalitionsfraktionen wiesen die Kritik der Opposition zurück. Entgegen mancher Darstellung in der Öffentlichkeit gehe es nicht darum, „die Lostrommel anzuwerfen“, um junge Menschen „als Kanonenfutter in die Ukraine zu schicken“, stellte Siemtje Möller (SPD) klar. „Sondern es geht darum, dass wir uns verteidigen können, um uns nicht verteidigen zu müssen.“
Um genügend Freiwillige für einen Wehrdienst zu motivieren, werde die Attraktivität des Dienstes durch einen höheren Sold und Zuschüsse zum Führerschein erhöht. Zudem habe der Bundestag „das Heft des Handelns in der Hand“ und werde, wenn nötig, über die Einführung einer Bedarfswehrpflicht gesondert entscheiden, argumentierte Möller.
Union: Reaktion auf neue Bedrohung durch Russland
Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU) argumentierte, die Koalition habe mit dem Wehrdienstgesetz auf die Bedrohung durch Russland reagiert. Die Bundeswehr benötige nicht nur eine materielle Aufrüstung, sondern auch mehr Soldaten, um Frieden und Freiheit zu verteidigen. Dafür gebe es im Gesetz eine „mit konkreten Zahlen ausgestatteten Aufwuchsplan“.
Mit Blick auf die dreimonatigen Diskussionen innerhalb der Koalition über das Wehrdienstgesetz führte Röttgen an, dass dies der „parlamentarischen Normalität“ entspreche.
Minister Pistorius: „Schrittmacher“ bei der Verteidigung
Verteidigungsminister Pistorius verwies darauf, dass längst auch andere europäische Staaten wie Schweden, Litauen und Kroatien mit neuen Wehrdienstgesetzen auf die Bedrohungslage reagiert hätten. Auch Frankreich habe entsprechende Schritte angekündigt. Deutschland sei ein „Schrittmacher“ bei der Verteidigung in Europa.
Zunächst bleibe der Wehrdienst freiwillig. Es gehe zunächst um das Ausfüllen eines Fragebogens und eine „Musterung, die niemandem wehtut“. Zur Ehrlichkeit gehöre aber auch, dass es die Möglichkeit für eine Bedarfswehrpflicht gebe, wenn sich die Bedrohungslage verschlechtert und sich nicht genügen Freiwillige finden. Diese müsse der Bundestag aber gesondert in einem neuen Gesetz beschließen.
Entschließung verabschiedet
Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen das Votum der Opposition verabschiedete das Parlament nach der Debatte zudem eine Entschließung. Darin wird der Bundestag aufgefordert, ein ganzheitliches Konzept zur Stärkung der Freiwilligendienste unter Einbindung der beteiligten Ressorts, Akteure, Träger und Freiwilligendienstleistenden vorzulegen und durch die gesteigerten Mittel mehr Plätze zu schaffen, um die Zahl von über 100.000 Freiwilligendienstleistenden jährlich zu erreichen. Auch sollen die Rahmenbedingungen für Freiwilligendienstleistende attraktiver ausgestaltet werden. Dazu gehörten Vorschläge für eine angemessene Anpassung der Entschädigung und zusätzliche Leistungen, etwa für den öffentlichen Nahverkehr, gefördert mit Bundesmitteln.
Darüber hinaus solle die Regierung prüfen, wie die Rahmenbedingungen der pädagogischen Begleitung aufgewertet werden können und wie diese pädagogische Begleitung zu einem ganzheitlichen Coachingangebot ausgeweitet werden kann, das mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet ist. Auch soll ein Freiwilligendienst Bevölkerungsschutz eingerichtet werden, in den Modellprojekte des freiwilligen Handwerksjahres gemeinsam mit den Handwerkskammern integriert werden. Geprüft werden soll zudem die Ausweitung der Kapazitäten für den „Dienst an der Gesellschaft“ im Hinblick auf Personalbedarf, volkswirtschaftliche, gesellschaftliche und rechtliche Auswirkungen sowie Finanzierungsmodelle unter Einbindung der Länder. Das soll innerhalb von zwölf Monaten geschehen.
Oppositionsanträge abgelehnt
Einen Entschließungsantrag (21/3081), den die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Wehrdienst-Modernisierungsgesetz vorgelegt hatte, lehnte der Bundestag hingegen mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen ab. Darin forderte die Fraktion unter anderem, dass der Bundestag eine Enquete-Kommission für gesamtgesellschaftliche Resilienz einrichtet. Ziel sollte ein ergebnisoffener Diskussionsprozess darüber sein, wie militärische und zivile Dienstformen – freiwillige, hybride und verpflichtende – sowie weitere Formen gesellschaftlicher Mitwirkung zur Gesamtverteidigung und Resilienz beitragen können. In die Arbeit der Enquete-Kommission sollten alle Beteiligten und Betroffenen, maßgeblich junge Menschen, einbezogen werden.
Keine Mehrheit fand auch ein Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Streichung der Wehrpflicht aus dem Grundgesetz“ (21/1488), zu dem ebenfalls eine Beschlussempfehlung des Verteidigungsausschusses vorlag (21/3076). Alle übrigen Fraktionen lehnten den Antrag der Linken ab. Die Linke schreibt darin: „Die Wehrpflicht ist ein weiteres militärisches Instrument zur Durchsetzung machtpolitischer Interessen des Staates“. Junge Menschen würden ungeachtet ihrer Lebensentwürfe und Wünsche als „Verschiebemasse für die Bundeswehr“ instrumentalisiert.
Die Antragsteller verweisen auf die Truppenstärke der Nato von mehr als drei Millionen Soldaten und Soldatinnen. „Diese militärische Überlegenheit gegenüber allen anderen Staaten macht deutlich: Eine sicherheitspolitische Notwendigkeit zur Reaktivierung der Wehrpflicht besteht nicht“. Von der Bundesregierung forderte Die Linke, bis Ende 2025 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes vorzulegen und die Mittel für die Freiwilligendienste aufzustocken, um dort neue Stellen zu schaffen. (aw/che/hau/5.12.2025)