Parlament

Die Gesetzgebung des Bundes

Der Bundestagsadler im Plenarsaal.

(picture alliance)

Gesetze dienen dazu, das friedliche Zusammenleben zu regeln. Damit nicht Willkür oder das Recht des Stärkeren herrschen, bedarf es bindender Regeln – für die Bürger und für den Staat. Gesetze markieren aber nicht nur Grenzen, sie schaffen ebenfalls Rechte, etwa auf soziale Hilfen, und sie regeln den Ausgleich widerstreitender Interessen. Staatsaufgaben wie die Wahrung der innern und äußeren Sicherheit oder der Schutz von Umwelt und Gesundheit werden erst durch Gesetze ausbuchstabiert. Neue Gesetze, etwa zum Datenschutz, helfen bei der Anpassung an veränderte Lebens-, Arbeits- und Umweltbedingungen in einer zunehmend komplexen Gesellschaft. 
In der Öffentlichkeit herrscht indes oft der Eindruck, als würden Bürger und Unternehmen von einer „Gesetzesflut“ überrollt und als sei Deutschland insgesamt überreguliert. Schon Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), der nicht nur Dichter, sondern auch Jurist war, wird mit den Worten zitiert, „wenn man alle Gesetze studieren sollte, so hätte man gar keine Zeit, sie zu übertreten“. Blickt man in die jüngere Vergangenheit, wurden in der 18. Wahlperiode (2013-2017) insgesamt 548 Gesetze verkündet. Zusätzlich zu den Bundesgesetzen existiert ein Vielfaches an Landesgesetzen. 

Umgekehrtes Regel-Ausnahme-Verhältnis

Zu den Wesensmerkmalen der deutschen bundesstaatlichen Ordnung gehört, dass Bund und Länder je über eigene Befugnisse bei der Gesetzgebung verfügen. Durch diese Aufteilung soll möglichst effizientes staatliches Handeln gewährleistet werden. Sind die Verhältnisse vor Ort maßgebend, spricht das für die Zuständigkeit der Länder. Ist eine einheitliche, gesamtstaatliche Regelung erforderlich, ist der Bund gefragt.

Nach dem Willen der Mütter und Väter des Grundgesetzes sollten schwerpunktmäßig die Länder zuständig sein. Nach Artikel 70 Absatz 1 des Grundgesetzes haben die Länder das Recht der Gesetzgebung, „soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht“. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis hat sich jedoch im Laufe der Zeit umgekehrt. Da mit wachsenden Staatsaufgaben auch die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers wuchs, liegt das Schwergewicht der Gesetzgebungsbefugnisse mittlerweile beim Bund. Ob ein Gesetz auf den Weg gebracht wird, ist im Wesentlichen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers überlassen, wenngleich mittlerweile häufig Vorgaben der Europäischen Union eine Rolle spielen.

Ausschließliche und konkurrierende Gesetzgebung

Unabhängig davon, wer den Anstoß gibt, kann ein Bundesgesetz nur wirksam zustande kommen, wenn der Bund für die zu regelnde Materie zuständig ist (Artikel 70 bis 74 des Grundgesetzes), wenn das nach dem Grundgesetz vorgeschriebene Verfahren eingehalten wird (Art. 76 bis 81) und wenn das Gesetz vom Bundespräsidenten nach Gegenzeichnung ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündet wird (Art. 82). 
Das Grundgesetz unterscheidet zwischen ausschließlicher Gesetzgebung des Bundes (Art. 71 und 73) und konkurrierender Gesetzgebung (Art. 72 und 74). Im Bereich ausschließlicher Zuständigkeit, etwa für die Außen- und Verteidigungspolitik, für den Luftverkehr oder das Waffenrecht, dürfen die Länder keine Gesetze erlassen, es sei denn, sie werden dazu ausdrücklich vom Bund ermächtigt. Auf Gebieten der konkurrierenden Gesetzgebung dürfen die Länder Gesetze verabschieden, soweit der Bund nicht selbst aktiv wird. Diese Regelung gilt zum Beispiel für das Strafrecht, das Vereinsrecht, das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht von Ausländern, das Arbeitsrecht oder die Abfallwirtschaft und Fortpflanzungsmedizin.

Das rechte Maß von Vielfalt und Einheit

Auf manchen Gebieten darf der Bund jedoch nur tätig werden, wenn eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich ist (Art. 72 Abs. 2). Auch sperrt nicht jede bundesrechtliche Regelung ein Tätigwerden des Landesgesetzgebers aus. Auf Gebieten wie dem Jagdwesen, dem Naturschutz oder bei der Regelung der Hochschulabschlüsse dürfen abweichende Landesgesetze erlassen werden; es genießt dann die jeweils letzte Regelung Vorrang (Art. 72 Abs. 3). 

Da Gesetzgebung das zentrale Element politischer Gestaltung ist, haben Bund und Länder immer wieder heftig um die Verteilung ihrer Zuständigkeiten gerungen. Auf keinem Gebiet ist das Grundgesetz häufiger geändert worden als bei den Gesetzgebungskompetenzen. Die verschiedenen Reformen sind zugleich Spiegelbild der Bemühungen, das rechte Maß von Vielfalt und Einheit im Zusammenwirken von Bund und Ländern (kooperativer Föderalismus) zu finden. 

Entflechtung der Zuständigkeiten

As der Verfassungsgesetzgeber 2006 das Gesetzespaket zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung verabschiedete, war die Entflechtung der Zuständigkeiten von Bund und Ländern einer der zentralen Bausteine der so genannten Föderalismusreform I. Damit sollte der Missstand beendet werden, den Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble rückblickend mit den Worten „Alle für alles zuständig und niemand für irgendetwas verantwortlich“ umriss.

Auch wenn die Erfolgsbilanz der Föderalismusreform I gemischt ausfällt, konstatieren selbst Kritiker wie der Staatsrechtslehrer und Richter des Bundesverfassungsgerichts, Peter Michael Huber, dass „eine durchaus substanzielle Entflechtung der Entscheidungszuständigkeiten von Bund und Ländern erreicht worden ist“. 

Hürden für Grundgesetzänderungen

Insgesamt ist das Grundgesetz seit 1949 durch mehr als 60 Änderungen aktuellen Bedürfnissen angepasst worden – weitaus häufiger als die Verfassungen zahlreicher anderer Länder. Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben jedoch gewisse Hürden eingebaut, um die ursprüngliche Verfassungsordnung zu schützen. Nur wenn sich in Bundestag und Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit findet, kann das Grundgesetz geändert werden (Art. 79 Abs. 2).

Ausgenommen sind die Fundamente der freiheitlichen Verfassungsordnung, also Bundesstaat, Demokratie, Sozial- und Rechtsstaat sowie die Menschenwürde oder auch das Willkürverbot (Art. 79 Abs. 3). Durch diese Bestandsgarantie soll verhindert werden, dass das Grundgesetz seiner Substanz beraubt und zu Zwecken missbraucht wird, die nicht mit seinen Grundprinzipien vereinbar sind. Konsequenterweise darf die sogenannte Ewigkeitsgarantie ebenfalls nicht abgeschafft werden. Eine solche „Selbstbefreiung von den im Grundgesetz festgelegten Schranken einer Verfassungsänderung“ hat das Bundesverfassungsgericht ausgeschlossen. (gel/01.05.2019)

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

Artikel

Kapitel

Präambel

1 - 19

Die Grundrechte

20 - 37

Der Bund und die Länder

38 - 49

Der Bundestag

50 - 53

Der Bundesrat

53a

Gemeinsamer Ausschuss

54 - 61

Der Bundespräsident

62 - 69

Die Bundesregierung

70 - 82

Die Gesetzgebung des Bundes

83 - 91

Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung

91a - e

Gemeinschaftsaufgaben, Verwaltungszusammenarbeit

92 - 104

Die Rechtsprechung

104a - 115

Das Finanzwesen

115a - l

Verteidigungsfall

116 - 146

Übergangs- und Schlussbestimmungen

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